Schriesheim im Bild 2023

01.07.2004

Reinecke auf der Veranda

Im südlichen Schriesheim gehen momentan junge Füchse in den Gärten ein und aus

Von Roland Kern

Schriesheim. Erst schnüffelte der kleine Fuchs vorsichtig an der Decke der Verandaliege. Wie gut das roch? Wie weich das war! Dann sprang er mit einem Satz auf das Bettchen und schlummerte sanft ein.

Die Bewohnerin der Schriesheimer Edelsteinstraße traute ihren Augen nicht, als sie einen leibhaftigen wilden Fuchs auf ihrer Terrasse schlafen sah wie ein Schoßhündchen. Die Frau war hin- und hergerissen. "Der ist ja so süß", fand sie auf der einen Seite. Auf der anderen Seite flößte ihr Meister Reinecke doch Furcht ein. Immerhin ist der Rotpelz ein wildes Tier - auch wenn es gerade nicht so aussieht. Vielleicht ist er Überträger von Krankheiten? Tollwut! Was ist mit den kleinen Kindern in der Nachbarschaft? Im ganzen südlichen Schriesheim, also den Straßen zwischen der Passein und dem Gewerbegebiet, zumeist in Richtung der Weinberge, haben Anwohner in den letzten Tagen immer wieder Füchse gesehen und sind verängstigt. Auch wenn die Tiere goldig aussehen, so wissen die Menschen ihre Zahmheit doch nicht richtig einzuschätzen. "Ich lass' nachts nicht mehr meine Terrassentüren auf", erklärte die Frau - die in den letzten Tagen übrigens zwischen den Jägern, dem Rathaus-Ordnungsamt und der Polizei hin- und hergeschickt worden ist. Niemand fühlt sich so richtig verantwortlich.

Walter Forschner, Schriesheims erfahrenster Jäger, warnt die Anwohner vor Panik. "Das sind Jungfüchse, die ihren Bau wahrscheinlich in den Weinbergen unterhalb der Strahlenburg haben und nach Nahrung suchen ", vermutet er. Sie seien recht zahm und man könne ausschließen, dass einer von ihnen an Tollwut erkrankt sei: "Die gibt es hier seit Jahren nicht mehr. " Lediglich warnt er davor, Obst oder Gemüse ungewaschen vom Boden zu essen, wegen des Fuchsbandwurms, den auch junge Tiere bereits (über-)tragen können. Wahrscheinlich sei das halbzahme Jungtier in wenigen Wochen schon von ganz alleine über alle Berge, weil die Elterntiere ihre Jungen ab einem bestimmten Alter aus dem Revier vertreiben. Deshalb hält er eine große Fangaktion jetzt für überstürzt. Forschner empfiehlt: "Die Leute sollen stolz darauf sein, dass sie einen Fuchs aufwachsen sehen, das erleben sie wahrscheinlich nie wieder."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung