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09.01.2019

"Die Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums hat einfach ihren Preis"

"Die Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums hat einfach ihren Preis"

FDP-Einzelstadtrat Wolfgang Renkenberger sieht die Stadt im RNZ-Jahresgespräch trotz drohender Neuschulden auf einem guten Weg

"Mir fällt spontan nichts ein, was man streichen könnte", sagt Wolfgang Renkenberger über mögliche Sparmaßnahmen zum Schuldenabbau. "Wir haben keine unnötigen Luxusausgaben." Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Vor einem Jahr hatte sich Wolfgang Renkenberger, einziger FDP-Vertreter im Gemeinderat, noch darüber gefreut, dass es keine Grabenkämpfe mehr im Gremium gebe. 2018 sah das anders aus. Warum er dennoch lobende Worte für die Zusammenarbeit, auch mit der Verwaltung, findet, erklärt er im Interview.

Herr Renkenberger, Sie rechnen jedes Jahr die Pro-Kopf-Verschuldung vor. Graut es Ihnen schon vor der Zukunft?
Nein. Natürlich wird die Pro-Kopf-Verschuldung durch die Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums enorm steigen, das habe ich auch selbst in den Ratssitzungen im März und im Juli gesagt. In meiner Abwägung ist das aber mit einbezogen: Die Sanierung hat einfach ihren Preis.

Sie haben zuletzt gegen einen höheren Hebesatz für die Gewerbesteuer gestimmt. Wie soll sich die Stadt langfristig von der Verschuldung erholen?
Eine gute Frage. Das geht eigentlich nur mit Einsparungen, die ich aber auch nicht genau benennen kann. Die meisten Ausgaben der Stadt sind unvermeidbar, gerade auch wegen der Personalkosten, die zuletzt explodiert sind. Bei der Erhöhung der Gewerbesteuer ging es mir aber darum, die ansässigen Kleinunternehmer nicht noch weiter zu belasten. Ich kann deren Situation als Selbstständiger gut verstehen.

Die Stadt plant mit sechs Millionen Euro an Einnahmen aus einem Neubaugebiet Süd. Ist das eine realistische Zahl?
Ich kenne diese Zahl, weiß aber nicht, wie sie kalkuliert worden ist. Wir haben auch noch nicht öffentlich über ein Neubaugebiet diskutiert. Im Moment sehen wir als FDP keine Notwendigkeit für ein Neubaugebiet, alle anderen haben sich grundsätzlich dafür ausgesprochen. Wenn die Stadt das Geld wirklich dringend für die Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums benötigt, kann man da aus meiner Sicht auch noch einmal drüber reden.

Bürgermeister Höfer hat im Jahresgespräch gesagt, es gebe bei der Verwaltung keine Streichliste für Einsparungen. Sollte es die aus Ihrer Sicht geben?
Mir fällt spontan nichts ein, was man streichen könnte. Wir haben keine unnötigen Luxusausgaben.

Vor einem Jahr haben Sie sich gefreut, dass es im Rat keine Grabenkämpfe mehr gebe. Hat sich das geändert?
(lacht) Daran erinnere ich mich gar nicht mehr. Dieses Jahr war viel los, es gab einige Konfrontationen. Aber das sollte ja eigentlich Normalität sein in einer Demokratie. Die Menschen hatten bei einigen Themen eben sehr feste Meinungen. Wobei wir bei der Sanierung des KGS im März noch eine knappe Mehrheit hatten, im Juli dann schon zwei Drittel und im Dezember einstimmig die Vergabe der Planung beschlossen haben. Im Nachhinein würde ich sagen: Es war zwar anstrengend, aber es hat sich gelohnt.

Im März stand noch eine Generalsanierung zur Debatte, die Verwaltung nannte Kosten von rund 30 Millionen Euro. Jetzt geht es offenbar um eine Teilsanierung für etwa 20 Millionen Euro. Waren Sie immer ausreichend informiert?
Die Verwaltung hat uns immer gut informiert und immer sehr schnell. Natürlich hatten wir als Befürworter der Sanierung im März bei der Abstimmung noch große Bauchschmerzen. Ich kann auch alle gut verstehen, die damals dieses Risiko nicht eingehen wollten. Aber die Entwicklung hat uns recht gegeben. An eine Generalsanierung für 30 Millionen Euro habe ich nie wirklich geglaubt, wollte aber das Beste herausholen. Jetzt plant die Stadt mit einer Investitionssumme von knapp zwölf Millionen Euro und einem Zuschuss von 6,7 Millionen Euro. Dazu kommen zwar noch Planungskosten und die Ausgaben für ein Übergangsquartier, insgesamt bin ich aber zufrieden mit der Entwicklung. Die Verwaltung hat da gut gearbeitet.

Wie zufrieden sind Sie mit der Kommunikation der Verwaltung nach außen?
Es ist nicht optimal kommuniziert worden. Die Einwohnerfragestunde in der Dezember-Sitzung war dafür das beste Beispiel. Aber das fing schon viel früher an. Bis Februar galt noch der Plan von unserer Klausurtagung in Bad Wimpfen, zwölf Millionen Euro auf alle drei Schulen zu verteilen. Als es dann die Möglichkeit für Zuschüsse gab und sich die Planung der Stadt geändert hat, hätten sich viele gewünscht, dass es eine offizielle Veranstaltung der Stadt gibt, bei der die Bürger informiert werden. Alt-Bürgermeister Peter Riehl hat sich bei solchen Anlässen oft mit seinen Amtsleitern in die Turnhalle der Strahlenberger Grundschule gestellt, Fragen beantwortet und um Mehrheiten geworben. So etwas gab es dieses Mal gar nicht, obwohl die Stadt daran eigentlich ein Interesse gehabt haben müsste. Die Grüne Liste hat im Sommer eine eigene Info-Veranstaltung abgehalten, bei der sie ihre Sicht der Dinge dargelegt hat.

Bei welchen Themen hat die Zusammenarbeit im Rat gut funktioniert?
In der ersten Jahreshälfte hat die KGS-Sanierung alles dominiert. In der zweiten gab es mehrere fraktionsübergreifende Initiativen, zum Beispiel für einen Bestattungswald. Beim Wiesenweg gab es nach der gefühlt 150. Diskussion auch eine gemeinsame Initiative. Über die vergangenen Jahre hinweg haben wir insgesamt sehr gut zusammengearbeitet - zum Beispiel bei der Unterbringung von Geflüchteten.

Die bisher zugewiesenen Geflüchteten kann die Stadt dank der Renovierung der Unterkunft in der Carl-Benz-Straße unterbringen. Wie sieht das 2019 aus?
Wir müssen bisher niemanden in Hotels oder Pensionen einquartieren. Die Verwaltung hat das Ganze also realistisch geplant. Daher bin ich optimistisch, dass das dieses Jahr auch klappt.

Bezahlbarer Wohnraum ist ein knappes Gut. Die SPD will bei Vorhaben mit mehr als fünf Wohnungen vorschreiben, dass 20 Prozent mietreduziert angeboten werden. Warum sind Sie dagegen?
Diese Verpflichtung klingt so einfach, aber Investoren können auch rechnen. Ich halte diese Regelung für einen gefährlichen Eingriff, der Investoren abschrecken könnte. Um preiswerten Wohnraum bieten zu können, müsste die Kommune entweder selbst welchen schaffen, wie das in der Talstraße im Gespräch ist. Oder das Wohngeld müsste erhöht werden, wofür aber nicht die Stadt zuständig ist.

Trotz hoher Immobilienpreise in der Kernstadt müssen die Ortsteile um Neubürger kämpfen. Wie kann das gelingen?
Um Altenbach und Ursenbach attraktiver zu machen, muss die Infrastruktur verbessert werden. Zum einen beim ÖPNV, was wiederum viel Geld kostet. Zum anderen aber auch beim schnellen Internet, was inzwischen vielleicht sogar wichtiger ist, damit die Menschen von zuhause aus arbeiten können.

Sie waren gegen Fotovoltaik auf Altstadt-Dächern und gegen Windkraft an der Bergstraße. Sind Sie für den geplanten Solarpark an der A 5?
Gegen diesen Solarpark habe ich nichts. Was die Altstadt angeht, bin ich immer noch der Meinung, dass man erst mal auf den anderen Dächern mit Fotovoltaik-Anlagen beginnen sollte. Und Windkraft im Wald ist klimatechnisch kein Gewinn.

Welche drei Themen sind für die FDP im Kommunalwahlkampf am wichtigsten?
Am wichtigsten ist, dass es mit der KGS-Sanierung weitergeht. Auch die Wirtschaftsförderung wird eine Rolle spielen. Zudem wird uns die Frage der Unterbringung von Obdachlosen und Geflüchteten weiter beschäftigen. Was den Wiesenweg als Standort angeht, hoffe ich, dass wir die Debatte irgendwann hinter uns lassen können. Wenn wir keine Alternative finden, wird das der Standort bleiben.

Ist die Kandidatenliste schon gefüllt?
Ja, bis auf einen oder zwei Plätze. So weit waren wir zu solch einem frühen Zeitpunkt noch nie. Letztes Mal war die FDP bundesweit auch nicht so wohlgelitten, dieses Mal kamen die Zusagen viel schneller. Aber wir lassen uns Zeit. Ich verstehe nicht, weshalb da andere Parteien so vorpreschen. Je näher am Wahltermin die Liste vorgestellt wird, desto besser.

Was spricht dafür, dass es ab Mai 2019 zwei FDP-Stadträte in Schriesheim gibt?
Wir sind bis jetzt immer nur knapp daran vorbeigesegelt. Der wichtigste Faktor wird die Liste sein: Ziehen die Kandidaten? Als Stadtrat stehe ich hier auch in der Verantwortung und zur Abstimmung.

Sie haben 2019 einen Wunsch frei. Wie lautet der?
(lacht) Das ist eine fiese Frage, weil völlig unerwartet. Eine halbe Stelle mehr für unseren Stadtarchivar Dirk Hecht würde Schriesheim guttun. Er hat sehr gute Ideen für Zusammenarbeit mit unseren Schulen, die er nicht umsetzen kann, weil er nur eine halbe Stelle hat. Das Fach Geschichte scheint mir aber wichtiger denn je.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung