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11.10.2018

Schriesheimer Wiesenweg: Stadt nutzt Obdachlosenunterkunft schon jetzt auch für Flüchtlinge

Schriesheimer Wiesenweg: Stadt nutzt Obdachlosenunterkunft schon jetzt auch für Flüchtlinge

Gemeinderat stimmt in zwei Wochen wieder über Erweiterung ab - Stadt muss 94 Flüchtlinge im laufenden Kalenderjahr unterbringen

Seit Monaten streitet der Gemeinderat über eine Erweiterung der Container-Anlage im Wiesenweg. Zweimal fand sich dafür bisher keine Mehrheit, doch die Stadt setzt wegen einem steigenden Bedarf weiterhin auf den Standort. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Eine Flüchtlingsunterkunft im Wiesenweg hatte der Gemeinderat 2015 eigentlich noch mehrheitlich abgelehnt. Nun leben in den dortigen Container-Einheiten aber doch Geflüchtete, zwei bereits seit einigen Jahren. Das gab das Ordnungsamt auf Nachfrage der RNZ bekannt. "Auch im Jahr 2018 mussten aus organisatorischen Gründen zwei Einzelpersonen im Wiesenweg eingewiesen werden", sagt der inzwischen ehemalige Amtsleiter Dominik Morast.

Bisher war die Container-Anlage vor allem als Unterkunft für Obdachlose im Gespräch gewesen, doch die Stadt ist laut eigenen Angaben auf eine gemischte Belegung angewiesen: Schriesheim hat in Sachen Wohnraum schlicht keine Kapazitäten mehr, weder für Geflüchtete noch für Obdachlose. "Wenn die Unterkunft in der Carl-Benz-Straße dieses Jahr noch fertig wird, kommen wir genau hin", sagt Morast. 94 Flüchtlinge muss die Stadt im laufenden Kalenderjahr unterbringen.

Doch der Umbau der ehemaligen Flüchtlingsunterkunft des Rhein-Neckar-Kreises, die 2017 durch einen Brand unbewohnbar geworden war, dauert länger als geplant. Selbst wenn die Arbeiten rechtzeitig fertig sind: Für das Jahr 2019 erwartet die Stadt wieder zwischen 30 und 50 Geflüchtete, die ihr vom Kreis zugewiesen werden. Unterkünfte gibt es für sie bisher nicht. Durch Familiennachzug könnte der Bedarf noch einmal steigen.

"Wären genug Flüchtlingsunterkünfte vorhanden, würden wir im Wiesenweg nur Obdachlose unterbringen", sagt Morast. Aktuell ist die Container-Anlage für die Stadt aber eine willkommene Ausweichgelegenheit: Einzelpersonen, die in anderen Unterkünften Probleme haben oder verursachen, können dorthin verlegt werden. Rein rechtlich ist das laut dem Polizeigesetz, das die Grundlage für kommunale Regeln zur Unterbringung bei Obdachlosigkeit bildet, kein Problem. "Bei Einzelnen hat sich dieses Modell auch bewährt", sagt Morast.

Fadime Tuncer, Leiterin der Flüchtlingshilfe und Grünen-Stadträtin, ist von dem Vorgehen alles andere als begeistert. "Man muss die Zustände dort nicht schönreden", sagt sie. "Das ist ein unguter Zusammenschluss von Personen." Ursprünglich sei die Unterkunft nur der Unterbringung von Obdachlosen gewidmet worden. "Jetzt frage ich mich, warum wir so etwas machen sollen, wenn die Verwaltung am Ende macht, was sie will."

Nicht nur ihre Fraktion steht dem Standort generell kritisch gegenüber, auch die Freien Wähler haben sich im Mai und im Juli gegen eine Erweiterung der Container-Anlage ausgesprochen, auch um dem benachbarten Tennisclub die Möglichkeit zu geben, seine Anlage zu erweitern. Zuletzt scheiterte der Verwaltungsvorschlag bei Stimmgleichheit, ein von den Freien Wählern ins Spiel gebrachter Alternativ-Standort am Ladenburger Fußweg wurde ebenfalls abgelehnt.

Bürgermeister Hansjörg Höfer will die Erweiterung trotz offenbar unveränderter Argumente auf beiden Seiten bei der Sitzung am Mittwoch, 24. Oktober, wieder zur Abstimmung stellen. Bedarf für weitere Container gebe es auch ohne die dort untergebrachten Flüchtlinge, sagt Dominik Morast: "Man braucht immer einen Puffer, um reagieren zu können." Kann die Stadt Obdachlosen keinen Wohnraum bieten, muss sie diese anders unterbringen - zum Beispiel in Pensionen oder durch Anmietung der vorher zwangsgeräumten Wohnung. Das ist für die Stadt in der Summe teurer als die geschätzten 217.000 Euro für weitere vier Container-Module.

Fadime Tuncer befürchtet dagegen, dass durch die gemischte Belegung im Wiesenweg eine Unterkunft entstehen könnte, die der Gemeinderat eigentlich abgelehnt hatte. "Ich sehe auch nicht, dass die Verwaltung hier nach anderen Lösungsansätzen sucht." Dominik Morast betont dagegen, dass in den Containern auch weiterhin hauptsächlich Obdachlose untergebracht werden sollen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung