Schriesheim im Bild 2023

11.12.2020

Lärmexperte macht A5-Anwohnern wenig Hoffnung

Die Fernstraße ist seinen Berechnungen nach nicht "laut genug", dass etwas getan werden muss - Auch ein Tempolimit bringt fast nichts

Schriesheim. (hö) Der Lärm ist in Schriesheim, wenn nicht an der gesamten Bergstraße, ein Riesenthema. Und der seit 2002 immer wieder fortgeschriebene und mittlerweile in seinen Grenzwerten verschärfte Lärmaktionsplan soll da Linderung bringen. Nur ist die große Frage, ob der auch das Problem an der Wurzel packt.

Denn als Martin Reichert vom Karlsruher Büro Modus-Consult am Mittwoch den aktualisierten Lärmaktionsplan im Gemeinderat vorstellte, war nicht jeder überzeugt, ob Tempo 30 an wichtigen Verkehrsadern und Flüsterasphalt die Lösungen sind. So meinte Gerlinde Edelmann (Grüne Liste), dass in Reicherts Analyse der Autobahnlärm fast völlig ausgespart sei. Auch Bernd Hegmann (Freie Wähler) bezweifelte, ob bei der Sanierung tatsächlich Flüsterasphalt verwendet worden sei.

Und Sebastian Cuny (SPD), der als Landtagskandidat erst vor einer Woche dem Thema "Lärm" eine eigene Videokonferenz gewidmet hatte, fragte sich, wie die Anliegen der A5-Anwohner in dem Lärmaktionsplan berücksichtigt werden könnten. Denn die Schallberechnungen der Behörden (und übrigens auch Reicherts) "gehen an der Lebensrealität vorbei". Nach der Sanierung komme es den Autobahn-Nachbarn lauter vor.

Dass Reichert in seinem 104-Seiten-Bericht (samt vier Anhängen) die A5 so selten erwähnte, rechtfertigte er damit, dass sie "nicht laut genug" sei: Sie liege definitiv nicht über dem neuen "gesundheitskritischen Grenzwert" von 65 Dezibel und schon gar nicht über den gesundheitsgefährlichem von 70 Dezibel. Damit sei noch nicht die Schwelle erreicht, dass man einschreiten müsse. Wenn man in den Fensenbäumen unter Lärm leide, komme der vor allem von der Kreisstraße.

Zugleich wehrte sich der Experte gegen die Vermutung, dass die neuen Betonleitplanken den Schall in Richtung Wohnbebauung reflektieren. Diese schirmten eher den Lärm von der Gegenfahrbahn ab; viele Untersuchungen seien zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Betonplanken generell "wenig Effekt" auf den Lärm hätten. Zwar sei, wie er zugab, kein Flüsterasphalt verwendet worden, sondern ein "Waschbetonbelag mit einer Lärmminderung von drei bis vier Dezibel – das kann nicht angezweifelt werden".

Auch von einem Tempolimit an diesem A5-Abschnitt hält er wenig: "120 Stundenkilometer mindern den Schallpegel um ein Dezibel", das bemerke man fast nicht. Das liegt vor allem daran, dass die besonders lauten Laster sowieso nur 100 fahren dürfen – insofern bringe noch nicht einmal eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 etwas: "Aufgrund der geringen Beeinträchtigung der Anwohner werden Sie das niemals durchkriegen. Das wäre zudem ein zu starker Eingriff in den Straßenverkehr", warnte Reichert.

Aber: Die Anwohner müssen dennoch nicht ganz die Flinte ins Korn werfen, denn bei der sechswöchigen Offenlage des Lärmaktionsplans ab dem 25. Januar im Rathaus können sie ja ihre Anliegen vorbringen – und auch der Landtagsabgeordnete Uli Sckerl hat sich eingeschaltet.

Auch wenn bald durchgängig auf der Land- sowie der Talstraße und in Teilen der Ladenburger Straße Tempo 30 mit dem Segen des Gemeinderates eingeführt wird: Noch sind nicht alle Widerstände überwunden. Gerade die Busunternehmen opponieren gegen die Geschwindigkeitsreduzierung, weil sie wegen der Zeitverluste ihre Fahrpläne durcheinanderbringt. Auch die werden bei der Offenlage auch gehört.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung