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29.03.2019

Container-Lösung für Obdachlose als Zwischenpuffer?

Flüchtlings- und Obdachlosenunterbringung im Wiesenweg: Der Gemeinderat entscheidet sich für die kostengünstigere Variante

Von Marco Partner

Schriesheim. Nach langen, kontroversen Diskussionen ist die Entscheidung getroffen: Container-Lösung heißt die Antwort auf die geplante Erweiterung der Flüchtlings- und Obdachlosenunterbringung im Wiesenweg. CDU, Freie Wähler, SPD und FDP votieren bei der Gemeinderatssitzung für die kostengünstigste Variante in Höhe von 190.000 Euro. Einzig die Grüne Liste stimmte dagegen. Die Umweltpartei hätte sich bei den vier neuen Notunterkünften ein etwas komfortableres und nachhaltiges Modell gewünscht.

Zumindest versucht hat es Barbara Schenk-Zitsch. Und wie. In ihrem Plädoyer setzte sich die Grünen-Stadträtin für die Belange der Hilfsbedürftigen ein und sprach sich für die Holzmodul-Lösung aus, auch wenn diese 271.000 Euro verschlingen würde. "Obdachlosigkeit, das ist eine Urangst. Vielleicht beschäftigen wir uns deshalb schon so lange damit. Diese Menschen haben keine Lobby, aber wir können ihnen unsere Stimme geben", betonte sie. Die bisherigen Bewohner der Notunterkünfte fühlten sich den Umständen entsprechend wohl. Aber die Schaffung von Wohnraum sei wichtig, denn das Leben auf engstem Raum - gemeinsam mit anderen Personen - werde zunehmend als belastend empfunden.

Deshalb tendiert Schenk-Zitsch für die Holzbauweise, die im Gegensatz zu den Containern pro Wohneinheit zehn statt nur 7,2 Quadratmeter Platz bietet: "Sie ist ökologischer und bietet mehr Aufenthaltsqualität, mit tapezierten Wänden und gefliesten Duschen." Gerade im Winter, wenn Erfrierungsgefahr besteht und Obdachlosenunterkünfte stärker aufgesucht werden, könnte die Extra-Fläche lebensrettend sein. Doch letztlich ist die größere Variante auch eine ganze Ecke teurer. Bereits im Ausschuss für Umwelt und Technik wurde die Schmerzgrenze für eventuelle Mehrkosten bei der Holzvariante auf 20 Prozent festgelegt. Nun liege die Abweichung aber bei 43 Prozent. Zu viel, nach Meinung der anderen Ausschussmitglieder.

"Wir hätten uns auch einen Holzbau gewünscht, aber die Kosten laufen uns sonst aus dem Ruder", erklärte Frank Spingel von der CDU-Fraktion. Auch Wolfgang Renkenberger (FDP) erinnerte daran, bei der Haushaltsdebatte sein Wort gegeben zu haben, auf jeden Cent zu achten. Nun müsse er sich auch daran halten. Dass nach der nun getroffenen Übergangslösung erneut eine Debatte über eine Standortsuche - die Ladenburger Straße wurde häufig als Alternative genannt - entflammt, glaubt er nicht. Sozialdemokratin Gabriele Mohr-Nassauer hingegen rechnet weiterhin mit einer neuen, dauerhaften Lösung. Die jetzigen Container sollen nur ein Zwischenpuffer sein. "Deshalb ist es wichtig, sich finanziellen Spielraum zu bewahren", begründet sie die sparsame Haltung.

Daran ändern auch weitere Rechenspielchen der Grünen-Stadträtin nichts. Die Holzbauweise biete 25 Prozent mehr Wohnfläche und sei 30 bis 50 Jahre bewohnbar - Container hingegen nur circa fünf Jahre. Langfristig könne dank einer besseren Dämmung Energie gespart werden. Welche Lösung am Ende des Tages also kostspieliger ist, sei eine Frage der Perspektive. "Wir wollen doch nachhaltig sein, dann sollten wir auch so handeln", betonte Schenk-Zitsch. Doch Christdemokrat Spingel legte nahe, dass 80.000 Euro mehr nicht leicht zu schultern sind. "Eine Familie kann sich ja auch kein teures Auto leisten, nur weil es langfristig sparsamer ist", verglich er.

Politik und Wirtschaft, das ist eben auch ein Tagesgeschäft. "Wir brauchen für Menschen, deren Wohnung gekündigt wurde und die nur schwer vermittelbar sind, Möglichkeiten der Unterbringung. Und zwar dingend", machte auch Bürgermeister Hansjörg Höfer deutlich, der sich durchaus schon mit der Holzvariante angefreundet hatte.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung