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07.05.2019

Kommunalwahl Schriesheim: Die jüngste trifft die älteste Kandidatin der SPD

Kommunalwahl Schriesheim: Die jüngste trifft die älteste Kandidatin der SPD

Irmgard Mohr (72) und Lisa Larisch (22) im RNZ-Interview - "Es gibt hier nicht viel zu motzen" - Ihre Wege dorthin könnten kaum verschiedener sein

"Es geht vor allem um die Frage des Preises", sagt Irmgard Mohr (r.) in Bezug auf ein mögliches Neubaugebiet. Lisa Larisch fordert dort Wohnraum für junge Familien. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Wie sie zur SPD gekommen sei? Lisa Larisch überlegt kurz. "Zufall", sagt sie. Neben ihr sitzt mit Irmgard Mohr ein Urgestein der Schriesheimer Genossen, geboren 1946. Doch bei einem Thema sind sich die beiden Kandidatinnen im RNZ-Interview hundertprozentig einig.

Frau Mohr, Sie sind jetzt 72 Jahre alt. Warum wollen Sie noch einmal fünf Jahre in den Gemeinderat?
Mohr: Es geht mir gesundheitlich immer noch gut, und es gibt genügend Politiker, die das in einem noch höheren Alter tun. Ich glaube, dass ich mich immer noch für Schriesheim einsetzen kann. Aber ich werde keinen besonderen Schwerpunkt auf meine Altersgruppe setzen. Senioren sind in Schriesheim gut versorgt.

Frau Larisch, wie steht es denn um die Versorgung der Jüngeren?
Larisch: Was Vereine angeht, sind wir breit aufgestellt. Aber einen richtigen Anlaufpunkt haben Jugendliche mit Ausnahme des Push-Geländes nicht wirklich. Stattdessen treffen sich die Leute auf Schulhöfen und Spielplätzen. Wir brauchen einen Ort, der von Jugendlichen für Jugendliche gestaltet wird.

Ein Schwerpunkt-Thema im SPD-Wahlprogramm ist Mobilität. Wie beurteilen Sie das Angebot in Schriesheim und den Ortsteilen?
Larisch: Was Altenbach angeht, sind die Busverbindungen sehr spärlich. Abends pro Stunde ein Bus, unter der Woche bis 22 Uhr - danach muss man bis zum nächsten Morgen warten oder zu Fuß gehen. In Ursenbach muss man eine Stunde vorher anrufen, damit der Bus dort vorbeifährt - und nervt damit die anderen Fahrgäste.
Mohr: Entlang der Bergstraße ist die Versorgung mit dem Zehn-Minuten-Takt der RNV-Linie 5 toll. Innerhalb Schriesheims wäre eine bessere Versorgung wünschenswert, aber da haben wir das Ei des Kolumbus noch nicht gefunden. Ein Stadtbus lohnt sich nicht, für einen Bürgerbus bräuchte es sehr viele Freiwillige.

Die SPD will auch bezahlbaren Wohnraum schaffen. Wie viel müssen Sie für Ihre Wohnung zahlen?
Larisch: Da habe ich ein Schnäppchen gemacht. Die Warmmiete für meine 60-Quadratmeter-Wohnung in Altenbach beträgt etwas weniger als 500 Euro. Aber als ich nach dem Studium von Zuhause ausziehen wollte, habe ich unter 700 Euro kaum etwas gefunden. Das ist für eine Berufsanfängerin ziemlich viel Geld.
Mohr: Ich habe durch einen glücklichen Umstand eine Wohnung zu einem moderaten, sozial verträglichen Mietpreis gefunden. Aber ich kenne die Lage und weiß von Bekannten, die verzweifelt nach Wohnraum suchen.

Dieses Jahr soll über ein 18 Hektar großes Neubaugebiet Süd diskutiert werden, das möglichst jungen Familien, Geringverdienern und Senioren Wohnraum bieten soll. Ist das nicht der Wunsch nach einer Eier legenden Wollmilchsau?
Mohr: Es geht vor allem um die Frage des Preises. Die SPD hat eine Quotenregelung für bezahlbaren Wohnraum eingebracht, die vom Gemeinderat verabschiedet wurde. Ich glaube aber nicht, dass das in einem Neubaugebiet große Wirkung zeigen würde. Denn die Regelung greift bei Mehrfamilienhäusern - und bei 18 Hektar gibt es nicht allzu viel Platz. Dennoch bin ich für die Ausweisung, um junge Familien hier halten zu können.

Sollte der Schwerpunkt also auf jungen Familien liegen?
Mohr: Wir dürfen die Altersgruppen nicht gegeneinander ausspielen. Unser Einheimischen-Modell soll dazu beitragen, dass junge Familien dorthin ziehen und Wohnungen frei werden.

Zwischen Ihnen liegen 50 Jahren. Gibt es Themen, die die jeweils andere besser versteht?
Mohr: Zukunftsthemen sind bei der Jugend besser aufgehoben, viel Zukunft habe ich ja nicht mehr (lacht). Ich sehe es als Auftrag, diese Stadt liebens- und lebenswert zu erhalten.

Und was wollen die jungen Leute, Frau Larisch?
Larisch: Schriesheim und Altenbach sind wahnsinnig schöne Orte. Deswegen würde ich mir wünschen, dass junge Leute hier bleiben oder hierher zurückkommen. Es geht um die Zukunft der Stadt. Deshalb brauchen wir mehr Jugendangebote.
Mohr: Schriesheim soll ein Zuhause für alle sein. Im Gemeinderat muss man aber eine Mischung finden. Wenn langjährige Stadträte, wie jetzt Heinz Kimmel, ausscheiden, geht viel Wissen verloren.

Warum haben Sie sich für die SPD entschieden?
Larisch: Ehrlich gesagt war das Zufall. Ich wurde vor fünf Jahren direkt nach meinem Abi gefragt, damit die Liste etwas voller wird. Mir war gar nicht so bewusst, dass ich tatsächlich auch gewählt werden könnte. Letztes Jahr wurde ich dann wieder gefragt, habe zugesagt und mir ernsthafter darüber Gedanken gemacht.
Mohr: Ich bin seit über 40 Jahren in der SPD, war auch in der AWO lange Zeit im Vorstand aktiv. Das hat mein Leben geprägt. Mit meiner Familie hatte das weniger zu tun, mit meinen Positionen lag ich oft konträr zu meinem Vater.

Was wäre das Erste, das Sie in Schriesheim gern verändern würden?
Mohr: Es ist schon vieles auf dem Weg. Aber ich stimme Lisa zu: Wir müssen etwas für Jugendliche tun. Abgesehen davon: Es gibt hier nicht viel zu motzen.
Larisch: Ein Jugendzentrum, in dem man sich jeden Tag treffen kann - das wäre mein größter Wunsch.

Warum sollten die Schriesheimer am 26. Mai die jeweils andere wählen?
Mohr: Lisa ist jung, bodenständig, gut ausgebildet und kennt sich in Altenbach aus. Diese Verwurzelung ist für mich ein Argument, sie zu wählen.
Larisch: Sie macht Schriesheim durch ihr Engagement zu einem Zuhause, und das sollte man honorieren.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung