Schriesheim im Bild 2023

07.12.2018

Weinstube Frank: So kommentiert die Jagdhornbläsergruppe Schriesheim die Schließung

Mit der Weinstube Frank schließt ein beliebter Treffpunkt für Stammtische

Ein Gastbeitrag von der Jagdhornbläsergruppe Schriesheim

Ach, was waren das noch schöne Zeiten, zu denen wir Jagdhornbläser noch die Standardfrage gestellt bekamen: "Kennt er emol e Sau totblose?" In den vergangenen Wochen und Monaten kam eine ganz andere Frage auf: "Was macht er dånn, wenn de Doktor zu meschdt, wo geht ern dånn hi?" Ja, so ist es, die Gaststätte Frank schließt: "Unsern Franke Doktor meschd zu!" Wenn man dies Schwarz auf Weiß vor sich hat und liest, muss man erst einmal innehalten, durchatmen, das Taschentuch herausholen und die Tränen abwischen.

Ja, der "Franke Doktor" oder, ganz förmlich, die Weinstube Frank schließt ihre Pforten - für immer. "Ist das so dramatisch? Geht deshalb die Welt unter?", wird sich mancher fragen, der die Gaststätte nicht kennt. Die Frage nach dem Weltuntergang ist gar nicht so abwegig, denn dort befindet sich tatsächlich zufälligerweise der Mittelpunkt der Welt.

Und nicht nur das, die Familie Frank ist eine der ältesten in Schriesheim und seit 1484 im Ort nachweisbar. Die Franks haben den Dreißigjährigen Krieg als eine der wenigen Familien überlebt und jetzt das: "Die Franks mache die Wärdschaft zu!" Da redet der Gesundheitsminister von der Förderung der Pflege, den "Franke Doktor" erwähnt er aber mit keinem Wort. Da verstehe einer die Politik!

Dabei ist Schriesheim erst vor Kurzem als Notarztstandort auserkoren worden, um die ortsnahe Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dabei funktioniert die Rettungskette gerade beim Franke Doktor mit den vorgesehenen Hilfsfristen schon lange perfekt. Wir, die Jagdhornbläser, können dies aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Wenn sich einer der Bläserkameraden mal zu einer nicht regulären Zeit an den Stammtisch, sprich ins "Wartezimmer", verirrt, einfach schnell ein Bild per Whatsapp verschickt, und innerhalb von zehn bis 15 Minuten sitzt ein Kamerad daneben und trinkt mal kurz eine Schorle mit. Doch wie wird die Grundversorgung gewährleistet, wenn dieses Wartezimmer beim Franke Doktor nicht mehr existiert? Kaum zu glauben, dass andere Hausärzte die entstehende Versorgungslücke adäquat schließen können.

Dass die Jagdhornbläser mit der Gaststätte eine gewisse Symbiose bilden, wurde mehrfach sichtbar. Zum Mathaisemarkt-Festzug 2017 zögerten wir nicht lange: Unser "Schriesemer Original" war der Franke Doktor, Willi Frank (1919-2002). Vom Festwagen haben wir "Überweisungsscheine" verteilt. Es nützte aber wohl nichts, die Krankenkassen haben die Dokumente unerklärlicherweise nicht akzeptiert. Dabei war und ist ärztliche Hilfe bei stark ausgeprägter Silvaner-Krankheit unerlässlich.

Jetzt, im Jahre 2018, als es so langsam publik wurde, dass es mit der Gaststätte zu Ende geht, hieß es bei den Jagdhornbläsern: Jetzt erst recht. Sie sind seit 50 Jahren zu Gast im Lokal, daher wurde jeder Freitagabend mit einem "Jubiläumsstammtisch" gekrönt. Trotz des nahenden Endes haben wir dank der Wirtsfamilie noch viele schöne Stunden am Stammtisch verbracht. Oft war man an den Freitagen gespannt, was wir, das Aktionskomitee "Rettet den Stammtisch beim Franke Doktor", wieder als Programmpunkt ausbaldowert hatten.

Da wurde zu Beginn des Jahres ein Stammtischschild mit Jagdhorn kreiert, es wurden Jubiläumsfähnchen gebastelt und der Lampenschirm dekoriert, auch Stammtischausweise wurden ausgegeben und ein siebenstrophiges Jubiläumslied gedichtet. Sogar eine Aktiengesellschaft "Franke Doktor" war in der Planung und die Aktien bereits entworfen. Schöne Momente waren dies; aber wer will schon aufhören, wenn es am schönsten ist? Es ist vielleicht nicht nur ein Gerücht, dass sich die Bläser am letzten Öffnungstag am Stammtisch anketten wollen.

Trotz aller Wehmut wird es auch 2019 irgendwie weitergehen. Gleich zu Beginn steht die Hauptversammlung der Jagdhornbläser an. Vielleicht wird ja ein neues Amt eingeführt, das des "Vereinskochs". Und wenn der vorgesehene Kandidat sich hierzu nicht wählen lassen will, dann wird er vielleicht ehrenhalber dazu ernannt - das gilt dann sogar auf Lebenszeit.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung