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31.01.2020

Warum der Wald für die Gemeinde teurer wird

Warum der Wald für die Gemeinde teurer wird

Neuorganisation des Forsts wirkt sich vor allem auf Privateigentümer aus - Stadt zahlt rund 22.000 Euro mehr für Pflege und Holzverkauf

So grün wie im April 2019 präsentierte sich der Schriesheimer Wald in den vergangenen Jahren selten. Dürre und Schädlinge setzen den Bäumen zu. Die zuständigen Forstbehörden waren zum Jahreswechsel aber auch mit einer Strukturreform beschäftigt. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Michael Jakob und Walter Pfefferle sind Veränderungen gewohnt. Seit fast 40 Jahren arbeiten beide in der Forstverwaltung. Umstrukturierungen sind für die Revierförster, die in Schriesheim mehr als 1600 Hektar Wald betreuen, nichts Neues. "1998, 2005, 2011 – wir haben da schon einiges erlebt", sagt Pfefferle und lacht. Mit Beginn des Jahres 2020 sind in Baden-Württemberg wieder neue Regeln für den Wald, seine Besitzer und seine Pfleger in Kraft getreten. Jakob und Pfefferle müssen ihre Arbeit deshalb in manchen Bereichen anpassen – und für die Schriesheimer Stadtverwaltung wird die Pflege des Waldes teurer.

Die Ursache für die Reform ist eine Beschwerde der Sägewerk-Branche beim Bundeskartellamt: Weil die staatliche Forstverwaltung nicht nur das Holz aus dem Staatswald, sondern zum überwiegenden Teil auch das aus kommunalen und Privatwäldern verkaufe, entstehe eine unzulässige Vormachtstellung auf dem Markt. Das Kartellamt gab der Sägewerk-Branche recht, das Oberlandesgericht Düsseldorf ebenfalls. Also mussten neue Organisationsstrukturen her: Holzverkauf und Waldpflege durften nicht mehr bei der gleichen Behörde liegen.

Mit der nötigen Gesetzesänderung holte sich das Land auch die alleinige Zuständigkeit für seinen Staatswald – unter dem Namen "ForstBW". Diese Bezeichnung steht zwar noch auf der Berufskleidung der beiden für Schriesheim zuständigen Revierförster. "Das ist damit aber auch schon wieder Vergangenheit", sagt Pfefferle.

Das gilt ebenso für den Zuschnitt der Reviere. Die wichtigste Veränderung: Der Privatwald auf Schriesheimer Gemarkung – rund 170 Hektar, die etwa 300 Eigentümern gehören – ist jetzt Teil des Reviers Bergstraße-Steinachtal. Zuständig für die Pflege ist dort Förster Markus Stähle. "Dadurch soll die Betreuung des Privatwalds intensiviert werden", sagt Pfefferle. "Das ist das erklärte Ziel." Im Großen und Ganzen seien ihre beiden Reviere aber von größeren Veränderungen verschont geblieben, sagen Pfefferle und Jakob.

Für die Stadt Schriesheim verändert sich vor allem in finanzieller Sicht einiges. Nachdem der Gemeinderat Mitte Januar den neuen Verträgen mit der Unteren Forstbehörde beim Landratsamt zugestimmt hat, übernimmt die dort angesiedelte Holzverkaufsstelle künftig den Verkauf aller Holzarten aus dem städtischen Wald. Vor dem Jahreswechsel galt das nur für Nadelholz. Obwohl das Land den Städten und Gemeinden zum Beispiel wegen der Erholungsfunktion des Waldes einen "Mehrbelastungsausgleich" gewährt, wird die Pflege des kommunalen Waldes die Stadt Schriesheim künftig jährlich rund 22.000 Euro mehr kosten, wie Kämmerer Volker Arras bei der Sitzung des Gemeinderats anmerkte.

"Der Wald war uns schon immer lieb und teuer", sagte SPD-Stadtrat Rainer Dellbrügge. "Jetzt wird er noch teurer, hoffentlich haben wir ihn danach auch noch lieber." Die Holz-Vermarktung selbst in die Hand zu nehmen, wie zum Beispiel in Eberbach, sei für Schriesheim wegen des Mangels an Mitarbeitern und Know-how keine Option, sagte Bürgermeister Hansjörg Höfer. Der Gemeinderat stimmte den neuen Verträgen einhellig zu.

Damit werden Michael Jakob und Walter Pfefferle weiter den Schriesheimer Wald pflegen, wenn auch in leicht veränderten Gebieten. Sie wollen sich jetzt auf das Wesentliche konzentrieren. "Dürre, Borkenkäfer – der Wald leidet unter vielen Problemen", sagt Pfefferle. Und Jakob ergänzt: "Diese Reformen fressen viel Kraft. Wir sind aber guten Mutes, dass jetzt erst mal nichts Größeres mehr kommt."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung