Schriesheim im Bild 2023

15.04.2004

Die meisten wollen den Tunnel schnell

Schriesheimer Gemeinderat befand die neue Planung gestern Abend für gut - Vorwurf an die Grünen: "Doppelzüngigkeit"

Schriesheim. (ron) Der Branichtunnel findet in Schriesheim nach wie vor eine breite Mehrheit. Nur die Grünen hatten gestern Abend im Gemeinderat Einwände vorzubringen. Weitere 33 Einwendungen aus der Bevölkerung dürften nach Einschätzung von Bürgermeister Peter Riehl im weiteren Verfahren keine Rolle spielen. Es gibt aktuelle Untersuchungen, die noch mal auf eine dramatische Zunahme des Straßenverkehrs hinweisen.

Bevor die Grünen ihre Anträge zum laufenden und überarbeiteten Planverfahren stellen konnten, appellierte Riehl vor einer großen Anzahl von Talstraßen-Anwohnern eindringlich an seinen Gemeinderat: "Wenn wir jetzt wieder etwas Neues bringen, dann kostet das wieder eine Menge Zeit", warnte er, "dann kann das alles gelaufen sein". Schließlich sei die Konkurrenz der Straßenbaumaßnahmen in der Region groß. "Wenn die Ladenburger Neckarbrücke vor uns kommt, haben wir keine Chance", orakelte der Rathauschef und mahnte zum raschen Vorgehen. Riehl: "Ich habe nie aufgehört für diesen Tunnel zu kämpfen, und wenn wir es jetzt packen, dann kann das Verfahren noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, dann können wir um das Geld kämpfen".

Nach der Abstimmung von gestern Abend gehen die Pläne jetzt zurück ans Karlsruher Regierungspräsidium. Dort kann nach einem Erörterungstermin im Sommer die Planfeststellung beschlossen werden - das ist der entscheidende planerische Schritt vor einer Bewilligung der Landesmittel für den Tunnelbau. Alle Fraktionen außer den Grünen reichten die Planung mit Nachdruck an Karlsruhe weiter. Die Mehrheit ist über die Planung glücklich, die Stadt fordert lediglich einen Fußgängersteg über den Tunnel auf den Feldern zwischen Schriesheim und Leutershausen.

Nach Angaben von Riehl gibt es bis zum Ende der Frist gestern Abend 33 Einwendungen vor, die nach der Einschätzung des Bürgermeisters aber keine verhindernde Wirkung auf den Tunnel haben können. Unter anderem gibt es einen Einwand der Hotelier-Familie Scheid, bei deren Hotel im Tal der Tunnel wieder aus dem Branichberg herauskommen soll. "Da geht es nur um Feinplanung", beruhigte Riehl. Einige betroffene Grundstückseigentümer wollen ihr Eigentum nicht zur Verfügung stellen - wozu sie aber gezwungen werden können. Rund ein Dutzend Unterzeichner lehnen den Tunnel grundsätzlich ab. Zu den erbittertsten Widersachern gehört übrigens der Hirschberger Grünen-Gemeinderat Jürgen Glökler.

Riehl kam das neuerliche Verkehrsgutachten des Karlsruher Büros Leutwein&Köhler gerade zupass. Es ist Grundlage für eine eventuell neue Straßenführung in der Stadt und wird in der nächsten Woche im Gemeinderat beraten. Nach der neuesten Zählung durchfahren täglich 14 000 Fahrzeuge die Talstraße: das sind fast doppelt so viele wie vor zehn Jahren.

Die Grünen Gisela Reinhard und Hansjörg Höfer bekräftigten ihre Forderungen im Falle eines Tunnelbaus: mehr Lärmschutz, eine Überdeckelung der Straße schon einige Hundert Meter vor dem Tunnelmund und mehr ökologische Ausgleichsflächen.

Mit diesen Anträgen (die ominöserweise im Rathaus verschollen waren, von Riehl aber dennoch unbürokratisch auf die Tagesordnung genommen wurden) erregten die Grünen bei der Mehrheit im Gremium nicht nur Unverständnis sondern großen Unmut: "Wenn wir jetzt wieder etwas ändern, geht alles von vorne los", schimpfte FWV-Stadtrat Heinz Kimmel, "dann haben wir 2050 noch keine Umgehungsstraße". CDU-Sprecher Siegfried Schlüter warf den Grünen sogar "Doppelzüngigkeit" vor. Stattdessen "müssen wir am Ball bleiben, denn so nah dran waren wir noch nie", argumentierte er. "Mit Bitterkeit und Traurigkeit", betrachte er die Anträge der Grünen. "Wo doch die großen Fraktionen seit 25 Jahre der Sache willen an einem Strang ziehen."

Hansjörg Höfer beeilte sich zwar zu betonen: "Die einzig wirkliche Entlastung für die Anwohner der Talstraße ist eine Umgehung." Dennoch konnten die Grünen den öffentlichen Eindruck nicht verhindern, dass sie den Tunnel nicht so wirklich wollen. "Die Grünen sollen doch wenigstens so ehrlich sein und sagen, dass sie gegen den Tunnel sind", reizte CDU-Stadtrat Paul Stang. "Fadenscheinige Forderungen", unterstellte SPD-Stadtrat und Talstraßen-Anwohner Karl-Heinz Schulz und rief Höfer zu: "Der Versuch wird nicht gelingen, den Tunnel auf diese Weise zu verhindern."

Ähnlich auch sein Fraktionskollege Hans-Jürgen Krieger: Die Anträge der Grünen, schimpfte er, seien ein "Salto rückwärts". Der Fraktionschef: "Alles was für die Tunnelplanung hinderlich ist, kann von uns nicht unterstützt werden." FDP-Stadträtin Dr. Birgit Arnold wählte trotz offensichtlicher Skepsis eine salomonische Lösung: "Der politischen Gemeinsamkeit will ich mich nicht verschließen." Bei den Grünen-Anträgen enthielt sie sich teilweise der Stimme. Nach der Debatte forderte Wilhelm Weidner, der Sprecher der Bürgerinitiative auch schnelle Maßnahmen zur sofortigen Verbesserung. "Die Straße ist viel zu laut und viel zu schnell."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung