Schriesheim im Bild 2023

23.09.2020

Wie ein Dorfladen in Altenbach funktionieren könnte

Einzelhandelsexperte erklärte, worauf es ankommt: Halbwegs breites Sortiment, Frische, Regionalität, nicht zu hohe Miete und viele Helfer

Von Karin Katzenberger-Ruf

Schriesheim-Altenbach. Wäre in Altenbach ein genossenschaftlich geführter Dorfladen überlebensfähig? Um diese zentrale Frage ging es bei einer Informationsveranstaltung in der Mehrzweckhalle. Matthias Prüller, Prokurist der auf Markt- und Standortanalysen spezialisierten Imakomm-Akademie GmbH Aalen, stellte dazu eine von der Stadt in Auftrag gegebene Studie zum Thema vor. Demnach müsste eine Genossenschaft vor der Gründung eines Ladens mindestens 100 Mitglieder haben und über ein Startkapital von rund 70.000 Euro verfügen. Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften wäre außerdem eine Kundenzahl von 100 bis 150 und ein Umsatz von mindestens 1000 Euro am Tag.

"Ich empfehle Ihnen daher dringend, eine Bürgerbefragung durchzuführen, um zu erfahren, ob sie in der Bevölkerung genügend Rückhalt für so ein Projekt haben", so Prüller. Er präsentierte weitere konkrete Zahlen: Ein Dorfladen, zugeschnitten auf die Größe von Altenbach mit rund 1900 Einwohnern, sollte etwa 100 bis 200 Quadratmeter groß sein und etwa 3000 Artikel im Sortiment haben. Wichtig: Bei der Nutzfläche sollte das Lager nicht vergessen werden! Müssen die Räumlichkeiten angemietet werden, sollte die Miete vier Euro pro Quadratmeter nicht übersteigen.

"Ohne Ehrenamtliche im Verkauf geht eigentlich gar nichts", sagte der Prokurist. Außerdem sollte die Genossenschaft auf längere Sicht 300 bis 400 Anteilseigner anstreben. "Die ersten 100 müssen vor allem Werbung für die Sache machen", so seine Empfehlung. Damit zu den Waren: Hier könnte ein Dorfladen durch Regionalität und Frische punkten. Backwaren sowie Fleisch- und Wurstwaren, aber auch Obst und Gemüse sollten demnach unbedingt im Angebot sein, gerne auch Tiernahrung und einige Zeitschriften. Service- und Dienstleistungen, etwa eine Postagentur, und der Verkauf von Speisen und Getränken vor Ort, können einen Dorfladen zum beliebten Treffpunkt machen und auch zum "Mitnahmeeffekt" führen, weiß der Fachmann. Will heißen: Es werden dann doch Waren gekauft, die im Supermarkt preiswerter wären.

Der Erfolg hängt seiner Schilderung nach aber auch von den Öffnungszeiten ab. Was wiederum bedeutet, dass man ziemlich früh auf sein muss. "Sie müssen an die Pendler denken!", so Matthias Prüller. Seinen Worten nach müsste ein Dorfladen in Altenbach vor allem auf die eigene Kaufkraft am Ort setzen. Kunden aus den Nachbardörfern wird es eher nicht geben. Auch, weil sie zu weit entfernt liegen – von Ursenbach einmal abgesehen. Die jährliche Kaufkraft, bezogen auf Altenbach und Ursenbach, bezifferte er auf rund 5,9 Millionen Euro beziehungsweise 2900 Euro pro Einwohner. Bis zu 300.000 Euro Umsatz im Jahr seien in einem mittelgroßen Dorfladen durchaus möglich.

In seinem Vortrag präsentierte Matthias Prüller außerdem, wie genossenschaftliche Nahversorgung anderswo bisher ganz gut funktioniert. Dabei handelte es sich Läden in zwei Orten mit einer Einwohnerzahl von jeweils unter 1000 und über 3000 Einwohnern. Er führte auch an, was in aller Regel nicht klappt: Für so einen Laden einen selbstständigen Kaufmann zu gewinnen. So gesehen scheint die Genossenschaftsidee noch der beste Lösungsansatz zu sein. Generell seien die Zahlen im Lebensmittel-Einzelhandel rückläufig. So würden immer mehr Bäckereien und Metzgereien, schließen. Das gelte auch für kleine Supermärkte.

An der Veranstaltung in Altenbach, bei der Bürgermeister Hansjörg Höfer mit am Podium saß, nahmen rund 20 Gäste teil. Der nächste "Workshop" zum Thema "Dorfladen" soll im Oktober stattfinden. Dann können die Teilnehmer auf Zahlen aus der Studie zurückgreifen. Sie sollten dabei auch an den Satz denken, den ihnen der Referent abschließend ans Herz legte: "Wenn Sie einen Laden gründen wollen, lassen Sie sich bezüglich der Finanzen unbedingt nochmals von einem Fachmann beraten."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung