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24.06.2004

Licht am Tunnelende oder weiter ein schwarzes Loch?

Gemeinderat stritt gestern Abend über die Einschätzung der finanziellen Lage - Grüne und FDP lehnen auch Nachtragshaushalt ab
Schriesheim. (ron) Bürgermeister Peter Riehl bleibt dabei: Die Stadt verdient mit dem Neubaugebiet "Nord" Geld. In einem Nachtragshaushalt, der gestern Abend im Gemeinderat beraten worden ist, spielt das Baugebiet eine Hauptrolle. Grüne und FDP lehnten den Nachtrag ab.

Mit der Elektrik hatte der Schriesheimer Gemeinderat gestern Abend ein Problem. Erst versagte die Lautsprecheranlage im Großen Sitzungssaal, so dass manch einer schon frotzelte, der Stadt sei wegen ungezahlter Rechnungen der Strom abgestellt worden. Dann stritten sich CDU-Stadtrat Paul Stang und seine FDP-Kollegin darüber, was hell und was dunkel ist. "Ein Licht am Ende des Tunnels" der Finanzkrise wollte ausgerechnet der "schwarze" Stadtrat ausgemacht haben. Die Liberale orakelte indessen: "Das schwarze Loch ist doch noch viel größer geworden."

Dr. Birgit Arnold und die Grünen lehnten gestern Abend, wie bereits vor einem Vierteljahr den Haushalt 2004, jetzt auch den Nachtragshaushalt zum Zahlenwerk ab. Nach der Einbringung des Nachtragshaushaltes ist für die Unterhaltung der Gebäude und Straßen wieder mehr Geld im Haushalt vorgesehen: von 420 000 Euro wurde der Posten auf 1,2 Millionen Euro aufgestockt. Dadurch konnte die Stadt im ersten halben Jahr zum Beispiel deutlich mehr in die Sanierung und Unterhaltung des Schulzentrums stecken als eingeplant. Bei den laufenden Kosten profitiert die Stadt von Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer in Höhe von 3,9 Millionen Euro (ein Plus von 600 000 Euro!) und steigender Grundsteuer - weil es wegen des Baugebietes Nord mehr Grundstückseigentümer gibt.

Riehl hatte dem Gemeinderat vorgeschlagen, trotz der höheren Einnahmen auf dem strikten Sparkurs zu bleiben. Mit dem Zubrot der Gewerbesteuer hätte der Kämmerer ja den Haushalt ausgleichen können. Das ist nicht vorgesehen, stattdessen werden die Mehreinnahmen für die Unterhaltung der Straßen und Gebäude eingesetzt. Dieses Vorgehen fand der Gemeinderat richtig: "Es ist richtig, dass wir auf dem Sparkurs bleiben", fand FWV-Sprecher Friedrich Ewald. "Mit einer strengen Haushaltspolitik haben wir die Chance, im nächsten Jahr vielleicht wieder Spielräume zu haben", hoffte SPD-Fraktionschef Hans-Jürgen Krieger.

Rathauschef Riehl hatte den Nachschlag zum Zahlenwerk vorgelegt und auf Einnahmen von knapp zwölf Millionen Euro aus "Nord" verwiesen. 6,7 Millionen fließen über so genannte Mehrzuteilungen der Grundstücksbesitzer an die Stadt, den Posten der Grundstückserlöse ließ Riehl um rund 1,6 Millionen Euro auf 4,7 Millionen erhöhen. "Das ist weniger als wir verkaufen könnten", betonte der Bürgermeister, obgleich er erneut zugeben musste, dass die meisten Verkäufe noch nicht vertraglich besiegelt sind. Den großen Brocken der Mehrzuteilungen, rund 5,5 Millionen Euro werde die Dossenheimer Bauträgerfirma Concepta-Plan "am 31. Juli bereit stellen und überweisen".

Auf der anderen Seite muss die Stadt wegen Minderzuteilungen von Grundstücken, die von der Stadt in Zahlung genommen worden sind, elf Millionen vorstrecken - neun Millionen waren eigentlich geplant. Dennoch: "Das Baugebiet", bescheinigte Friedrich Ewald, "ist der richtige Weg, den wir eingeschlagen haben". Das sah die FDP-Stadträtin grundsätzlich anders: "Der Vermögenshaushalt ist doch noch risikoreicher geworden als zuvor", bewertete sie. Und Robert Hasenkopf von den Grünen bekräftigte: "Das sind jetzt zwar andere Zahlen aber die gleiche Problematik."

"Unser Haushalt befindet sich im normalen Fortgang", hatte zuvor Kämmerer Volker Arras berichtet. Im Verwaltungshaushalt der laufenden Kosten sind 9,5 Millionen Euro von insgesamt 21 Millionen Euro ausgegeben, "ein normaler Vollzug", so der Kämmerer. Im weiteren Verlauf der Sitzung ging Riehl hart mit dem Altenbacher Ortsvorsteher Alfred Burkhardt ins Gericht. Der Architekt und designierte Stadtrat hatte neulich im RNZ-Interview die Planung des Neubaugebietes als "von vorgestern" bezeichnet. Dazu Riehl: "Wer so etwas sagt, der handelt äußerst sträflich, dieses Gebiet ist von Planern erstellt worden, die in der ganzen Region anerkannt sind."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung