Schriesheim im Bild 2023

14.04.2004

Eltern nehmen der Stadt Kosten und Arbeit ab

Beispielhafte Aktion im Gymnasium: Eltern ziehen mit eigener Kraft und eigenem Geld eine Schallschutzdecke in ein Klassenzimmer.

Schriesheim. (lue) Ungewöhnlichtes tut sich zur Zeit im zweiten Stock des Kurpfalz-Gymnasiums. Seit vergangenen Mittwoch wird der Klassenraum 228 renoviert. Das wäre nicht weiter berichtenswert, wenn Handerker mit der Renovierung beschäftigt wären. Das Besondere ist vielmehr: Die Eltern der Klasse 8b ziehen eine neue Akustikdecke ein. Und das auf eigene Kosten.

Rechtzeitig zum Schulbeginn nach den Osterferien sollen die Arbeiten beendet sein."Die Zustände in dem Klassenzimmer waren untragbar", begründeten die Elternsprecher Michael Gagelmann und Isabel Hauser die Initiative der Eltern. Untragbar deshalb, weil im Klassenzimmer schalltechnisch schlimme Zustände herrschen.

"Vor allem die tiefen Stimmen der männlichen Lehrkräfte hallen kräftig nach", erklärten die beiden Elternbeiräte im RNZ-Gespräch die Probleme in dem Klassenraum. Sogar ein Gutachten haben sie in Auftrag gegeben. Mit dem Ergebnis: die vorgegebene VDI-Norm wurde deutlich übertroffen. Erlaubt ist eine Nachhallzeit von 0,5 Sekunden. Gemessen haben die Fachleute aber über zwei Sekunden. "Das wussten wir aber schon vor der Messung", zeigte sich Gagelmann von den Resultaten des Gutachten nicht sonderlich überrascht. Aber jetzt hatten es die Eltern schwarz auf weiß: eine neue Decke muss her!

Grund genug also, zum Wohle ihrer Kinder endlich zu handeln. Bei vielen Gesprächen mit Stadt und Schulleitung wurde schnell klar: das Geld fehlt. "Dennoch sind wir mit unseren Vorstellungen überall auf offene Ohren gestoßen", wie Gagelmann bemerkt, "auch wenn die Diskussionen durchaus kontrovers waren". In Zeiten leerer Stadtkassen war also guter Rat teuer. Und das nicht nur im sprichwörtlichen Sinne. Schnell kamen Hauser und Gagelmann auf die Idee, die Kosten für eine neue Decke selbst zu übernehmen. Immerhin 2000 Euro. Auf einer Elternkonferenz zu Jahresbeginn informierten sie dann die übrigen Eltern. Von den 26 anwesenden Eltern - die Klasse hat 28 Schüler - stimmten 25 dafür, das Projekt selbst zu finanzieren. Voraussetzung nur: die Klasse bleibt in den nächsten Jahren im Raum 228. Und das sicherte Schulleiter Werner Rendel auch zu.

Die Rückbauarbeiten sind bis Mitte der Woche abgeschlossen. Kein Problem: Am vergangenen Mittwoch packten zahlreiche Eltern mit an. Das Zimmer war in Windeseile ausgeräumt, das Gerüst aufgestellt. Auch dank der tatkräftigen Hilfe durch die Schüler. Die neue Decke - übrigens aus Mineralfaser - wird jetzt gerade eingezogen. Kräftige Unterstützung erhalten die Eltern auch von der Schriesheimer Schreinerei Dremel. Der Betrieb liefert nicht nur die neue Decke, sondern steht den Hobbyhandwerkern auch mit Rat und Tat zur Seite.

Ganz tatenlos will dann auch die Stadt nicht bleiben. Bei so viel Engagement der Eltern finanziert der Schulträger die neue Elektrik in dem Klassenzimmer. Unter anderem werden die Kosten für die neuen Deckenlampen von der Stadt übernommen. Erfreulich zudem: die PCB-haltigen Kondensatoren werden endlich ausgetauscht.

Die Renovierung ist also eine Gemeinschaftsaktion von Eltern, Schülern, Stadt und Schule. Schon deshalb hat das Projekt Vorbildcharakter für weitere Maßnahmen. Motto: gemeinsam lässt sich auch das schwierigste (Schall-)Problem lösen.

Mit vereinten Kräften arbeiten einige Eltern von Gymnasiasten in den Osterferien, um das Klassenzimmer ihrer Kinder zu verbessern. Foto: Dorn

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung