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11.11.2019

Poetry-Slam in Schriesheim: Über sprechende Lebensmittel und Lügen in Kinderliedern

Poetry-Slam in Schriesheim: Über sprechende Lebensmittel und Lügen in Kinderliedern

Acht Teilnehmer wetteiferten beim Poetry Slam des Kulturkreises um die Gunst des Publikums - Der Sieg stand aber nicht im Vordergrund

Schriesheim. (flb) Es ist Samstagabend, der Zehntkeller ist gut gefüllt. Alle warten auf den Beginn des sechsten Poetry Slams in Schriesheim. Organisiert vom Kulturkreis, treten an diesem Abend acht Poeten auf, die zunächst in zwei Vierergruppen um den Einzug ins Finale „slammen“. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre. Moderator Karsten „Grohacke“ Hohage führt mit lustigen Sprüchen durch den Abend und erzählt, dass Gäste aus den Niederlanden und Ostfriesland anwesend seien. Musiker Nicolai Köppel sorgt zu Beginn und vor dem Finale mit amüsanten Songtexten wie „Jetzt kannst du mich leiden, und ich leide“ für Unterhaltung.

Die Poeten selbst kommen nach und nach auf die Bühne und haben jeweils ein Zeitlimit von „gefühlten sechs Minuten“ für ihre Texte. Inhaltliche Grenzen sind ihnen nicht gesetzt, die meisten Texte sind humoristisch gestaltet. Skog Ogvann etwa hat ein Gedicht dabei, in dem die Textzeile „Dummdidumm didummdidei“ eine Hauptrolle spielt. Lenny Felling meint, dass die Textzeile „Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst“ aus dem Kinderlied „Heute kann es regnen“ gelogen sei: Wie sollte man sich denn an jemanden erinnern, der nie geboren wurde? Bjarne Stahmer beginnt mit den Worten: „Es wird ja jetzt wieder kälter draußen. Deshalb habe ich einen Text über einen Kühlschrank dabei.“ Im Folgenden erzählt er von Gesprächen mit seinen Lebensmitteln, etwa der Weißwurst mit bayrischem Dialekt oder den im Chor singenden Eiern.

Aber auch ernstere Vorträge stehen auf dem Programm. Carolin „Carro“ Goebel spricht über Depressionen und die Tatsache, dass jeder auf seine eigene Art schön sei. Jonas Treibel gestaltet seine Redezeit politisch, äußert sich kritisch über die AfD und Innenminister Horst Seehofer, den „Superhorst“. Unter der ironischen Überschrift „Die Wahrheit liegt immer in der Mitte“ ruft er das Publikum im Zehntkeller dazu auf, sich klar zu positionieren und seine Meinung zu vertreten. Ein Text widmet sich ganz dem Fußball. Leonie Batke erklärte, dass sie ein riesen Fußballfan sei und ein großes Problem habe: Ihr Verein, Borussia Dortmund, spielt bei Bayern München – und verliert deutlich mit 4:0. Wichtiger ist ihr jedoch ihr Plädoyer für mehr Gleichberechtigung in der weltweit populärsten Sportart.

Viele der Poeten sind Studenten, die in ihrer Freizeit an den Wettbewerben teilnehmen und dafür weite Strecken auf sich nehmen. Für den Poetry Slam im Zehntkeller kommen sie aus Mainz, Mannheim oder Erfurt an die Bergstraße. „Ich habe meinen Stundenplan extra nur auf Montag, Dienstag und Mittwoch gelegt“, erzählt Carolin Goebel. Der Zeitraum, in dem ein Text entsteht, variiere zum Teil deutlich: „Es kann eine Stunde, aber auch Monate dauern“, so Goebel. Es komme auch vor, dass Texte wieder verworfen würden.

Am Ende dieses unterhaltsamen Abends gewinnt Skog Ogvan den Hauptpreis, einen Schokoladenpokal und eine Packung Gummibärchen, betont in seiner Abschlussrede: „Es geht nicht so stark ums Gewinnen, sondern vielmehr darum, zusammen Texte vorzutragen.“

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung