Schriesheim im Bild 2023

23.06.2004

Planerisch kann nichts mehr schief gehen

Erörterungstermin zum Schriesheimer Branich-Tunnel verlief reibungslos - "Finanzierbar und realisierbar" - BUND: "Vergeudung von Steuermitteln"

Die Planer-Mannschaft des Karlsruher Regierungspräsidiums stand gestern den Schriesheimern Rede und Antwort. Fotos: Kreutzer

Von Roland Kern

Schriesheim. Der Schriesheimer Branich-Tunnel steht nicht in den Sternen - sondern hieb- und stichfest auf großen Papierbögen. "Der Tunnel ist finanzierbar und realisierbar", betonte Dr. Michael Kromer, der "Planfeststeller" gestern beim öffentlichen Erörterungstermin der Tunnelplanung auf Nachfrage der RNZ (s. "RNZ-Interview"). Damit beruft er sich auf eine schriftliche Weisung des Stuttgarter Verkehrsministeriums.

Wie aufwändig das 60 Millionen-Euro-Projekt in den letzten zwölf Jahren vorangetrieben worden ist, wurde gestern im Feuerwehrhaus bald klar. Rund 20 Vertreter des Regierungspräsidiums und der Fachbehörden schleppten Pläne und Untersuchungen an, dazu kamen ein rundes Dutzend Leute aus privaten Planungs- und Gutachterbüros. Rund zehn Meter lang war die Strecke der Pläne, die an der Wand hingen. Bisweilen konnten die Betrachter ob des gewaltigen Behörde-Auflaufs nur verwundert den Kopf schütteln. Zum Erörterungstermin, dem wesentlichen Schritt auf dem Weg zur rechtskräftigen Planfeststellung, hatten die Karlsruher Beamten sogar einen Tontechniker herbeigeordert, so dass Schriesheims Bauamtsmann Friedhelm Urban scherzte: "Spielt hier auch eine Kapelle?" Aber der Mann am Mischpult hatte die Aufgabe, jedes Wort aufzuzeichnen - für alle Fälle. Bisweilen glaubte man, den Amtsschimmel leise wiehern zu hören, aber um juristisch auf der sicheren Seite zu sein, musste die Behörde auf Formalien großen Wert legen.

Einen ganzen Tag lang hörte sich Dr. Michael Kromer die Fragen und Einwendungen von Behörden, Verbänden und Privatpersonen an, befragte dazu die Planer und Vertreter der Fachbehörden und vergab "Hausaufgaben", die noch in die Pläne einfließen müssen, bis er die "Planfeststellung macht", wie er sagt. In rund zwei Monaten rechnet er damit. Erstes Fazit: Zwar gab es nach der Offenlage der neuen Tunnelpläne im März (s. Artikel unten) rund 200 Einwendungen, aber überwiegend so genannte Popularanwender - das sind Leute, die vom Tunnelbau nicht direkt betroffen sind, aber dennoch grundsätzliche Bedenken - wie etwa ökologische - anführen. Das ist aber juristisch nicht bedeutsam. "Das ist völlig irrelevant für das Verfahren", lästerte Referatschef Kromer, "aber die Leute haben dann das Gefühl, ein besserer Mensch zu sein".

Einige Schriesheimer und direkt betroffene Bürger meldeten sich hingegen konkret zu Wort, zum Beispiel Hotelier Scheid; unweit seines Talgasthofes soll das östliche Tunnelportal entstehen. Aber Lärmschutzmaßnahmen sollen Belästigungen für die Hotelgäste vermeiden. Desweiteren monierten Heinz Mildenberger, Ludwig Reinhard und Walter Schmitt, dass sie ihrer Meinung nach zu viel von ihren landwirtschaftlichen Grundstücken abgeben müssen - aber Entschädigungen müssen ausreichen. Eine Anwohnerin des Weiten Tals befürchtete Schäden an ihrem Haus, wenn es unweit im Berg Sprengungen gibt. Die Tunnelplaner versicherten aber, dass die Behörde auf eigene Kosten ein Beweissicherungsverfahren anstrengt, um Schäden im Ernstfall auf die eigene Kappe zu nehmen. Ludwig Reinhard regte außerdem an, die Grundstücke, die kleiner werden, einer Flurbereinigfung zu unterziehen, so dass nicht nur die direkt betroffenen Besitzer "bluten" müssen. "Im Steinachtal macht man das sogar wegen eines Radweges", wunderte sich der Hobby-Winzer. Die Stadt brachte ihre Forderung vor, dass eine Fußgängerbrücke als Fortsetzung der Schönauerstraße über die Straße führt, die dort noch tiefergelegt ist und in den Tunnelmund führt. Das einzuarbeiten, scheint kein Problem zu sein, wie Kromer nach der Erörterung durchblicken ließ.

Grundsätzliche Kritik äußerte Alfons Buchtela, der Regionalgeschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) an dem Tunnelvorhaben, dessen Realisierung seiner Meinung nach "jeder finanziellen Grundlage entbehrt".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung