Schriesheim im Bild 2023

24.04.2004

"Wüsste nicht, was man verbessern könnte"

Schriesheims Ruf als Schulstadt ist hervorragend - "Talk im Juts" deckte nur wenig Lücken der Betreuung auf - Raum für "Vorpubertierende"?

Experten und Betroffene der Schriesheimer Jugend- und Schulpolitik: (v.l.) Carlo Bonifer vom Schülerhort Pfiffikus, Uschi Schling-Broder, eine berufstätige Mutter, Juso Moderator Jens Ginal, Stadtrat und Realschulrektor Hans-Jürgen Krieger und Schülersprecher Kai Grunwald beim "Talk im Juts". Foto: Kreutzer

Schriesheim. (ron) Schriesheim als Schulstadt bietet erstklassige Bedingungen für Eltern und Kinder. "Als Schulstandort sind wir hervorragend positioniert, ich wüsste nicht, was man da verbessern könnte", so beschrieb es SPD-Fraktionschef und Realschulrektor Hans-Jürgen Krieger am Donnerstagabend beim "Talk im Juts". Und seine Nachbarn auf dem Podium gaben ihm Recht.

Nach knapp anderthalb Stunden Diskusson auf Einladung der Schriesheimer Jusos blieb dieser Eindruck bei den rund 20 Zuhörern hängen: Die Kinder- und Jugendbetreuung in Schriesheim ist nach einem deutlichen Aufschwung in den letzten fünf Jahren besser als manchmal ihr Ruf. Die Schulen sind sogar hervorragend ausgestattet - so dass auch ein Jahr Sparkurs mitgetragen werden kann, wie Krieger erläuterte. Eine Lücke beklagte Uschi Schling-Brodersen als berufstätige Mutter im Altersbereich der elf- bis 15-jährigen Kinder. Für diese wünschte sich die Wahl-Schriesheimerin einen Raum in der Stadt und - "ich traue mich fast gar nicht, das Wort in den Mund zu nehmen" - eine professionelle Betreuung, auch und gerade in den Ferien. "Denn in diesem Alter beginnt die Loslösung vom Elternhaus." Die Stadt können sich ihrer Meinung nach nicht aus der Verantwortung stehlen.

Aber auch Schling-Brodersen lobte, "dass es die gesamte Auswahl an Schulen in der Stadt gibt". Und Kai Grunwald, der Schülersprecher des Kurpfalz-Gymnasiums, drückte es so aus: "Wir leben hier in Schriesheims ehr gut." Carlo Bonifer, der Chef des Horts "Pfiffikus" , berichtete auch erfreut darüber, dass "wir in Schriesheim alle Türen geöffnet bekommen haben und gute Bedingungen vorfinden". Bonifer berichtete von einer "radikalen gesellschaftlichen Wandlung", die eine Hortbetreuung, wie jene des Pfiffikus, unabdingbar gemacht hat: "Gerade im Speckgürtel von Heidelberg, wo das Wohnen so teuer ist und in den meisten Familien beide Partner arbeiten müssen."

Vor allem Krieger brach immer wieder Lanzen für den Schulstandort. Dabei verwies er auch auf die "riesengroße Musikschule, die tüchtige VHS und die ganz ausgezeichnete Stadtbibliothek". Der Rektor gab einen Einblick in die finanzielle Ausstattung einer Schulstadt, die vom Land Baden-Württemberg im Jahr rund 900 000 Euro als Zuschuss bekomme (793 Euro pro Hauptschüler, 600 Euro pro Gymnasiast und 543 Euro pro Realschüler). Allerdings gebe die Stadt pro Jahr ganze 2,9 Millionen für die Ausstattung und Unterhaltung der Schulen aus. Die Sparmaßnahmen am Schulzentrum bleiben den Schülern in diesem Jahr natürlich nicht verborgen. "Es gibt keine Folien mehr für die Projektoren", berichtete Grunwald, außerdem "kommt alles ein bisschen versifft rüber."

Krieger erteilte übrigens den ehrenamtlichen Arbeiten von Eltern für den Schulhausbau als "Modell der Zukunft" eine Absage. Das würde eine "zu große Unterschiedlichkeit von Schulen und Regionen" mit sich bringen. Krieger: "Die Gleichbehandlung ist gerade eine große Errungenschaft unseres demokratischen Schulsystems."

Übrigens setzen die kommunalen Schulpolitiker durchaus aufs Neubaugebiet "Nord". "Dadurch werden die Schülerzahlen gehalten werden können", schätzte Bonifer, "denn langfristig wird die Zahl der Schüler sinken". Auch Krieger forderte, "dass aus Nord etwas Sichtbares bleibt". Die Größe der Schülerzahl sei auf Dauer nicht aus den Augen zu lassen. Der Realschulchef geht davon aus, dass die Stadt mit den Erlösen aus dem Neubaugebiet die neuen Fachräume am Schulzentrum bauen kann.

Auch die offene Jugendarbeit wurde immer wieder angeschnitten, Uschi Schling-Brodersen wünschte sich mehr davon. Und Krieger prognostizierte: "Die Stadt wird irgendwann an einem Jugendhaus gar nicht mehr herumkommen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung