Schriesheim im Bild 2023

14.09.2020

Schulleiterin Sabine Grimm über sinkende Schülerzahlen und den Schulstart

Sabine Grimm leitet die Kurpfalz-Grundschule – "Ich habe in der Krise gelernt, flexibel zu sein"

Von Maren Schenk

Schriesheim. Die Corona-Krise hat auch die Kurpfalz-Grundschule auf Trab gehalten. Im RNZ-Gespräch erklärt Schulleiterin Sabine Grimm, warum es im jetzt beginnenden nächsten Schuljahr weniger Erstklässler gibt, was sich wegen Corona ändern sollte und was sich baulich an der Schule tut. Außerdem erläutert sie, wie die Schulleiter derzeit ihre Funktion als Schnittstelle zwischen Politik und Eltern erfüllen.

Wie viele neue Erstklässler kommen nach den Ferien in die Grundschule?
Im neuen Schuljahr erwarten wir 57 neue Erstklässler. Die Schülerzahlen sind auch in der Kurpfalz-Grundschule rückläufig.

Warum gibt es nächstes Schuljahr weniger Erstklässler als in den Jahren davor?
Es gab mehr Rückstellungen – also Kinder, die erst im August oder September ihren sechsten Geburtstag feiern, bleiben noch ein Jahr länger im Kindergarten. Und wir hatten mehr Schulbezirkswechsel in die Strahlenberger Grundschule als sonst.

Woran könnte das liegen?
Es könnte an der Sanierung des Gymnasiums und der Baustelle liegen. Außerdem sind das Schulgebäude und der Pausenhof nicht besonders schön. Und leider ist der Ruf unserer Schule noch immer nicht gut. Das Halbtag-Ganztag-Konzept kommt nicht so richtig bei den Eltern an. Dabei ist das pädagogische Konzept an unserer Schule gut, wir haben ein junges, engagiertes Team, wir haben unter Corona-Bedingungen vieles auf den Weg gebracht, auch Digitales – trotzdem ist es schwer, das Konzept mit all seinen Möglichkeiten in die Elternschaft zu transportieren.

Digitales war vor allem zu Beginn der Pandemie nötig, als alle Kinder im März plötzlich zuhause bleiben und dort unterrichtet werden mussten. Wie hat das geklappt?
Nach einem holprigen Start haben wir uns schnell digital aufgestellt. Wir haben "Padlet" eingerichtet, eine digitale Pinnwand für die Schule – passwortgeschützt, datenschutzkonform. Damit können Lehrer, Schüler und Eltern Inhalte austauschen, Hausaufgaben verteilen, Rückmeldungen geben und anderes. Für die zehn bis 15 Schüler, die wir digital nicht erreichen konnten, haben wir Material ausgedruckt und auf den Fensterbänken vor dem Sekretariat bereitgestellt. Dorthin wurden die Hausaufgaben auch zurückgebracht. Unsere Lehrer haben auch Telefonate mit ihren Schülern geführt und Videokonferenzen abgehalten. Das war aber einigen Eltern zu wenig – sie wünschten sich Unterricht per Videokonferenz. Das ging aber nicht. Ein paar Kinder haben wir allerdings nicht erreicht.

Nach den Pfingstferien besuchten dann alle Kinder wieder die Grundschule, zuerst als kleine Gruppen im rollierenden System, dann im Klassenverband. Wie verlief der Präsenzunterricht?
Zuerst: Die sozialen Kontakte waren gut für die Kinder! Zum Teil waren die Eltern "strenger" als die Lehrer, und so freuten sich die Schüler wieder auf ihre Lehrer. Der Unterricht in Kleingruppen war gut, um Lerndefizite bei einzelnen auszugleichen. Eher lernschwache Kinder wurden aber während der Homeschooling-Zeit zum Glück nicht noch schlechter. Der Präsenzunterricht mit ganzen Klassen war Frontalunterricht, ohne Gruppenarbeit. Bei Lernstands-Erhebungen am Ende des Schuljahrs stellten wir fest, dass bestimmte Themen in Mathematik nicht so gut erarbeitet werden konnten, ebenso die Aufsatzerziehung in Deutsch. Die Rechtschreibung wurde dagegen gut geübt. Wir knüpfen jetzt an den jeweiligen Stand an und gehen sehr auf die Kinder ein – auch auf die, die aus dem Kindergarten kommen und die Schule noch nicht kennen.

Welche Aktivitäten fanden wegen der Corona-Krise nicht statt?
Es gab zum Beispiel keine AG-Angebote von externen Partnern für unsere Ganztags-Schüler. Aber wegen Corona wechselten im letzten Schuljahr mehr Kinder vom Ganztag zum Halbtag, sodass der Bedarf geringer war. Aber nächstes Schuljahr bleiben die Ganztags-Schüler wieder bis 16 Uhr in der Schule. Daher werden wir montags AGs anbieten, die Lehrer durchführen – wie die Schulhaus-Schulhof-AG, mittwochs Sport- oder Kreativprojekte von externen Mitarbeitern. Dabei müssen wir darauf achten, dass sich die Gruppen nicht durchmischen.

Wie setzen Sie das Geld für Digitalisierung ein?
Wir haben selbst angestoßen, dass wir von der Hopp-Foundation Gelder für einen Klassensatz iPads erhalten – zum Einsatz im Unterricht und zum Ausleihen bei Bedarf. Zusätzlich werden wir Geräte aus dem Sofortprogramm des Landes erhalten. Wir arbeiten dafür mit dem neuen EDV-Team der Stadt zusammen, das läuft gut. Außerdem haben wir bereits seit einem Jahr einen Arbeitskreis Medien an der Schule, dem Konrektor Sascha Barembruch, Lehrer und Eltern angehören. Die Teilnehmer beraten, wie sie die Digitalisierung an der Schule voranbringen. Sie treiben den Medienentwicklungsplan voran, den jede Schule erstellen muss – verpflichtend vom Land. Es wird etwa diskutiert, welche Themen man in welcher Klassenstufe digital erarbeiten kann oder auch, wie Computer funktionieren und wie man damit umgeht. Unterstützt werden wir von Beratern der Landesmedienstelle Heidelberg.

Was haben Sie aus der Krise gelernt?
Ich habe gelernt, flexibel zu sein! Dauernd gab es spontane Änderungen vom Kultusministerium – die oft auch nur vage waren. Schade war, dass wir Schulleiter nicht auch mal gefragt wurden – gewünscht hätte ich mir zum Beispiel eine Plattform für Ideen von Schulleitern zur Schulöffnung oder zum rollierenden System. Was ich auch gelernt habe, ist Gelassenheit. Und ich bin noch mehr in meiner Funktion als Schulleiterin angekommen. Es gab viele Infos, die vom Kultusministerium kamen, und dies als Zwischenglied weiterzugeben, war eine besondere Facette meines Berufsbilds. Es ist schwer für Außenstehende, die nicht im schulischen Umfeld arbeiten, alles nachzuvollziehen. Da habe ich sehr viel im direkten Austausch mit den Eltern gelernt. Was insgesamt gut war: Wir sind als Schulgemeinschaft zusammengerückt. Es ist uns gelungen, die Krise gemeinsam zu lösen. Unser Schulmotto "Miteinander – Füreinander" wurde noch mehr als bisher umgesetzt. Die Kinder haben alles bestens gemacht! Wir haben die Regeln besprochen, auch Respekt vor Älteren, die es zu schützen gilt mit dem eigenen Verhalten – und die Kinder haben alles prima umgesetzt.

Gibt es "Lernbrücken" in den letzten beiden Ferienwochen, um Lernrückstände bei einzelnen aufzuholen?
Nein. Wir haben zwar Bedarf, bei manchen Schülern Stoff aufzuarbeiten, aber dafür sind die vom Land vorgesehenen zwei Wochen zu kurz. Wir werden stattdessen im nächsten Schuljahr eine andere Förderung für die Kinder unserer Schule anbieten: "Lesen macht stark" und "Mathe macht stark". Wir orientieren uns am Konzept der "Lernbrücken" und bieten für bestimmte Schüler pro Woche eine Stunde Deutsch- und Mathe-Förderung an.

Wie geht es jetzt, nach den Ferien, mit dem Unterricht weiter?
Die Schüler betreten in Gruppen von 16 Schülern am Morgen das Schulhaus, alle paar Minuten eine neue Gruppe, der Rest wartet auf dem Hof. Eigentlich wollte ich einen gestaffelten Beginn, aber das scheiterte am Widerstand mancher Eltern. Singen im Musikunterricht bleibt verboten. Sport ist wieder erlaubt, auch Schwimmen, aber der normale Sportunterricht sollte solange wie möglich im Freien stattfinden. Die Mensa wird nach den Ferien wieder öffnen und warmes Essen für die Ganztags-Schüler anbieten. Allerdings wird das Essen wegen der Sanierung nicht im Gymnasium gekocht, sondern von der SRH geliefert. Wir werden weiterhin regelmäßig stoßlüften, alle 45 Minuten. Die Abstandsregeln der Kinder untereinander sind zwar gefallen, aber zu Erwachsenen muss Abstand eingehalten werden, ebenfalls diese untereinander. Bei Kindern besteht zwar keine Maskenpflicht, aber wir empfehlen immer noch die AHA-Regel: Abstand – Handhygiene – Alltagsmaske! Auf Wunsch des Kollegiums stehen vor jedem Lehrerpult Plexiglasscheiben.

Wie bereiten Sie sich auf mögliche Klassen- oder Schulschließungen vor?
Wir werden "Padlet" auch im nächsten Schuljahr nutzen. Sollte es zu Klassenschließungen kommen, müssen wir wieder aufs Homeschooling umsteigen. Das hat übrigens gut geklappt, als wir vor Kurzem eine Klasse wegen eines Infektionsfalls zuhause unterrichten mussten.

Bleiben Schüler oder Lehrer zuhause, weil sie einer Risikogruppe angehören?
Ja. Es werden rund zehn Schüler nicht die Schule besuchen, sondern weiterhin digital unterrichtet werden. Und zwei Lehrer werden von zuhause andere Aufgaben erledigen und ihre Kollegen unterstützen.

Was sollte sich Ihrer Meinung nach ändern nach den Ferien?
Ich wünsche mir eine Hotline beim Kultusministerium oder beim Schulamt – bisher sind die Äußerungen des Ministeriums wachsweich. Wir haben zwar freie Hand, aber besser wäre ein roter Faden bei den Handlungsanweisungen. Beispiel Maskenpflicht: Die Kultusministerkonferenz hat eine Maskenpflicht auf dem Schulweg bis ins Klassenzimmer beschlossen, aber umsetzen müssen es die Länder – so entsteht ein Flickenteppich an unterschiedlichen Vorgaben.

Wie klappt die Zusammenarbeit mit der Stadt und mit anderen Schulleitern?
Die Zusammenarbeit mit der Stadt hat sich positiv entwickelt, ich bin sehr zufrieden. Es gibt Runde Tische, das erleichtert die Arbeit sehr. Auch die Zusammenarbeit mit dem neuen Hauptamtsleiter, Dominik Morast, ist sehr gut. Ich bekomme zwar nicht alle Wünsche erfüllt, aber sie werden mit einer guten Begründung abgelehnt, warum es gerade jetzt nicht klappt (lacht). Der Austausch unter den Schulleitern wurde besser, wir Grundschulleiter an der Bergstraße tauschen uns regelmäßig aus – das half auch beim Thema "Lernbrücken".

Und wie ist die Zusammenarbeit mit den Eltern?
Wir haben den Eindruck: Manche Eltern sind über-fürsorglich, trauen ihren Kindern keine Selbstständigkeit zu, kontrollieren sie etwa über smarte Uhren. Dafür gibt es einen Begriff: "Schneeschiebereltern" – Eltern, die alle Probleme aus dem Weg räumen. Wir wünschen, dass Eltern ihren Kindern Verantwortung zugestehen.

Wie geht die Sanierung der Grundschule weiter?
Während der Schulschließung konnten viele Umbau- und Sanierungsarbeiten gemacht werden, auch jetzt in den Ferien wird weiter gearbeitet. Die Schulmensa wurde verkürzt, sodass ein neuer Bewegungs- und ein Lese-Ruhe-Raum entstanden sind. Es wurden ein Raum für das Konrektorat und einer für die Kernzeitbetreuung geschaffen. Die Schülertoiletten wurden umgebaut. Die Firma Meffert fertigte Schränke für das Lehrerarbeitszimmer an, ebenso Schrankvitrinen und Schränke für den Flur. Und gerade werden die Wände vor dem Sekretariat gestrichen. Ein Dankeschön an Karina Mayer vom Bauamt, ohne die vieles nicht so reibungslos liefe.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung