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30.04.2020

Schriesheim-Altenbach: Wie das schnelle Internet Verwirrung und Streit stiftet

Wieso erhalten nur zehn Prozent der Altenbacher Glasfaser? Es kam zu einer heftigen Debatte im Ortschaftsrat.

Von Micha Hörnle

Schriesheim-Altenbach. Das schnelle Internet per Glasfaser: Was als große Verheißung des kreiseigenen Unternehmens "Zweckverband Highspeed Rhein-Neckar" (auch "Fibernet.rn" genannt) für Altenbach begann, scheint im Moment eher zu Verwirrung zu führen. So gab es bei der Ortschaftsratssitzung am Dienstag völlig verschiedene Stimmen: Ein Anwohner wunderte sich, wieso ganz Ursenbach ans Glasfasernetz angeschlossen werden soll, aber Altenbach nur zum Teil. Außerdem seien die Anschlusskosten in Ursenbach viel geringer als hier: "Ich bin davon ausgegangen, dass die Moderne für alle stattfinden soll. Gibt es denn nicht gleiches Recht für alle, bin ich nun Bürger dritter Klasse?"

Ein anderer wiederum will "nicht von der Telekom weg". Er findet die Anschlusskosten von fast 1200 Euro zu hoch und meint: "Mich kann doch niemand von der Telekom wegzwingen." Unter den Zuhörern hatte sich eine muntere Debatte entsponnen, ob man denn nun weiter bei der Telekom bleiben dürfe, und ob dieser Anbieter denn dennoch vorhabe, seine alten Kupferkabel in Altenbach durch das sogenannte Vectoring technisch aufzumotzen.

Und mittendrin saß Ortsvorsteher Herbert Kraus, der einerseits redlich versuchte, Antworten auf die Fragen zu geben, und sich gleichzeitig leidenschaftlich mit Ortschaftsrat Christian Wolf (Grüne Liste) stritt. Der alte Streit hat auch einen sachlichen Hintergrund: Denn es ist in Altenbach (wie auch im Schriesheimer Gemeinderat) nicht unumstritten, dass "Fibernet.rn" für viel Geld der Stadt Schriesheim Glasfaser durch das Dorf ziehen lässt, von dem aber nur etwa zehn Prozent der Altenbacher – und zwar die, die direkt an der Hauptstraße wohnen – profitieren werden. Schließlich hätte auch die Telekom angeboten, die alten Telefon-Kupferleitungen per "Vectoring" für höhere Internetgeschwindigkeiten bereit zu machen – und zwar kostenlos. Nur: Davon hätte Ursenbach nichts gehabt, und im Rathaus wollte man auch den kleinsten Stadtteil mit moderner Glasfasertechnik versorgen. Es ist im Grunde die Wahl zwischen einer Gratis-Lösung der Telekom mit etwas schnellerem Internet als bisher für Altenbach (aber ohne Ursenbach) – dafür steht Wolf – und einem ganz schnellen Internet für wenige Altenbacher und einem weniger schnellen für die meisten im Dorf (aber mit Ursenbach) – das ist die Position von Kraus.

Wer nicht will, muss nicht den Anbieter wechseln

Der Ortsvorsteher beteuerte ein ums andere Mal, im Grunde werde jeder Haushalt in Altenbach mit zumindest halbwegs schnellem Internet versorgt. Zunächst natürlich mit ganz schnellem die gut 80 Haushalte an der Hauptstraße mit Übertragungsgeschwindigkeiten von 300 MBit pro Sekunde, aber auch für den Rest gäbe es nun bald 50 MBit: "Schon mit 16 MBit ist Homeoffice möglich – und auf jeden Fall eine Verbesserung zu heute mit nur drei bis fünf MBit." Es werde auf jeden Fall "noch Jahre dauern, bis ganz Altenbach Glasfaser bekommt". Und Wolf schleuderte Kraus entgegen: "Das wird nie kommen, das ist nicht zu bezahlen. Das kostet mindestens 1,5 Millionen Euro!"

Eine RNZ-Anfrage bei Thomas Heusel von "Fibernet.rn" bringt da etwas Licht ins Dunkel: "Wir bauen das Glasfasernetz in Altenbach eigentlich gar nicht aus. Der Ort hat eher Glück, dass durch ihn, von Wilhelmsfeld kommend, eine Glasfaserhauptleitung gelegt wird." Und die verläuft nun mal entlang der Hauptstraße – und nur hier profitieren die direkten Anwohner von ganz schnellem Internet. Zugleich werden an die Glasfaser die acht Telekom-Verteilerkästen angeschlossen, aber von dort aus geht es nur noch über die alten Kupferleitungen in die Haushalte. Immerhin, so Heusel (und bestätigt damit Kraus): Auch für diese Haushalte wird das Internet mit der VDSL-Technik schneller, aber eben kein Vergleich zur Glasfaser. Und eben auch kein Vergleich zum vom Gemeinderat ausgeschlagenen "Vectoring"-Angebot der Telekom: Das, so Heusel, schaffe Geschwindigkeiten von 100 MBit (und bestätigt somit Wolf).

Müssen nun die Altenbacher zu "Fibernet.rn" beziehungsweise zum bisher einzigen Anbieter "Netcom-BW" wechseln? "Nein", sagt Heisel, "wir reißen ja die alten Kupferleitungen nicht raus. Es gibt noch das alte Telekom-Signal." Wer mit dem jetzigen Standard zufrieden ist, kann bei seinem Anbieter bleiben. Ein Telekomsprecher erklärte auf RNZ-Anfrage, dass sein Unternehmen den Altenbachern keine Vectoring-Technik anbieten wird: "Die meisten Verteiler wurden dem Wettbewerber ("Fibernet.rn", Anm. d. Red.) zugesprochen. Ein Ausbau unsererseits hätte sich wirtschaftlich nicht gerechnet. Wir empfehlen unseren Kunden, im Telekom-Shop nachzufragen, ob sie über einen Hybridrouter zusätzliche Bandbreite erhalten können."

Und die letzte Frage: Wieso ist der Glasfaseranschluss in Ursenbach billiger als in Altenbach? "Ursenbach ist ein Sonderfall", so Hensel. "Die Netze-BW verlegen dort die Stromkabel in die Erde. Wir haben uns also an diese Baustelle drangehängt. Das macht es einfach günstiger. Man kann auch sagen: Ursenbach hat Glück gehabt."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung