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08.01.2020

RNZ-Jahresgespräch: Das fordert SPD-Fraktionschef Sebastian Cuny für Schriesheim 2020

RNZ-Jahresgespräch: Das fordert SPD-Fraktionschef Sebastian Cuny für Schriesheim 2020

Mehr Fokus auf Klimaschutz und Städtebau - Bei der KGS-Sanierung glaubt er an "das Gute im Staat" - "Viele Konzepte liegen in der Schublade"

„Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre ein Bürgerentscheid nach einem Gemeinderatsbeschluss“, sagt Sebastian Cuny zur Diskussion um ein Neubaugebiet. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Viel erreicht, trotzdem verloren: Das Ergebnis der SPD bei der Kommunalwahl im Mai fiel ernüchternd aus. Fraktionschef Sebastian Cuny spricht im RNZ-Interview über die wichtigsten Themen im kommenden Jahr, eine Bürgerbeteiligung zu einem Neubaugebiet und eine mögliche Kandidatur als Bürgermeister.

Herr Cuny, vor einem Jahr haben Sie gesagt, Sie seien optimistisch, dass die Stadt die KGS-Sanierung ohne Verzögerungen schafft. Wie steht es jetzt um Ihre Zuversicht?
Die ist immer noch vorhanden. Es geht um das größte Projekt, das die Stadt seit dem Bau des Kurpfalz-Schulzentrums begonnen hat. So ein Stolperstart ist bei Vorhaben dieser Größenordnung nicht auszuschließen. Jetzt muss das Ganze in ruhigeres Fahrwasser gebracht werden. Ich denke aber, dass wir das schaffen.

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie erfahren haben, dass die Module für die Übergangsbauten nicht kommen?
(lacht) Das sage ich öffentlich lieber nicht. Es ist ja nicht das erste Mal, dass das Übergangsquartier für Schlagzeilen sorgt. Ich erinnere an die unnötige Diskussion über den voreilig ins Spiel gebrachten Standort Ecke Max-Planck-Straße/Hirschberger Straße. Jetzt kommt noch die Verzögerung bei den Containern dazu. Solange das aber die einzige große Hürde bleibt, sollten wir unsere Lehren daraus ziehen und das abhaken.

Die Stadt hat den Vertrag mit der beauftragten Firma erst gekündigt, die Kündigung dann zurückgezogen und dann doch wieder gekündigt. Wie bewerten Sie dieses Verhalten?
Ich vermute, dass die Stadt zunächst ähnlich reagiert hat wie ich. Die Erwartungshaltung war, dass es losgeht und der offizielle Startschuss fällt. Das sollte eigentlich reibungslos geschehen. Deshalb wollte man wohl versuchen, eine schnelle Lösung zu finden, hat aber mit juristischer Beratung gesehen, dass man doch einen anderen Weg gehen muss. Ich hoffe, dass wir jetzt in die richtige Spur kommen.

Ist diese Reaktion das richtige Signal an die beteiligten Firmen?
Bei so einem Projekt glaube ich das schon. Wenn es um solche Summen und Zeiträume geht, müssen klare Ansagen gemacht werden. Die Verzögerungen dürfen nicht unendlich werden.

Glauben Sie denn, dass der Zeitplan zu halten sein wird?
Es ist ein Puffer eingerechnet. Außerdem kommen mit dem Planungsbüro jetzt für die tatsächliche Sanierung Profis ins Boot, die die Stadtverwaltung entlasten können. Daher glaube ich, dass die Sanierung künftig reibungsloser organisiert wird.

Setzen Sie weiterhin darauf, dass das Regierungspräsidium den Millionen-Zuschuss trotz entsprechender Auflage schon nicht zurückfordern wird?
Wir als SPD-Fraktion sind dieses Projekt von Beginn an mit großem Gestaltungswillen und Zuversicht angegangen. Wir sind weiterhin zuversichtlich, dass die Sanierung im Zeit- und Kostenrahmen realisiert wird.

Sollten Bund und Land diese Fristen für bezuschusste Projekte überdenken?
Darüber habe ich schon mit unserem Landtagsabgeordneten Gerhard Kleinböck gesprochen. Es ist sehr unglücklich, dass diese Fristen wie im Fall des Kurpfalz-Gymnasiums so knapp sind. Vonseiten des Zuschussgebers ist das nachvollziehbar, es geht darum, dass das Geld zeitnah investiert wird. Aber der vorgegebene Zeitraum sollte auch vom Auftragsvolumen abhängig sein. 10.000 Euro sind schneller verbaut als ein Zuschuss über 6,7 Millionen Euro bei einer Baumaßnahme mit einem Gesamtvolumen von über 20 Millionen Euro.

Wissen Sie noch, was Sie vor einem Jahr bei der Sanierung verbessern wollten?
Ja, die Kommunikation.

Ist sie besser geworden?
Ich finde schon. Die Internetseite zur KGS-Sanierung ist zum Beispiel sehr gut. Das Vorgehen bei den Übergangsbauten wirkt nach außen vielleicht nicht glücklich, ist aber transparent. Jeder Schritt wurde öffentlich gemacht.

Ein Workshop zur Talstraße, Infoveranstaltungen zur KGS-Sanierung und eine Ideenwerkstatt zur Nahversorgung in Altenbach: Sind Sie zufrieden mit der Bürgerbeteiligung?
Ja. Aber wir müssen die Planungsphase jetzt hinter uns lassen und mit der Umsetzung beginnen, nicht nur bei der Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums. Viele Konzepte liegen in der Schublade: zum Klimaschutz, zur Zukunftswerkstatt 2030, zum Bedarf der Feuerwehr. Und bei der Sanierung der Talstraße würde ich mir wünschen, dass dafür auch wieder die Ideen zur Gestaltung des Festplatzes einbezogen werden. Eine spätere Umgestaltung des Festplatzes sollte nicht daran scheitern, dass bei der Erneuerung der Talstraße Übergänge und Anschlüsse nicht beachtet wurden.

In der Talstraße wollten Sie Tempo 30 durchsetzen. Jetzt wurde sogar ein Limit von 20 Kilometern pro Stunde vorgeschlagen. Was halten Sie von der Idee der Verkehrsplaner?
Für die Anwohner ist das sicher reizvoll. Aber ich glaube nicht, dass das realistisch ist. Sehr gut ist der Vorschlag eines Verkehrsraums, den sich alle teilen und in dem keine zweispurige Fahrbahn für Begegnungsverkehr eingeplant ist. Wenn Autofahrer da ausweichen müssen, ist das eine größere Verkehrsberuhigung als irgendwelche Tempolimits.

Sanierungsgebiet, schnelles Internet oder Genossenschaftsladen: Was ist für Altenbach am wichtigsten?
Ein Laden mit Treffpunkt-Möglichkeiten im Ortsmittelpunkt. Eine Gastronomie ist ja inzwischen wieder eröffnet, aber das geht auf die Initiative einer Privatperson zurück. Wir haben deshalb ein Konzept zur Nahversorgung in Altenbach beantragt, um eine Struktur in die Arbeit der Ideenwerkstatt zu bringen. Das muss am Leben erhalten werden. Und ein genossenschaftlicher Betrieb ist für mich als Sozialdemokrat natürlich die Traumlösung. Ob das realisierbar ist, hängt aber letztlich an den Menschen vor Ort.

Ein Wunsch, den Sie Ende 2018 geäußert haben, ist unerfüllt geblieben. Warum hat der Rat bisher noch nicht über ein Neubaugebiet Süd diskutiert?
Die Frage sollten Sie der Verwaltung stellen. Der Bürgermeister wollte ja schon 2019 im Gemeinderat darüber sprechen. Dieses Jahr müssen wir unbedingt zu einer Entscheidung kommen. Da ist es uns als SPD wichtig, dass die Bürger von Anfang an mit einbezogen werden. Sie sollen nicht nur beteiligt werden, sondern auch mitentscheiden können. Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig. Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre ein Bürgerentscheid nach einem Gemeinderatsbeschluss. Da gäbe es nur eine Schwarz-weiß-Entscheidung. Also müssen wir von Anfang an alle Beteiligten berücksichtigen und offen für eine Entscheidung sein, die auch Grautöne zulässt.

Ist es dann noch realistisch, 2020 über ein Neubaugebiet zu entscheiden?
Ja. Die Diskussion darf ja auch nicht endlos in die Länge gezogen werden. Es muss zwei, drei Termine geben, bei denen sich alle zu Wort melden können und eine professionelle Moderation gewährleistet ist. Wenn Fakten und Argumente auf dem Tisch liegen, muss eine Entscheidung gefällt werden. Ich finde es gut, dass die Stadt ein Fachbüro mit dem Zusammenstellen von entsprechenden Informationen zum Neubaugebiet beauftragt hat.

Ihr Kollege Bernd Hegmann von den Freien Wählern ist skeptisch, ob es eine Ratsmehrheit für ein Neubaugebiet gibt. Sie auch?
Entscheidend für uns als SPD-Fraktion ist der Dialog mit den Bürgern. Wir müssen gemeinsam schauen: Wollen wir für Schriesheim ein Neubaugebiet oder nicht? Danach muss sich jede Fraktion bekennen.

Haben Sie Sorge, dass die Diskussion um ein Neubaugebiet das Klima im Gemeinderat verschlechtern könnte?
Nein.

Weil es nicht schlechter werden kann?
Nein, ich halte es nicht für so angespannt. Mit vielen Fraktionen gibt es ein gutes Miteinander. Der Gemeinderat ist nach der Kommunalwahl vielfältiger geworden. Das macht es für alle schwieriger, Mehrheiten zu bekommen. Aber wir als SPD haben die schon vorher für unsere Anträge gebraucht. Damit waren wir erfolgreich – und ich bin zuversichtlich, dass das so bleibt.

Bürgermeister Höfer hat kritisiert, dass der Ton deutlich schärfer geworden sei.
Das gilt hauptsächlich zwischen den drei größten Ratsfraktionen (Grüne Liste, CDU und Freie Wähler, Anm. d. Red.). Und das hat, glaube ich, auch viel mit Zwischenmenschlichem zu tun. Wir arbeiten mit allen Fraktionen konstruktiv zusammen.

Vor der Wahl hatten Sie gehofft, dass sich die Gestaltungskraft der SPD im Ergebnis niederschlägt. Jetzt sitzen Sie nur noch zu viert im Gemeinderat. Was ist schiefgelaufen?
Das Wahlergebnis war für uns enttäuschend. Wir hatten uns mehr erhofft. Durch den Sitzverlust ist auch die Arbeit im Gemeinderat schwieriger geworden. Mit Irmgard Mohr fehlt uns eine Person, die im Schriesheimer Vereinsleben sehr gut vernetzt ist. Diesen Draht aufrechtzuerhalten, wird eine Herausforderung. Was uns im Wahlkampf nicht gelungen ist, war, das im Wahlergebnis deutlich gewordene Vertrauen in die Arbeit der Fraktion auf die Gesamtliste zu übertragen. Wir konnten diesen Vertrauensbeweis gegenüber unseren Stadträten nicht zum Vertrauensvorschuss für unsere Kandidaten ausweiten. Da hat sicher auch der Bundestrend eine entscheidende Rolle gespielt.

Irmgard Mohr hat die Rückkehr in den Gemeinderat nicht geschafft, dafür sitzt jetzt ein AfD-Stadtrat im Gremium, der so gut wie keinen Wahlkampf gemacht hat. Ist das frustrierend?
Natürlich. Da mussten wir uns alle erst mal schütteln und uns motivieren. Was wir in diesen Monaten in den Wahlkampf gesteckt haben, war eine riesige Kraftanstrengung. Mir tut das persönlich für Irmgard Mohr sehr leid, aber auch für andere Kandidaten, die es nicht geschafft haben.

Sie haben beim Antrag der beiden FDP-Stadträte, eine Fraktion bilden zu dürfen, gescherzt, ihre Zustimmung basiere darauf, dass die SPD bald selbst von einer Zweier-Fraktion profitieren könnte. Hilft nur noch Galgenhumor?
Irgendjemand hätte es sowieso gedacht oder gesagt, da kann man das ja schon mal scherzhaft vorwegnehmen. Aber wir machen uns als SPD in Schriesheim darum keine Sorgen. Unser Wirken hier vor Ort wird wahrgenommen. Ich hoffe, dass es auch im Bund wieder aufwärtsgeht.

Andere Fraktionen wollen sich in diesem Jahr schon auf einen Bürgermeister-Kandidaten für 2021 festlegen. Wird einer aus der SPD kommen?
Das weiß ich noch nicht. Die Fraktionen, die sich 2020 schon öffentlich damit beschäftigen wollen, tragen in Bund und Land keine Verantwortung. Wir haben als SPD in Schriesheim 2021 drei Wahlen zu bestreiten: Landtag im März, Bundestag im September und Bürgermeister im Dezember. Mit der Positionierung haben wir also noch ein bisschen Zeit.

Schließen Sie persönlich eine Kandidatur als Bürgermeister aus?
Auf einem der drei Stimmzettel 2021 wird mein Name stehen.

Was steht auf Ihrem Wunschzettel 2020?
Konzepte aus der Schublade holen und umsetzen, dass die KGS-Sanierung Fahrt aufnimmt und im Zeitplan bleibt – und eine Entscheidung zum Neubaugebiet.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung