Schriesheim im Bild 2023

08.10.2020

Albrecht Röther ist neuer evangelischer Gemeindediakon

Was eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter alles auslöste

Von Marion Gottlob

Schriesheim. Er wirkt fast wie ein Student: Doch Albrecht Röther hat zwei Studien mit Abschluss absolviert. Er hat mit seiner Frau Heike vier Kinder. Nun ist der 49-Jährige seit dem 1. Oktober der neue Gemeindediakon der Evangelischen Kirchengemeinden Schriesheim und Altenbach. Diese tiefe, innere Jugend rührt vielleicht von einer Art des christlichen Glaubens, der neugierig und offen für das Leben macht. Schon am ersten Tag als Gemeindediakon traf Albrecht Röther die RNZ im Café "Mittendrin".

Es war lange Zeit nicht klar, dass er sein Leben hauptamtlich dem Dienst an Gott widmen würde. Er wurde mit drei Geschwistern in einer christlich geprägten Familie in Zaberfeld bei Heilbronn – einem Weinort wie Schriesheim – groß. Als Jugendlicher war Albrecht ehrenamtlich in der Kirche aktiv und fand beim Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) eine eigene Identität. Bis heute trägt er den CVJM-Ausweis meistens bei sich.

Nach dem Abitur entschied er sich für das technische Studium der Mechatronik an der Fachhochschule in Heilbronn. Er wusste: "Meine Hauptbegabungen liegen im Bereich der Mathematik, Physik und Chemie." Durch eine unglückliche Beziehung geriet er jedoch in eine existenzielle Lebenskrise: "Ich bin aus der Spur geraten. Ich musste mich neu sortieren und fragte mich: "Was will ich eigentlich vom Leben?" Er unterbrach das Studium für zwei Semester und machte ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Wörnsberger Anker, einer christlichen Lebensgemeinschaft. "Das hat mir gutgetan."

Dort lernte er Günther Schaible, den Gründer und Leiter des Ankers, kennen. Und er begegnete dort seinem Vers zur Konfirmation: "Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist." Er hatte das erste Mal die Idee, dass er eventuell beruflich Gott dienen könnte. Zunächst tat er den Gedanken jedoch beiseite und beendete sein Studium.

Schicksal? Der fertige Diplom-Ingenieur fand in einer Phase der Rezession keine Arbeit. Er nahm Ferienjobs an und half auch bei der Weinernte. Der Weinbauer, ein gläubiger Christ, lud ihn zum Gebet ein. Erst wehrte Albrecht Röther ab, doch dann fand er sich tatsächlich zum Gebet ein. Danach zog er Bilanz für sein Leben und gab seine Zweifel und Unsicherheit an Gott ab: "Wenn du willst, dass ich mein Leben ändern soll, dann will ich gehorsam sein – und ich bin sicher, dass ich Frieden im Herzen finden werde." Sofort waren alle Zweifel wie weggefegt. "Ich war auf Kurs mit Jesus." Als er nach einem Spaziergang wieder nach Hause kam, stieß er durch einen Zufall erneut auf seinen Konfi-Spruch: "Ich war derjenige, der von Gott gefunden worden war."

Eigentlich war die Frist für eine Bewerbung an der Evangelistenschule Johanneum in Wuppertal längst abgelaufen. Dennoch erhielt Albrecht Röther einen Platz und konnte die vierjährige Ausbildung antreten. Unter anderem lernte er Altgriechisch. Er sagt: "Das Technik-Studium war für mich leicht gewesen, nun musste ich mich wirklich bemühen. Ich habe mich durchgekämpft."

Nach der zweiten Ausbildung war er neun Jahre lang Kreissekretär beim CVJM Kreisverband Dillkreis und zuständig für rund 30 CVJM-Vereine. Er begleitete die Vereine und organisierte Freizeiten für Jugendliche. Es folgten elf Jahre als CVJM-Landessekretär beim CVJM Baden. Zuständig war er hier für die Öffentlichkeitsarbeit. Unter anderem organisierte er den jährlichen CVJM Badentreff mit rund 1200 Jugendlichen und die viertägige KonfiCastles mit "Vergnügen und Tiefgang" für 120 junge Menschen. Zuletzt, kurz vor dem Corona-Lockdown, gründete er als ehrenamtlicher Ältester seiner Kirchengemeinde Karlsdorf-Neuthard-Forst zusammen mit anderen einen neuen Ortsverein, den CVJM Emmaus.

Wie kam Albrecht Röther nach Schriesheim? Auf seinem Anrufbeantworter fand er die Nachricht, dass er sich melden sollte. Er rief zurück und bewarb sich daraufhin für die Stelle des Gemeindediakons. Nun freut er sich auf die neuen Aufgaben: "Es ist wie ein Tagebuch mit weißen Blättern, das nun Blatt für Blatt gefüllt wird." Noch macht er eine Fortbildung in Religionspädagogik und noch wohnt er mit der Familie in Karlsdorf-Neuthard bei Bruchsal. Er sucht aber jetzt in Schriesheim eine Wohnung. Jemand gab ihm den Rat: "Das musst du dir von Gott schenken lassen." Mal sehen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung