Schriesheim im Bild 2023

07.01.2020

Edelgastronomie: Strahlenberger Hof in Schriesheim hat geschlossen

Gastronomen Meike Roschig und Marcus Schleicher lassen Pachtvertrag auslaufen - Inhaber Peter Bausback sucht jetzt neue Mieter

Von Philipp Weber

Schriesheim. Passanten fiel es schon im Verlauf des Dreikönigstags auf: Vor dem Strahlenberger Hof standen großräumige Fahrzeuge und Anhänger. Gegenstände wurden aus dem Nobelrestaurant in der Kirchstraße hinausgetragen und dort verladen. Anrufe bei Pächter Marcus Schleicher und Eigentümer Peter Bausback brachten Gewissheit: Die Edelgastronomie im Herzen Schriesheims schließt. Der Pachtvertrag läuft zwar noch bis Mitte des Monats, der letzte Abend mit Bewirtung war aber bereits an Silvester.

Er und seine Mitpächterin Meike Roschig hätten sich dazu entschlossen, den Vertrag auslaufen zu lassen und keine Verlängerungen des Pachtverhältnisses anzustreben, so Gastronom Schleicher im RNZ-Gespräch. "Es ist schon etwas Wehmut dabei", sagt er. Immerhin habe die Gastronomie Stammgäste dazugewonnen: "Die Verhältnisse in der Branche sind allgemein nicht einfach, an Schriesheim lag dies aber nicht", so Schleicher. Er werde der Kurpfalz nun den Rücken kehren und künftig in Mittelhessen arbeiten, so der Gastronom.

Er habe das Haus seiner Eltern geerbt, das in der Nähe von Wetzlar steht. In der dortigen Region wolle er weiter seinem Beruf nachgehen, so Schleicher. Seine zuletzt drei Angestellten seien in anderen Gastronomien untergekommen. Er und Roschig hatten den Strahlenberger Hof Anfang 2013 übernommen. Bis zum Jahreswechsel 2012/13 hatte das Ehepaar Susanne und Jürgen Schneider das damalige Ein-Stern-Restaurant geführt. Dann wagten sie einen Neuanfang – in Südafrika. Die "Übergabe" des Strahlenberger Hofs war damals beinahe nahtlos über die Bühne gegangen.

Dieses Mal könnte es länger dauern. Er könne im Moment nicht sagen, wie es im Inneren des historischen Anwesens weitergeht, so Immobilieneigentümer Peter Bausback im Gespräch mit dieser Zeitung. Er könne sich vorstellen, das Anwesen erneut an einen Gastronomen zu verpachten; aber auch eine andere Nutzung sei denkbar. Er führe Gespräche mit Interessenten, weitergehende Entschlüsse habe er aber noch nicht gefasst. Eine Sanierung des Gebäudeensembles sei nicht geplant. "Das Haus ist in einem guten Zustand", so Bausback. Der Pachtvertrag mit Schleicher und Roschig sei regulär ausgelaufen, größere Differenzen sehe er nicht.

Das wollen seine scheidenden Pächter indes so nicht bestätigen. Die Höhe der Pacht sei keineswegs unerheblich gewesen, so ihre Sicht der Dinge. Investitionen in das Gebäude oder auch nur in die Küche seien dagegen ausgeblieben. Er habe letztlich selbst in die Küchenanlage investiert, so Gastronom Schleicher. Da viele Geräte sein Eigentum seien, "wandere" die Ausrüstung nun mit ihm nach Mittelhessen weiter, so der 49-Jährige.

Anders als seine Pachtvorgänger hatte er nicht nach einem Stern gestrebt. Gehobene und naturnahe Küche gab es aber auch bei ihm. Der Pächter stand persönlich hinterm Herd und sammelte selbst Wildkräuter, wie er sagt. Auch sonst habe er auf Produkte aus der Region gesetzt. So war der Strahlenberger Hof unter seiner Ägide für Hoffeste bekannt, in denen die Erzeugnisse auch direkt zum Verkauf angeboten wurden. Außerdem gab es hier einen Hofladen, der samstags geöffnet hatte. Auch dies ist nun passé.

Gebäudeinhaber Peter Bausback ist indes weiter stolz auf den Strahlenberger Hof. Der Unternehmer hatte das Ensemble, dessen Hof Elemente aus dem tiefen Mittelalter aufweist, 1985 erworben und behutsam sanieren lassen. "Die Eröffnungsfeier im April 1988 rückte den Hof wieder in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit: als Restaurant, Kunstgalerie und besichtigenswertes Bau- und Geschichtsdenkmal", heißt es in einem Buch, in dem sich Autorin Linda Walitzer mit dem Strahlenberger Hof, dem Gasthaus "Zum Goldenen Hirsch" sowie dessen Gästehaus befasst. Investor Bausback hatte 1996 den "Hirsch" in seinen Besitz gebracht und den Erwerb 2012 vervollständigt: mit dem unmittelbar benachbarten Anwesen, das zum Gästehaus umfunktioniert wurde.

"Als stattliches Steinhaus aus mittelalterlicher Zeit unterscheidet sich das Hauptgebäude des Strahlenberger Hofs von den umliegenden Bürgerhäusern", schreibt Autorin Walitzer. Bei Letzteren handelt es sich um Fachwerkhäuser, das Zentrum des Strahlenberger Hofs ist jedoch ein Steingebäude. Für die Geschichtswissenschaft bestehe kein Zweifel, dass das gleiche Adelsgeschlecht, das Schriesheims Burg erbaut hat, auch den Hof unten in der Ortsmitte erstellen ließ: die Herren von Strahlenberg, die im 13. und 14. Jahrhundert über Schriesheim herrschten. Der Stahlenberger Hof sei damit eines der wohl ältesten Profangebäude an der Bergstraße, so Bausback.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung