Schriesheim im Bild 2023

27.08.2004

Liebe Leute, böse Fremdwörter

Die SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt las im Naturfreundehaus aus "Lilos Enzyklopädie der Schmunzelpilze"

Liebe Leute in bösen Zeiten: SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt (r.) las aus der "Enzyklopädie der Schmunzelpilze", die Till R. Lohmeyer (deutsch) und Alexander R. Stillmark (englisch) betextet haben, Sepp Lingl steuerte die Zeichnungen bei (v.r.; erschienen bei der "Schwarzwälder Pilzlehrschau", 24,95 Euro). Foto: Dorn

Von Micha Hörnle

Schriesheim-Kohlhof. Die Zeiten sind schwer für Mitglieder der Bundesregierung, besonders, wenn sie der (Noch-) Volkspartei SPD angehören. In letzter Zeit werden selbst brave Stimmbürger recht aggressiv, da fliegen schon mal Eier in Richtung Kanzler. Zum Glück sind Pilzfreunde da ganz anders: friedlich, freundlich und von köstlichem Humor gesegnet. Einige genau dieser Spezies versammelten sich im Naturfreundehaus Kohlhof, um der SPD-Landesvorsitzenden und Staatssekretärin Ute Vogt bei einigen amüsanten Passagen aus einem, naja sagen wir: Pilz-Parodienbuch, "Lilos Enzyklopädie der Pilze", zu lauschen.

Die Spitzenpolitikerin war extra aus Berlin in ihre im weitesten Sinne Heimat (sie kommt ja aus Wiesloch) gereist, um aus diesem Werk zu lesen, das ein pilzliebender Genosse verlegt hat. Und da man denjenigen, die selbst in schwerer Zeit zur Partei stehen, ungern etwas abschlägt, las sie eben die vergnüglichen Texte, denen possierliche Zeichnungen beigefügt sind.

Nun haben Pilze, selbst parodistische (und damit erfundene), nur leider furchtbar komplizierte Namen - insgesamt sind es 52 mit so charmanten Namen wie "Nackter Paarling/Bisexus nudissimus". Und Texter Till R. Lohmeyer, der (wenn er nicht Pilze sammelt und beschreibt) Ken Follets Schmökerwälzer übersetzt, hat keine Mühe gescheut, alles pseudowissenschaftlich und höchst zungenbrecherisch umzusetzen. Da musste die Staatssekretärin an Worten wie "Geschlechtsdimorphismus" (just beim Bisexus nudissmimus) fast verzweifeln, betonte aber ihre Texte mit der Sorgfalt einer Grundschülerin, die gerade drauf und dran ist, einen Vorlesewettbewerb zu gewinnen - den rechten Zeigefinger streng den zu lesenden (und sehr tückischen) Text abtastend. Aber schließlich isst sie nach Selbstauskunft ja lieber Pilze, als sie zu beschreiben.

Die Pilzfreunde applaudierten freundlich, ließen sich gern das 24,95-Euro-Werk signieren. Sie sind, wie gesagt, schließlich freundliche Menschen (weiterer Bericht folgt morgen auf der Seite "Aus Südwestdeutschland").

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung