Schriesheim im Bild 2023

18.07.2020

Alles Wissenswerte rund ums Trinkwasser

Die Geschäftsführerin der Wasserversorgung, Claudia Harms, erklärt, woher das Nass aus dem Hahn kommt und welche Probleme es gibt

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Da sage noch einer, Trinkwasser aus der Leitung sei das Selbstverständlichste von der Welt. Diese Erfahrung mussten die Altenbacher erst am 30. Juni machen, als sie für 19 Stunden auf dem Trockenen saßen – ein Riss in der Hauptwasserleitung war schuld. Immerhin übernahm die Feuerwehr die Notversorgung mit zwei Zapfstellen auf dem Dorfplatz.

Die RNZ sprach mit der Geschäftsführerin der Wasserversorgungs- und -entsorgungsgesellschaft Schriesheim (WVE). Diese wurde vor 20 Jahren gegründet: Als erste Kommune in Baden-Württemberg gründete sie im Mai 2000 eine Kooperationsgesellschaft mit der Mannheimer MVV-Energie und dem Abwasserspezialisten AWS, die seither für sämtliche Neuinvestitionen sowie für alle betrieblichen Belange zuständig ist.

Der Grund lag darin, dass eine kleine Stadt wie Schriesheim nicht mehr allein die komplexen Anforderungen der Wasserver- und -entsorgung stemmen konnte. Bei der WVE hält die Stadt 51 Prozent, den Rest teilen sich MVV und AWS. Und so ist Harms auch bei der MVV angestellt. Das Schriesheimer Wassernetz ist etwa 80 Kilometer lang, hat vier Wasserspeicher und ein Wasserwerk. Der Jahresverbrauch liegt bei etwa 900.000 Kubikmetern.

Frau Harms, woher kommt eigentlich das Trinkwasser in Schriesheim?
Die Trinkwasserversorgung in Schriesheim und seinen Ortsteilen hat drei Standbeine: In Altenbach und Ursenbach wird Grundwasser vom Zweckverband Gruppenwasserversorgung Eichelberg mit Sitz in Wilhelmsfeld bezogen, in Schriesheim entweder ebenfalls Grundwasser vom Lobdengauverband aus Ladenburg oder aus den beiden Quellen Plattengrube und Leopoldgrund.

Wie viel Prozent bekommen hartes Grundwasser und weiches Quellwasser?
20 bis 30 Prozent stammt aus Quellwasser – dieser Anteil ist aber davon abhängig, wie sie schütten. Der Rest ist Grundwasser von beiden Verbänden.

Was sind die Probleme mit dem Grundwasser? Das Wasser vom Lobdengauverband ist ja nicht nur hart, sondern auch mit Nitrat belastet, oder?
Der Härtegrad selbst sagt nichts über die Qualität als Trinkwasser. Deshalb hat die Härte auch in der Trinkwasserverordnung keinen Grenzwert. Sie ist daher in diesem Sinne auch kein Problemparameter für das Trinkwasser, sondern spielt natürlich vor allem bei der Nutzung im Haushalt eine Rolle. Bei Nitrat ist das selbstverständlich anders. Hier liegt der Grenzwert der Trinkwasserverordnung bei 50 Milligramm pro Liter. Der Nitratwert des Trinkwassers, das wir vom Lobdengauverband beziehen, liegt unterhalb dieses Wertes.

Was kann man gegen die Härte tun? Könnte man nicht theoretisch das Wasser schon bei der Förderung entkalken?
Ja, das ist im Grundsatz möglich. Wasser kann durch verschiedene technische Verfahren enthärtet werden. Allerdings ist das sehr kostenintensiv. Da dieser Parameter gesundheitlich völlig unbedenklich ist, wird das Wasser in Schriesheim in Bezug auf die Härte nicht behandelt.

Wie sieht es mit Nitrat oder Nitrit aus?
Es gibt technische Verfahren zur Nitratentfernung für Rohwasser, aber diese sind aufwändig. Daher liegt der Schwerpunkt auf dem Schutz des Grundwassers vor einem Eintrag von Nitrat.

Quellwasser hat ein gutes Image, eigentlich möchte das jeder haben. Wieso bekommt es nicht jeder?
Ja, das ist richtig und nachvollziehbar. Das Oberflächenwasser ist sehr stark abhängig von den Niederschlagsmengen. Die Quellen sind nicht so ergiebig wie die sehr ergiebigen Grundwasserleiter im Rheingraben.

In Schriesheim mussten im Mai erst zwei Quellen vom Netz genommen werden, weil sie nicht genug schütten. Hat sich die Lage gebessert?
Die Lage ist weiterhin angespannt, da es zu wenig Niederschlägen, gerade im Winterhalbjahr, gekommen ist.

Wie kommt es denn, dass die Quellen nicht mehr genug schütten?
Um es einfach auszudrücken: Der Nachschub fehlt. Als Grund vermuten wir den Klimawandel.

Schriesheim gilt mit seinen vielen Bächen als ziemlich wasserreich. Wieso "zapft" der Wasserversorger WVE nicht mehr Quellen an?
Bei einer solchen Entscheidung sind viele Rahmenbedingungen zu beachten. So wurde vor einigen Jahren versucht, die Genehmigung für die Fassung einer weiteren Quelle, der Drachendellquelle, einzuholen. Aufgrund naturschutzrechtlicher Belange war dies aber nicht möglich.

Sie haben, kurz nachdem es zu dem Ausfall der Trinkwasserversorgung in Altenbach gekommen war, erklärt, dass es in der Kernstadt große Wasserverluste gibt. Woran liegt das – und was tut die WVE dagegen?
Wasserverluste entstehen insbesondere durch Schäden an den Trinkwasserrohren aufgrund von Alterung, Materialproblemen und/oder fehlerhafter Verlegung. Die WVE arbeitet gemeinsam mit der Gemeinde an diesen Themen und verfolgt dabei mehrere Strategien zur Reduzierung der Wasserverluste: Verlustmessungen am Rohrnetz, Messungen der Nachtabsenkungen und Austausch auffällig gewordener Wasserleitungen im Rahmen von Investitionsprojekten – wie es ja gerade auch im Großen Mönch und im Kehlweg geschieht.

Der Ausfall in Altenbach lag an einem gerissenen Rohr des Zweckverbands Gruppenwasserversorgung Eichelberg. Ist so ein verhältnismäßig kleiner Verband strukturell überhaupt in der Lage, ein so großes Gebiet – von Heiligkreuzsteinach bis hin zu Altenbach und Ursenbach – mit Wasser zu versorgen?
Ich bitte um Verständnis, dass ich Sie hierzu an die Kollegen in Wilhelmsfeld verweise.

Müsste es nicht einen "Masterplan Wasserversorgung" geben, um mit den vielen Schwierigkeiten, mit denen die unterschiedlichen Netze zu kämpfen haben, mal langfristig "aufzuräumen"?
Genau daran wird bereits gearbeitet. So entwickelt das Land derzeit einen solchen Masterplan, um auch in Zukunft den Bürgerinnen und Bürgern eine sichere und gesunde Wasserversorgung bieten zu können.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung