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10.07.2019

"Soccer ist eindeutig weiblich": Schriesheimerin kickt für US-College-Team

"Soccer ist eindeutig weiblich": Schriesheimerin kickt für US-College-Team

Katharina Jüllich stürmt für die Rotluchse aus Miami - Im Interview erzählt die 20-Jährige, weshalb die US-Girls Weltmeister wurden

Eine echte Jüllich: Die dribbelstarke Katharina (l.) ist Stammspielerin bei den Miami Bobcats. Nur knapp verfehlte das Team aus Florida die Play-offs. Foto: privat

Von Wolfgang Brück

Schriesheim. Katharina Jüllich greift einige Male nach der Hand ihrer Mutter. Die 20-jährige Schriesheimerin ist froh, wieder zu Hause zu sein. Im Heimaturlaub nach knapp einem Jahr in Amerika. Dort, wo es sich die meisten gut gehen lassen, wo die Reichen und Schönen posieren, in Miami, hat die Abiturientin ein anstrengendes Leben. An den Vormittagen studiert sie Wirtschafts-Wissenschaften an der Saint Thomas University, nachmittags stürmt sie als Rechtsaußen für das College-Team Bobcats.

Das Talent wurde ihr in die Wiege gelegt. Ihr Vater Gernot Jüllich (65) war an der Seite von Bundestrainer Joachim Löw Profi beim SC Freiburg und später einer der erfolgreichsten Trainer der Region.

Die drei Brüder sind gute Fußballer: Christoph (32) in Hoffenheim und jetzt in Unter-Abtsteinach, Max (30) als Torwart des SV Schriesheim und Nico (29) beim SV Waldhof, Bayern München und mittlerweile beim Drittligisten Sonnenhof Großaspach. Im August geht Katharina mit den Rotluchsen in ihre zweite Saison. Bis dahin kann sie die Zeit, statt am schneeweißen Strand am gerade erbauten neuen Pool im Odenwald genießen.

Die RNZ hat mit Katharina Jüllich über den Frauenfußball in Deutschland und im Lande von Weltmeister Amerika gesprochen.

Katharina Jüllich, die US-Girls sind am Sonntag in Frankreich Fußball-Weltmeister geworden. Deutschland ist bereits im Viertelfinale ausgeschieden. Wo sind die Unterschiede?

In erster Linie in der Bedeutung, die der Frauenfußball in den beiden Ländern hat. Wenn ich in Schriesheim sage, dass ich Fußball spiele, zuckt man mit den Achseln. In Miami äußert man Hochachtung.

Woran liegt das?
In den Staaten ist bei Mädchen und Frauen der Fußball die Sportart Nummer eins. Überall, vor allem aber in den Schulen, spielen Mädchen Fußball. Soccer ist eindeutig weiblich.

Was machen die Jungs?
Die zieht es zu Sportarten wie Baseball oder American Football, bei denen es deutlich rauer zugeht. Deshalb zählen die US-Soccer-Boys im Gegensatz zu den Frauen international nicht zur Weltspitze.

Sie waren in der badischen Auswahl, wurden mit der SG Hohensachsen badischer Nachwuchs-Meister und haben in der Oberliga für den TSV Viernheim gespielt. Wie ist das Niveau bei den College-Teams?
In der Regionalliga in Deutschland könnten wir uns behaupten. In den Staaten spielen Frauen deutlich härter und schneller als in Europa.

Was die Athletik angeht, bestehen große Unterschiede gegenüber dem Männerfußball. Vor ein paar Jahren haben die Bundesliga-Frauen der TSG Hoffenheim gegen den VfB Schönau aus der B-Klasse mit 0:6 verloren.
Ich schätze, dass es die deutsche Nationalmannschaft gegen einen Männer-Oberligisten schwer haben würde. Andererseits, das Spiel kommt häufig zu kurz, wenn Härte und Schnelligkeit dominieren. Beide Elemente können nur wenige miteinander vereinen: Manchester, Barcelona, die Bayern ...

Als Deutschland vor 30 Jahren Europameister wurde, spendierte der Deutsche Fußball-Bund ein Kaffee-Service. Die Prämien wurden erhöht, doch immer noch verdienen Frauen im Fußball ungleich weniger als die Männer. Wie ungerecht ist das?
In Miami trainieren wir täglich. Aber entscheidend ist nicht der Aufwand, entscheidend sind die Gesetze des Marktes.

Eben. Wenn die Hoffenheimer Frauen spielen, kommen manchmal keine 700 Zuschauer ins Dietmar-Hopp-Stadion. In der Sinsheimer PreZero-Arena liegt der Besucher-Schnitt bei knapp 30.000. Wie kann man Frauenfußball attraktiver machen?
Schwierig. Ich bin mir nicht sicher, ob es funktionieren würde, wenn Fußballspiele wie in den USA Volksfest-Charakter hätten. In Deutschland ist der Fußball seit ewigen Zeiten eine Männerdomäne.

Wie weit sind die Mädchen von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg von der Weltspitze entfernt.
Nicht sehr weit. Es war Pech, dass sich Dzsenifer Marozsan, auf die das gesamte Spiel zugeschnitten war, gleich zu Beginn verletzt hat. Auch das 1:2 im Viertelfinale gegen die Schwedinnen, die am Ende Dritter wurden, zeugt nicht von einem Klassen-Unterschied.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung