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15.11.2018

Wilhelmsfeld: Für den Hirschkäfer sollen die Stämme morschen und modern

Wilhelmsfeld: Für den Hirschkäfer sollen die Stämme morschen und modern

Am Ortseingang von Wilhelmsfeld wurde ein "Kinderzimmer" für die bedrohte Tierart gebaut

Bis zu acht Zentimeter groß kann ein männlicher Hirschkäfer (oben) werden. Und davon sollen ganz viele an den eingegrabenen Eichenstämmen heranwachsen, hoffen Jochen Schwarz (unten, v.l.), Cordula Samuleit, Edit Spielmann, Hansjörg Hofer, Christoph Oeldorf, Michael Jakob und Maria Landenberger. Fotos: Patrick Pleul/A. Dorn

Von Agnieszka Dorn

Wilhelmsfeld/Schriesheim. In etwa fünf oder sechs Jahren soll es so weit sein: Dann sollen am Ortseingang von Wilhelmsfeld imposante Hirschkäfer einen neuen Lebensraum gefunden haben. Das ist zumindest die Hoffnung, die hinter dem neu angelegten "Hirschkäfermeiler" steckt. Mit diesem wurde dort, wo noch vor etwa einem Jahr 100 Jahre alte Buchen standen, eine Art Kinderzimmer für die bedrohte Tierart geschaffen. Der Rückzugsort für den Lucanus cervus, so der lateinische Name für den Hirschkäfer, wurde nun eingeweiht von Wilhelmsfelds Bürgermeister Christoph Oeldorf, seinem Schriesheimer Kollegen Hansjörg Höfer und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Ortsverband Steinachtal.

"Hirschkäfer gehören zu den sogenannten Totholzkäfern", sagte Biologin Edit Spielmann. Das bedeutet, sie brauchen das Holz abgestorbener Bäume. Daher wurden nun mehrere Eichenstämme 60 Zentimeter tief in den Waldboden eingegraben und die Zwischenräume mit Eichenhäcksel befüllt. Bis zu einen Meter ragen die kreisrund angeordneten Stämme noch aus dem Boden - und erinnern in der Form an einen Meiler. Wenn das Holz modrig ist - das dauert allerdings eine Weile - sollen die Weibchen ihre Eier an morschen Eichenholzstämmen ablegen, erklärte Biologe Jochen Schwarz vom BUND Steinachtal. Die Larven ernähren sich von feuchtem und verpilztem Holz. Erst nach sage und schreibe drei bis sieben Jahren verpuppen sie sich und werden letztendlich zum Hirschkäfer.

Vom Streit um die gefällten Buchen, die aus Sicherheitsgründen weichen mussten, war bei der Einweihung nichts mehr zu spüren. Bürgermeister Oeldorf freute sich, dass die Wogen wieder geglättet sind. Vielmehr waren alle froh, dass der in Baden-Württemberg vom Aussterben bedrohte Hirschkäfer nun neuen Lebensraum hat. Darunter auch Maria Landenberger, Vorsitzende des BUND Regionalverbands.

Er freue sich, dass der Meiler gefährdeten Arten neuen Lebensraum biete, sagte Bürgermeister Hansjörg Höfer. Das Gelände gehört zur Schriesheimer Gemarkung. Der Platz ist allerdings ein Stückchen von der Stadt Schriesheim entfernt, sodass überwiegend Wilhelmsfelder und Naturbegeisterte wohl davon etwas haben werden. Und natürlich der Hirschkäfer sowie andere Insekten.

Eigentlich wollte Schriesheim anstelle der Buchen Sitzmöglichkeiten für Spaziergänger und Wanderer aufstellen, so Hansjörg Höfer. Von dem Platz hat man nämlich einen schönen Blick auf Wilhelmsfeld. Aber dann sei Christoph Oeldorf auf ihn zugekommen mit der Idee des BUND Steinachtal, dort einen Hirschkäfermeiler zu errichten, so Höfer.

Bekannt ist der Hirschkäfer - übrigens ein ungefährliches Insekt - für seine geweihartigen Kieferorgane. Allerdings sind nur die bis zu acht Zentimeter großen Männchen damit ausgestattet. Damit wehren sie auch schon mal Vögel ab und liefern sich zur Paarungszeit Gefechte mit männlichen Kollegen. Nur der Gewinner darf sich mit dem Weibchen paaren.

Neben dem Meiler wurden Infotafeln über den Hirschkäfer und zum Totholzkonzept errichtet. Rund 7500 Euro hat laut Edit Spielmann alles gekostet. Die Kosten wurden zum Teil von Schriesheim und vom Naturpark Neckartal-Odenwald getragen. Das Forstunternehmen Werner Bitsch hat den Meiler erreichtet.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung