Schriesheim im Bild 2023

11.04.2020

Was machen Weinhoheiten ohne Termine?

Was machen Weinhoheiten ohne Termine?

Ein Gespräch über den Mathaisemarkt, geplatzte Träume und Hoffnungen, die bleiben

Gruppenbild im Garten mit Mindestabstand: in der Mitte die Schriesheimer Weinkönigin Sofia Hartmann (20), links Prinzessin Fabienne Röger (18) und rechts Prinzessin Lena Meyer (21). Das Trio versteht sich nicht nur im Amt, sondern auch privat blendend. Foto: Dorn

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Das Leben in Zeiten von "Corona" ist ungerecht. Denn die drei Schriesheimer Weinhoheiten Sofia Hartmann (20), Fabienne Röger (18) und Lena Meyer (21) sind ein "Dream Team". Das Trio versteht sich nicht nur ganz hervorragend, alle Drei können reden – und haben auch etwas zu sagen. Doch dann machte die Pandemie die bisherigen Terminplanungen erst einmal zunichte. Wie geht man damit um? Was machen die Weinhoheiten jetzt? Die RNZ traf die Königin Sofia – sie ist die Enkelin des Ehrenbürgers Peter Hartmann (1914-2018) und war schon 2018/19 Prinzessin – sowie die Prinzessinnen Fabienne und Lena in Sofias Elternhaus in der Talstraße. Auch das Interview stand ganz im Zeichen von "Corona": Zum Gespräch auf der Terrasse maß Sofias Mutter Gerlinde Hartmann den Mindestabstand mit dem Zollstock nach.

Zunächst einmal, wie geht es Euch denn?
Sofia: Gesundheitlich ganz gut, aber es liegt doch ein Schatten auf allem. Wenn ich die Krone im Regal liegen sehe, dann bin ich schon traurig, denn ich weiß, was wir nun alles verpassen. Es ist so schade, dass wir gerade unser Amt nicht ausschöpfen können, besonderes tut mir das auch für meine Prinzessinnen leid. Und vor allem, weil niemand weiß, wann sich das mal ändert.
Fabienne: Mir geht es auch gut, aber da ist so ein komisches Gefühl. Man denkt immer, eigentlich könnte es losgehen, aber da kommt nichts. Immerhin haben wir die sieben Tage Mathaisemarkt genossen.
Lena: Auch ich bin gesund. Man schaut immer in den Terminkalender und überlegt, was man alles verpasst hat. Von "Corona" ist alles überschattet. Aber mir ist es lieber, wenn jetzt konsequent gehandelt wird, als wenn es eine Katastrophe wie gerade in Italien geben würde. Und doch habe ich die Hoffnung, dass immer noch Veranstaltungen mit uns stattfinden.

Wie sähe denn gerade Euer Terminkalender aus?
Sofia: Im März direkt nach dem Mathaisemarkt passiert erst einmal nichts. Das fängt dann erst wieder im April an, aber dann hätten wir jedes Wochenende Termine. Allein beim Maimarkt, der ja auch abgesagt ist, hätten wir vier Auftritte gehabt. Und nicht zu vergessen "Badische Bergstraße genießen", das "WG Clubbing" oder die Krönung in Hemsbach. Im Juli hätte uns der Bundestagsabgeordnete Karl A. Lamers nach Berlin eingeladen, das wäre schon ein Höhepunkt gewesen. Aber vielleicht hat sich ja bis dahin die Lage entschärft. Die richtige Hochphase ist dann der Hochsommer, mit den vielen Kerwen.

Ich nehme mal an, Ihr habt Euch seit dem Abbruch des Mathaisemarktes nicht mehr gesehen.
Sofia: Ja, tatsächlich treffen wir uns jetzt zum ersten Mal hier wieder. Wir nehmen die Kontaktsperre-Bestimmungen ernst.

Wie haltet Ihr denn untereinander Kontakt?
Lena: Wir alle sind in den Sozialen Medien aktiv und haben viel Kontakt miteinander, Wir haben eine eigene Whatsapp-Gruppe und machen viele Videokonferenzen oder tauschen Bilder bei Snapchat aus.

Apropos Mathaisemarkt: Steht Ihr zur Entscheidung, dass der erste Teil, inklusive Eurer Krönung, noch stattfand, obwohl man damals schon über "Corona" redete?
Sofia: Ja, und ich bin Bürgermeister Höfer dankbar, dass wir die Chance hatten, unser Amt antreten zu dürfen.
Lena: Das Argument, dass zu dieser Zeit Bundesligaspiele noch stattfinden durften, hat für mich heute noch Gültigkeit.
Fabienne: Man kann es in einer solchen Situation keinem recht machen. Ich kann Bürgermeister Höfer nur danken, dass er den Mut hatte, diese Entscheidung zu treffen, den Mathaisemarkt doch zu beginnen.

Habe ich gerade richtig gehört: Mut?
Alle: Ja, auf jeden Fall!
Lena: Es gab so viele Kritiker an dieser Entscheidung. Wir hatten viel Kontakt mit Bürgermeister Höfer in dieser Zeit. Und wir haben es ihm angesehen: Diese Entscheidung ging nicht spurlos an ihm vorbei.
Sofia: Das war ja auch immer die erste Frage, die an ihn gerichtet wurde. Immer musste er sich rechtfertigen. Das ist schon Stress. Aber man hat auch gemerkt, dass es dann auch mit der Unbeschwertheit des Mathaisemarkts vorbei war.

Aber damals gab es ja schon die Diskussion über Corona ...
Lena: Aber es war zu dieser Zeit auch so, dass Bundesligaspiele stattfinden durften. Wären die abgesagt worden, hätte ich auch eine Komplettabsage des Mathaisemarktes befürwortet.

Wie habt Ihr das empfunden: Warf "Corona" über Eure Krönung nicht schon einen Schatten?
Lena: Ich habe während des Mathaisemarktes gar nicht an Corona gedacht.
Sofia: Ich auch nicht. Ich habe noch nicht einmal Nachrichten geschaut.
Fabienne: Auch ich war glücklich, dass es die Krönung und den Umzug gab. Erst am Behördentag, am Dienstag, verdichteten sich die Gerüchte, dass der Mathaisemarkt abgebrochen wird. Am Tag drauf war es schon schwer, zur Weinprämierung zu gehen.
Lena: Ich fühlte mich da fast fehl am Platz, denn man wusste: Das war es jetzt mit dem Mathaisemarkt.
Sofia: Normalerweise fällt mir das Reden nicht schwer, aber bei der Weinprämierung kamen schon die Emotionen in mir hoch.

Wie habt Ihr den Donnerstag, den Tag der Absage erlebt?
Sofia: Wir wussten einfach nicht, wie es weitergeht. Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass auch der Maimarkt abgesagt wird – und dann fällt auch alles andere auf absehbare Zeit aus.
Fabienne: Ich habe erst dann realisiert, was das alles bedeutet. Das Schlimmste ist die Ungewissheit: Wenn wir jetzt schon wüssten, dass alles bis Juli ausfällt, dann könnte man sich damit abfinden. Aber im Moment weiß niemand etwas.

Und was tut Ihr gerade, so ganz ohne Termine?
Lena: Ich bin gut mit Arbeit eingedeckt. Ich arbeite bei der Stadt Heidelberg und mache zugleich ein duales Studium. Wir haben alle Sachen für die Vorlesung bekommen, und das erledige ich dann zuhause, also im Homeoffice. Für mich hat sich nicht so viel geändert, aber das Miteinander fehlt. Und ich vermisse meine Freunde.
Fabienne: Bei uns in der Volksbank hat sich alles total seit "Corona" verändert, ich arbeite in Heidelberg in der Hauptstelle am Service. Aber ganz ehrlich: Wenn ich den ganzen Tag zuhause wäre, würde mir die Decke auf den Kopf fallen.
Sofia: Ich arbeite auch. Homeoffice geht bei uns nicht, auch wenn wir im Dentallabor eine Notbesetzung haben. Aber die Arbeit ist eine gute Ablenkung.

Ich habe gehört, dass Du, Sofia, nach dem Mathaisemarkt sogar in Quarantäne musstest. Galt das auch für die anderen?
Sofia: Ja, ich war zwar komplett gesund, konnte es aber auch verstehen, dass ich zur Sicherheit zuhause bleiben sollte. Aber ich war mit meinem Arbeitgeber in telefonischem Kontakt. Und man muss auf Holz klopfen, dass – soweit wir heute wissen – sich niemand auf dem Mathaisemarkt infiziert hat.
Fabienne: Ich war nicht in Quarantäne. Als ich dann zur Arbeit gekommen bin, haben meine Kollegen immer Scherze gemacht, weil ich auf dem Mathaisemarkt war.
Lena: Ich war ja im Homeoffice.

Und was macht Ihr momentan, wenn Ihr nicht arbeitet?
Fabienne: Sport!
Lena: Unser Handball-Training ist abgesagt, da gehe ich ab und zu joggen.
Sofia: Ich habe es nicht so mit dem Sport, ich male gern. Und ich habe das Handwerken entdeckt.

Ihr habt gesagt, dass Ihr untereinander Kontakt haltet. Aber wie informiert Ihr die Öffentlichkeit, was Ihr gerade macht? Schreibt Ihr was auf Facebook?
Fabienne: Seit dem Mathaisemarkt noch nicht.
Lena: Wir wollen mit unserer Zurückhaltung auch mit gutem Beispiel vorangehen: Wir bleiben zuhause – auch wenn das bei diesem Wetter schwerfällt.
Sofia: Auf Facebook und Instagram stellen die Badischen Weinhoheiten und die Bereichshoheiten ihre Lieblingsweine vor. Da wollen wir mitmachen.

Und was würdet Ihr empfehlen?
Sofia: Riesling, Grauburgunder und als etwas Süßes zum Nachtisch einen Gewürztraminer.
Fabienne: Riesling, Grauburgunder und Weißherbst.
Lena: St. Laurent und Silvaner. Mittlerweile haben mich die beiden auch vom Riesling überzeugt.

Ihr seid also eher Weißweintypen?
Lena: Ja, weil die leichter sind. Das ist aber temperatur- und stimmungsabhängig.
Sofia: Der Riesling ist als Sorte sehr wandlungsfähig, von fruchtig bis trocken ist alles drin.

Ihr klingt ja wie Experten. Habt Ihr das alles vor der Krönung schon gewusst, oder musstet Ihr Euch das anlesen?
Lena: Ich bin ja gerade im Homeoffice und habe Zeit, mich da reinzuarbeiten. Aber wenn man die Liebe zum Wein und die Verwurzelung zur Gegend nicht hätte, würde man das nicht machen. Und so habe ich mir das nötige Wissen über Fachbücher angelesen – und viel gelernt.
Sofia: Man entwickelt sich auch weiter, es ist schön, wenn man verschiedene Weine miteinander vergleicht und ein Gefühl dafür bekommt Unterschiede herauszuschmecken.
Fabienne: Ich bin da von klein auf hineingewachsen. Mein Vater ist ja auch nebenberuflicher Winzer.

Habt Ihr wie Fabienne Erfahrung im Wingert?
Lena: Weil ich aus Oberflockenbach komme, kenne ich eher Streuobstwiesen und Apfelsaft. Aber weil ja meine Oma aus Schriesheim stammt und wir ein Grundstück hatten, habe ich Kindheitserinnerungen an die Arbeit im Wingert.
Sofia: Ich helfe beim Herbsten, bei meinem Onkel und meinem Patenonkel, dem Winzer Georg Bielig.

Lena, hast Du jemals Vorbehalte gehört, dass Du nicht aus Schriesheim kommst?
Lena: Nein, die Schriesheimer sind ein ganz offenes Volk, das hat schon meine Mama gesagt. Ich bin hier sehr gut und sehr herzlich aufgenommen worden. Vielleicht nehme ich, gerade weil ich nicht aus Schriesheim stamme, meine Aufgabe auch besonders ernst.

Ich habe den Eindruck, dass Ihr Euch gut versteht ...
Lena: Das ist auch ein richtiges Glück!
Fabienne: Ich kannte Sofia schon vorher, und Lena ein bisschen vom Handball – als Gegnerin. Aber beim ersten Treffen war es so, als würden wir uns schon ewig kennen.
Lena: So ist es. Ich kannte Sofia, weil meine Oma in der Nachbarschaft wohnt.
Sofia: Und weil wir uns so gut verstehen, ist es umso trauriger, dass wir uns nicht so oft sehen, wie es eigentlich geplant war.
Fabienne: Es wäre viel schöner, wenn man jetzt ein Glas miteinander trinken könnte.

Trinkt Ihr denn wenigstens privat Wein?
Sofia: Am Wochenende mal ein Gläschen.

Sofia als ehemalige Prinzessin scheint ja Euer "Leithammel" zu sein, oder?
Lena: Sofia kennt sich wirklich gut aus und hilft einem immer weiter – und sie ist in Schriesheim sehr gut vernetzt.
Fabienne: Sie kann man immer fragen. Und bei der Krönung, als ich echt aufgeregt war, hat sie mich auch immer beruhigt.

Ihr habt auch gehört, dass die Winzergenossenschaft als Euer "Arbeitgeber" Kurzarbeit angemeldet hat. Was geht Euch da durch den Kopf?
Sofia: Uns tut es um die Angestellten leid, die jetzt um ihre Existenz kämpfen. Aber wir hoffen, dass die Winzergenossenschaft und alle Weingüter durchhalten!

Was haltet Ihr von der Idee, dass es an den Ortseingängen mal ein Plakat von Euch als Weinhoheiten gäbe?
Fabienne: Das fände ich gut. Gerade in dieser Zeit, in der wir nicht so präsent sein können.
Sofia: Hemsbach und Lützelsachsen haben ja auch ein Schild.

In der Pfalz hängt sogar an den Privathäusern der Weinhoheiten so ein Schild. Hättet Ihr auch gern so eines?
Sofia: Mir persönlich wäre das zu viel, so ein riesengroßes Schild an der Fassade.
Fabienne: Das wäre mir auch unangenehm. Schilder am Ortsanfang fände ich besser.

Da war die Welt noch halbwegs in Ordnung: die Krönung am 7. März im Funkenregen. Foto: Dorn

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung