Schriesheim im Bild 2023

05.10.2020

Jürgen Sollors hat das Kurpfalz-Gymnasium verlassen

Der Leiter des Kurpfalz-Gymnasiums ging zum 1. August in den Ruhestand - Mit der früheren Lehrergeneration haderte er als Schüler

Von Maren Schenk

Schriesheim. Jürgen Sollors war bis 31. Juli fünf Jahre lang Schulleiter des Kurpfalz-Gymnasiums (KGS) in Schriesheim. Ohne feierliche Verabschiedung – wegen der Corona-Pandemie nicht möglich – begann am 1. August sein Ruhestand. Die RNZ sprach mit dem 63-Jährigen über seine Schulzeit, die Anfangszeit des Internets, seine Zeit als Lehrer am KGS und später als Schulleiter.

"Mein Biologielehrer hat mir in der sechsten Klasse eine Ohrfeige gegeben – wegen einer Lappalie. Einer meiner Deutschlehrer war ein Choleriker, der jede Stunde denselben Schüler auf dem Kieker hatte und jede Stunde getobt hat. Das war uns schon peinlich." Nach solchen Erlebnissen fand Jürgen Sollors die damalige Lehrergeneration insgesamt "nicht überzeugend". Weil er dachte, "das muss man doch besser hinbekommen" und weil er sich einen Beruf mit Menschen wünschte, ist er Lehrer geworden – auch weil er seine Fächer liebte. "Als Lehrer hat man immer wieder mit unterschiedlichen Menschen zu tun – und ich hoffte, manches anders machen zu können als meine Lehrer damals."

Zur Welt kam Sollors 1957 in Konstanz, als mittleres von drei Geschwistern. Er stammt nicht aus einem Lehrerelternhaus, sein Vater war Ingenieur. "Daher entstand mein Interesse für Naturwissenschaften", sagt Sollors. Er studierte in Heidelberg Mathematik, Physik und Sport auf Lehramt. Am Ende seines Referendariats war es schwierig, eine Stelle zu finden.

Aber es gelang ihm, im Privatschuldienst eine Anstellung zu finden. 1989 bekam er eine Planstelle an einer staatlichen Schule, am Max-Beckmann-Gymnasium, einem Oberstufengymnasium in Frankfurt. Sollors wohnte zu dieser Zeit in Dossenheim: "Mein Ziel war, wieder in die Region zu kommen." 1991 klappte es: Sollors unterrichtete bis 2003 am Kurpfalz-Gymnasium in Schriesheim. "Das war eine Super-Zeit. Es war meine Wunschschule, und ich konnte mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Meine beiden Töchter gingen auch hier zur Schule."

Es ist die Anfangszeit des Internets. Er baute zusammen mit Volker Kern, dem damaligen Abteilungsleiter am KGS, ein Netzwerk in der Schule auf und bot die erste Internet-AG an. Es war die Geburtsstunde des Internets überhaupt als World Wide Web zu Beginn der neunziger Jahre. "Es gab anfangs einen Computer mit Zugang ans Internet – über ein Modem. Das waren die kleinen Kästchen, die quietschende Geräusche beim Einwählen von sich gaben. Alsbald machten wir uns daran, einen Computerraum einzurichten. Bald konnten wir acht Computer gleichzeitig ans Netz anschließen – ein gutes Gefühl."

Seit 1997 wohnt Sollors in Schriesheim. 2003 wechselte er ans Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium nach Eppelheim, wurde Abteilungsleiter für Mathematik und Naturwissenschaften – "eine interessante Aufgabe". Dort erlebte er auch eine Schulsanierung. "Die Sanierung dort, vor allem Fenster und Fassade, erfolgte in Modulen. Stockwerkweise zogen die Klassen in Container um. Finanziert wurde die Sanierung mit PPP – ‚Public Private Partnership‘ (öffentlich-private Partnerschaft)." Nach einem Jahr war die Sanierung beendet. "Diese Sanierung in Eppelheim ist nicht vergleichbar mit der großen Sanierung in Schriesheim."

2009 wurde Sollors stellvertretender Schulleiter am Friedrich-Ebert-Gymnasium in Sandhausen. "Eine schöne Zeit – das Kollegium war ähnlich homogen wie hier in Schriesheim." Viele neue Aufgaben kamen hinzu, komplexe planerische Arbeiten wie die Erstellung der Stundenpläne und die Lehrauftragszuweisung, also welcher Lehrer welche Klassen in welchem Fach unterrichtet, sowie das Abiturmanagement.

Schließlich befasste er sich nach ein paar Jahren als Stellvertreter mit dem Gedanken, doch noch Schulleiter zu werden. "Und dann winkte an meinem Geburtstag 2014 eine Stellenausschreibung an meiner alten Wirkungsstätte, dem Kurpfalz-Gymnasium Schriesheim – ein Zeichen." Mit einem weinenden Auge verließ er Sandhausen und wurde im September 2015 in Schriesheim neuer Schulleiter. "Seither habe ich es keinen Tag bereut, mich dieser Aufgabe gestellt zu haben."

Die Sanierung der Schule habe ihn nicht abgeschreckt. Kurzer Rückblick auf 2015: Die "Machbarkeitsstudie Schulzentrum Schriesheim" zu Sanierung oder Neubau ist abgeschlossen, in der Phase null wurde viel diskutiert, doch die Zuschüsse vom Land waren unklar. "Ich dachte 2015, jetzt geht es los mit der Sanierung." Doch erst mit den neuen Fördergeldern 2018 wurde die Sanierung des KGS konkreter – und begann Ende 2019.

In der Schule verbesserte er die Kommunikationsstrukturen. "Angefangen von einheitlichen Dienst-E-Mail-Adressen im gesicherten Bereich des Schulnetzes bis hin zu einer gänzlich neu geschaffenen Homepage mit Contentmanagement-System. Damit gelingt eine verlässliche Kommunikation mit Lehrern, Eltern und Schülern."

Außerdem ist er stolz darauf, 2016 "Moodle" am KGS etabliert zu haben: Diese datenschutzkonforme Lernplattform – jetzt übrigens vom Land empfohlen – ist am Anfang vor allem eine Austauschplattform für das Kollegium und die Schulleitung. "Hier sind die Protokolle der Gesamtlehrerkonferenz, das Schulcurriculum und Korrekturrichtlinien für die Abiturprüfungen und vieles mehr zu finden."

Mit dem "Schüler-Moodle" wird die Basis für die Online-Beschulung in Corona-Zeiten gelegt. "Vor Corona wurde Schüler-Moodle nur vereinzelt genutzt. Jetzt konnten wir es relativ schnell erweitern, sodass alle Schüler einen Zugang dazu haben und ihn auch nutzen. Die Akzeptanz ist schnell gewachsen." Außerdem führte er ein neues Schulverwaltungsprogramm ein, mit dem zum Beispiel die Schülerverwaltung moderner und datenschutzkonform wurde.

Eines seiner Ziele war auch, die Beziehungen zur Stadt zu entspannen. "In der Kommunikation mit ihr als Schulträger habe ich versucht, Brücken zu bauen", so Sollors. "Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde war schließlich in jeder Hinsicht kooperativ, zielorientiert und angenehm."

"Gefreut hat mich auch, dass ein neues Schul-Logo schnell entwickelt wurde – aus der Zusammenarbeit von einer Schülerin und dem Sekretariat." Wichtig war Sollors auch die Personalentwicklung: "Zusammen mit den neu besetzten drei Abteilungsleiterstellen haben wir eine erweiterte Schulleitung gebildet, in der wir Wichtiges gemeinsam besprechen."

Und worauf ist Sollors noch stolz? "Auf meine Intuition bei vielen Entscheidungen – das Richtige tun, auch gegen immer wiederkehrende Widerstände aus unterschiedlichen Richtungen." Auch und gerade in Corona-Zeiten sei es extrem wichtig, in dauernd neuen Situationen schnelle Entscheidungen zu treffen und dabei neben der sachlichen Analyse auch auf die Intuition zu hören. So waren zum Beispiel die Rahmenbedingungen für die Übergabe der Abiturzeugnisse vorgegeben; wie die konkrete Gestaltung aber aussieht, musste schnell entschieden werden. "Das habe ich dann gegen Widerstände und Wünsche beibehalten – und das war gut so, wie mir im Nachhinein auch bestätigt wurde."

Grund zum Ärgern gibt es immer, wenn man es zulässt. "Eine Mitarbeiterin der schulpsychologischen Beratungsstelle sagte mir mal: ‚Ein Schulleiter ist immer Projektionsfläche für alle Frustrationen‘ – das stimmt. Aber damit kann man ganz gut leben. Manchmal haben es aber – zum Glück nur ganz wenige – Kollegen und Eltern übertrieben, das nagt dann schon. Übrigens nie Schülerinnen oder Schüler!".

Gefreut hat sich Sollors jeden Tag über seine Entscheidung, einen Beruf zu wählen, der mit Menschen zu tun hat. "In den fast 40 Jahren als Lehrer, Abteilungsleiter, stellvertretender Schulleiter und Schulleiter war es immer interessant und spannend." Auch freut es den scheidenden Schulleiter, "dass das KGS bei den Eltern eine hohe Akzeptanz genießt. Es wird hier gute Arbeit geleistet. Das drückt sich dann zum Beispiel auch in hohen Anmeldezahlen auch während des Sanierungsprozesses aus, aber auch in Aussagen des Elternbeirats".

Und nun? Was wünscht er sich für den Ruhestand? "Viele Jahre habe ich mich um die Belange von Menschen gekümmert – natürlich vor allem von Schülern – aber auch des Kollegiums und der Eltern. Das habe ich immer gern gemacht. Es ist mir auch gut gelungen, da bin ich sehr im Reinen mit mir. Jetzt werde ich mich verstärkt um mich selbst kümmern und auf meine Gesundheit achten."

Das bedeutet für ihn vor allem weniger Stress und mehr Freiraum – auch Zeit für andere Interessen: "Seit fünf Jahren habe ich nicht mehr Klavier gespielt." Und Schwimmen und Fahrradfahren stehen wieder verstärkt auf dem Programm. Und Sollors freut sich jetzt auf sein Enkelkind, das vor Kurzem geboren wurde.

Seine Frau dagegen, Barbara Ost-Sollors, die bis 2013 die Strahlenberger Grundschule leitete, ist noch nicht im Ruhestand – sie leitet weiterhin eine Heidelberger Grundschule.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung