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19.12.2019

"Wir stellen draußen einen Mülleimer auf": Was Schriesheims Bäcker und Metzger zur Bonpflicht sagen

"Wir stellen draußen einen Mülleimer auf": Was Schriesheims Bäcker und Metzger zur Bonpflicht sagen

"Können das nicht nachvollziehen" - Zusätzlicher Müll als Problem

„Wir müssen sowieso alles eintippen“: Eine Mitarbeiterin der Schriesheimer Bäckerei Höfer reicht einer Kundin den Kassenbon für ihren Einkauf. Das Problem ist der Müll. Die Belegrollen bestehen nämlich oft aus Thermopapier, und das ist schlecht für die Umwelt. Foto: Dorn

Von Florian Busch

Schriesheim. "Wir können das nicht nachvollziehen", sagt Renate Heiß, Inhaberin der Bäckerei "Der Heiße Bäcker" in der Heidelberger Straße. Ein im November beschlossenes Kassengesetz verpflichtet alle Einzelhändler ab dem 1. Januar 2020 einen Beleg auszudrucken – egal ob der Kunde diesen überhaupt verlangt oder nicht. Auf diese Art möchte die Politik gegen Steuerhinterziehung vorgehen.

In Zukunft muss also bei jedem Verkauf, unabhängig vom Wert, ein Bon ausgedruckt werden. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums besteht zwar die Pflicht zur Ausgabe und "zum unmittelbaren zur Verfügung stellen", mitgenommen werden müsse der Beleg aber nicht zwingend. Auch, wenn sich für den Kunden also nicht viel ändern wird: Für die meisten Einzelhändler bedeutet das Gesetz einen deutlich höheren Kostenaufwand für Papierrollen.

"Bisher haben wir die nur bei Bedarf ausgedruckt", erzählt Heiß. Nur die allerwenigsten Kunden würden überhaupt einen Beleg verlangen: "Wenn überhaupt, sind es fünf Prozent." Ähnlich sieht es Ursula Höfer, die bei der gleichnamigen Schriesheimer Bäckerei arbeitet. Bei Höfer wird sich allerdings weniger ändern als bei Heiß, da sie den Bon jetzt schon jedes Mal ausdruckt. "Wir müssen sowieso alles eintippen", meint sie.

Ein großes Problem, da sind sich beide einig, ist der zusätzliche Müll, der nun entsteht. Neben dem deutlich höheren Papierverbrauch bestehen die Belege in den meisten Fällen aus Thermopapier. Beim Recycling gibt es giftige Stoffe ab, ist somit schädlich für Umwelt und Mensch, und eine Wiederverwendung ist kaum möglich.

Des Weiteren kritisieren die Schriesheimer Einzelhändler auch, dass sie durch das Gesetz quasi unter Generalverdacht gestellt werden, Steuern zu hinterziehen. "Das ist schon eine Anmaßung", meint Renate Heiß. In ihrer Bäckerei gehe es, anders als zum Beispiel in der Industrie, nur um verhältnismäßig kleine Beträge. Und außerdem sei es durch die neue Computerkasse sowieso schon sehr schwer, überhaupt zu betrügen. Auch Klaus Urban, Inhaber der "Rathausmetzgerei Urban", ist dieser Meinung: "Wir sind ein kleiner Handwerksbetrieb", meint er. Deshalb bestehe auch keine Chance, in Sachen Steuerhinterziehung überhaupt etwas zu machen.

Abgesehen davon sieht er das neue Gesetz aber gelassener als die beiden Bäckereifrauen. Es sei nicht so dramatisch. Er habe größere Probleme als die Bons, zum Beispiel Fachpersonal zu finden. Trotzdem fallen auch bei ihm ab sofort höhere Kosten durch den Papierkauf an, für die er keine finanzielle Hilfe erhält. Hinzu kommt außerdem, dass die Belegausgabe in der Metzgerei nun "doppelt gemoppelt" sei, wie Urban sagt: Schon die Fleischwaage druckt einen Bon aus, den jeder Kunde mit in die Warentüte hinein bekommt. Nun muss Urban aber zusätzlich noch einen Beleg an der Kasse herauslassen. "Das ist dem Kunden zu viel", meint er.

Gleichzeitig glaubt er aber auch, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Schließlich kritisierte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kürzlich das Vorhaben und forderte einen Stopp. Egal, wie es am Ende auch ausgeht, eine Lösung für die Kunden hat der Metzger auf jeden Fall schon in der Hinterhand: "Wir stellen höchstwahrscheinlich draußen einen Mülleimer auf", sagt Urban und lacht.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung