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16.10.2019

Weinlese in Schriesheim: Das ist die Bilanz der Winzergenossenschaft

Nach "Granatenjahr" 2018 liegt das Ergebnis der Weinlese wieder im normalen Bereich

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Eines sollte man nicht machen: das diesjährige Ergebnis der Weinlese mit den Zahlen des vergangenen Jahres vergleichen. Dafür war der Jahrgang 2018 einfach zu außergewöhnlich. "Ein Ausreißer nach oben", sagt Harald Weiss. Deshalb ist der Geschäftsführer der Schriesheimer Winzergenossenschaft (WG) nicht unzufrieden mit der Ernte der vergangenen Wochen - auch wenn die Mengen und Mostgewichte durch die Bank schlechter sind als im Vorjahr. Vergleicht man die aktuellen Werte aber mit den Jahren vor 2018, sieht das Ganze schon anders aus. Dann war es ein guter Herbst, der in Sachen Menge und Qualitäten absolut im Schnitt liegt.

Rund 120 WG-Winzer haben an 25 Lesetagen zwischen dem 16. September und dem 11. Oktober knapp 1,26 Millionen Kilogramm Trauben am Kelterhaus abgeliefert, knapp 500.000 Kilogramm weniger als im vergangenen Jahr, gut 150.000 Kilogramm mehr als 2017. Im Gesamtschnitt hatte das Lesegut ein Mostgewicht von 89,2 Grad Öchsle. 2018 waren es 94 Grad, 2017 knapp 88 Grad Öchsle gewesen. Natürlich waren in den Mengen wieder der Müller-Thurgau (gut 309,5 Tonnen) sowie der Spätburgunder (über 365,5 Tonnen) die Spitzenreiter, fast gleichauf gefolgt vom Riesling und Weißburgunder mit jeweils deutlich über 175 Tonnen. Sechsstellig war auch wieder die Anlieferungsmenge des Grauburgunders mit genau 103.054 Kilogramm. Knapp 45 Prozent des gesamten Leseguts wurden dieses Jahr mit dem Vollernter eingeholt. 35 Mal fuhr ein Tanklastzug mit Schriesheimer Traubenmost zum Badischen Winzerkeller nach Breisach, wo die WG-Weine ausgebaut werden. Dazu kamen weitere 19 Lesegut-Fahrten mit Edelstahlbottichen auf den Aufliegern.

Soweit die nackten Zahlen, die allerdings wenig darüber aussagen, vor welchen Herausforderungen die Winzer in der diesjährigen Lese und auch schon davor standen. Die größte war wie so oft das Wetter. Erst war die Hitze im Sommer ein Thema, dann zum Erntestart der Regen. Dazu sagt Weiss, das Jahr habe relativ normal angefangen, der Mai habe dann etwas gebremst. So gab es eine spätere Blüte, und angesichts der hohen Temperaturen sei man im Sommer noch von einem anderen Jahrgang ausgegangen. Und später von einem entspannten Lesestart Mitte September. Doch am 14. September habe ihn Aufsichtsratschef Winfried Krämer angerufen, erinnert sich Weiss. Man müsse sich dringend die Trauben anschauen. So kam’s dann, dass die WG am 16. September mit dem Müller-Thurgau voll durchstartete. Nach einer guten (und der einzigen regenfreien) Woche war die Sorte gelesen.

Improvisation und Leistungsbereitschaft der Lese-Teams und der Kelterhausmannschaft waren auch danach gefragt, um die Ernte sicher einzufahren. Zeit für Winzerromantik? "Da gibt es schon einen Wandel. Vieles ist nicht mehr so planbar", so Weiss. Nicht nur wegen des Wetters, sondern zum Beispiel auch, weil die Lkw auf der A 5 im Stau standen oder auch mal ein Lastzug mit Kupplungsschaden liegen blieb.

Gerade die größeren Winzer hätten durchaus Stress gehabt. Auch weil inzwischen viele Sorten parallel reif seien. So sei auch der Riesling nicht mehr so spät dran wie früher. Dieser habe die Wetterkapriolen überdies nicht gut vertragen, kam letztlich aber auch gesund in den Keller. Überhaupt konnte sich Weiss über tadelloses Lesegut quer durch die Sorten freuen. Am Ende stehen gute Qualitäten vor allem im Kabinett-Bereich - und große Hoffnungen: "Die Rotweine werden nicht schlecht sein. Aber sicher werden wir trinkfreudige, fruchtbetonte Weißweine haben." Der 2019er dürfte nach dem Rotweinjahr 2018 also eher ein Jahrgang der weißen Sorten sein.

Doch egal, ob rot, rosé oder weiß: Die Kunden der WG erwarten exzellente Produkte. Dessen ist sich auch Weiss vollkommen bewusst: "Die Erwartungshaltung ist hoch, der Erfolgsdruck auch. Wir wissen, dass wir alle an einem Strang ziehen müssen, um die Herausforderungen zu stemmen." Vor diesem Hintergrund lobt Weiss die Kontinuität in der Zusammenarbeit mit dem neuen Vorstandschef. Karlheinz Spieß hat das Amt seit vergangenem Jahr inne. Einziger Unterschied zu seinem Vorgänger: Spieß sei vielleicht etwas schwerer zu erreichen, so Weiss. Friedrich Ewald habe früher als Volksbank-Vorstand immer ein Sekretariat gehabt: "Wenn Karlheinz Spieß auf dem Traktor sitzt, kann er eben nicht ans Handy gehen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung