Schriesheim im Bild 2023

01.10.2020

Seit über vier Jahren ist der desolate Zustand der Trauerhalle ein Thema

Erst kleine, dann große Sanierung, aber am Ende passierte nichts - Ein Bild des Jammers

Von Micha Hörnle

Schriesheim-Altenbach. Der Ortsteil ist reich an Dramen und aufgeheizten Debatten, aber in einem sind sich alle einig: Der Zustand der Trauerhalle auf dem Friedhof ist nicht länger hinzunehmen: zugig, voller Taubenkot, kaputte Fliesen, herausgebrochene Scheiben und eine geschlossene Männertoilette. Aber Altenbach wäre nicht Altenbach, wenn sich die Sache nicht schon so lange hinzieht – und das ist dieses Mal nicht allein die Schuld der Altenbacher.

Das Thema ist an sich uralt: Schon in den achtziger Jahren regte sich Unmut über die offene und zugige Halle, die 1950 ganz im Stil der Zeit mit den bunten Glasfenstern errichtet wurde, die SPD forderte bereits 1986 einen Neubau. 1996 erhielt die Kapelle ihre provisorische (und ziemlich hässliche) Überdachung. Der langjährige evangelische Diakon Reinhard Losch brachte die Zustände immer wieder zur Sprache, aber sechs Jahre nach seinem Weggang schien sich doch etwas zu tun. Im April 2016 fasste der Ortschaftsrat den Beschluss, für 50.000 Euro den Fliesenboden neu zu verlegen und vor den offenen Eingang eine Glaswand zu stellen.

Doch dann schaltete sich das Schriesheimer Bauamt ein und präsentierte eine ganz neue Planung: Die Kapelle sollte umfassend saniert werden, was dann auch eine Mehrheit im Ortschaftsrat fand. Im Mai 2018 nannte Bauamtsleiter Markus Schäfer eine Summe von 215.000 Euro für den Komplettumbau, im Februar 2020 waren daraus schon fast 300.000 Euro geworden. Und Anfang des Jahres, als der Hauhalt präsentiert wurde, sah es kurz danach aus, als würde endlich etwas getan – und zwar nicht nur für die Trauerhalle. Altenbach winkten geradezu traumhafte Investitionen in Kindergarten, Grundschule, Mehrzweckhalle und Verwaltungsstelle – und zwar trotz des Kraftakts der Gymnasiumssanierung. Doch mit dem Corona-Sparhaushalt von Anfang Mai waren diese hochtrabenden Pläne wieder Makulatur, und nun ist der Ortschaftsrat wieder so weit wie vor viereinhalb Jahren: eine Mini-Sanierung für 50.000 Euro. Also wenigstens eine Glasumfassung für den Eingang, neue Fliesen und ordentliche Toiletten.

Ortsvorsteher Herbert Kraus flehte fast Bürgermeister Hansjörg Höfer an, endlich etwas zu tun: "Entweder wir machen gar nichts, oder die Trauerhalle wird so hergerichtet, dass man sich nicht mehr schämen muss." Höfer verwies auf "den gültigen Beschluss" einer Komplett-Sanierung, schob aber gleich hinterher, dass er das nicht befürwortete. Er kleidete das in den unbestreitbar wahren Satz: "Wenn wir die Kapelle sanieren, kostet das Geld." Außerdem habe sich auch die Bestattungskultur geändert: Die meisten Trauerfeiern werden in der Kirche, nicht in der Friedhofskapelle abgehalten, danach gehe es direkt ans Grab. Sein Vorschlag: "Lassen Sie uns die Toiletten sanieren und den Innenraum streichen!" Was sozusagen einer Mini-Mini-Sanierung gleichgekommen wäre.

Im Ortschaftsrat drifteten dann schnell die Meinungen auseinander: Suzanne Epp (Grüne Liste) schloss sich dem Vorschlag des Bürgermeisters an: Diese kleine Lösung sei am schnellsten machbar, ein großer Umbau sei nicht realistisch. Ähnlich sah das Karl Reidinger (CDU), der zumindest eine sofortige Sanierung der Toiletten forderte (aber gegen den großen Umbau ist). Ganz anders Karin Malmberg-Weber (SPD): "Wir haben vor zwei Jahren die Sanierung beschlossen, wieso gilt das denn nicht mehr? Das Verkleiden eines Provisoriums bleibt ein Provisorium." Irgendwo in der Mitte stand Carsten Junghans (Freie Wähler): "Die Kapelle ist auch mit sanierten Toiletten nicht zumutbar." Und damit lag er ganz auf der Linie des Ortsvorstehers mit der "Mini-Sanierung" für 50.000 Euro. Damit sah alles nach einem Patt im Ortschaftsrat aus – mit der Gefahr, dass sich in Sachen Trauerhalle weiterhin nichts tut.

Die Sitzung wurde unterbrochen, die Freien Wähler berieten, ihre "Mini-Sanierung" hatte keine Mehrheit. Dann schlossen sie sich, etwas widerstrebend, dem Bürgermeister-Vorschlag an. Kraus gab Höfer gleich eine ganze Liste mit, was zu tun sei: "Umgehende Sanierung der Toiletten, Sicherung der Scheiben, Herrichten des Raums und Ausbesserung der Fliesen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung