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12.01.2021

Bergstraße: Ein holpriger erster Online-Schultag im neuen Jahr

Die Internet-Lernplattform "Moodle" brach beim großen Ansturm zusammen, aber es gibt auch Lob für engagierte Lehrer.

Von Katharina Schröder und Micha Hörnle

Bergstraße/Neckar. Der erste Tag nach den Weihnachtsferien ist immer erst mal ein Tag zum Ankommen im Schulalltag. In diesem Jahr mitten in der Coronapandemie müssen Lehrkräfte und Schüler sogar in einem digitalen Alltag ankommen. Die RNZ hat sich umgehört, wie das an den Schulen in der Region geklappt hat – und zwar aus der Sicht eines Schulleiters, eines Schülers und von Eltern.

> Der Schulleiter aus Ladenburg: Am Carl-Benz-Gymnasium (CBG) war der Start in den ersten Schultag nach den Ferien "holprig", sagt der stellvertretende Schulleiter Falko Lohberger. Und das obwohl die Schule beim Fernunterricht vor den Weihnachtsferien "gute Erfahrungen" gesammelt habe. Der Unterschied: Vor den Ferien gab es nur für die Abschlussklassen Fernunterricht, seit Montag sollen alle Klassenstufen online unterrichtet werden. "Wir haben damit gerechnet, dass es bei den Videokonferenzen hakt und die Server überlastet sein könnten, wenn so viele auf einmal das Tool nutzen", sagt Lohberger. Deswegen habe sich das CBG darauf vorbereitet, wie der Fernunterricht auch ohne Video klappt. Allerdings war es nicht die Konferenzfunktion, die dann überlastet war, sondern die Lernplattform "Moodle". "Damit dass die Grundplattform, die eigentlich recht wenige Daten verbraucht, wegbricht, haben wir nicht gerechnet."

Das Versäumnis sieht Lohberger beim Land oder dem Dienstleister, den das Land beauftragt hat. "Wir sind da als Lehrer auch enttäuscht", sagt er. "Wir haben uns vorbereitet, es gab schon im Oktober Schulungen für Lehrkräfte und Schüler, die Tablets aus dem Soforthilfeprogramm sind ausgegeben, und dann reichen anscheinend die Serverkapazitäten nicht aus und wir können nur warten." Denn das Problem können die Schulen nicht beheben, darum muss sich das Land kümmern. Lohberger ist gespannt, wie lang es dauert.

Am Nachmittag sei die Plattform wieder erreichbar gewesen. "Wir haben dann die Unterlagen für den nächsten Tag hochgeladen und die Schüler darum gebeten, sie heute schon runterzuladen, für den Fall, dass es morgen wieder nicht geht." Dann könnten die Schüler wenigstens mit Materialien an den Videokonferenzen teilnehmen.

> Der Schüler aus Schriesheim: Mika Kühnle startete am Montag mit dem ersten Fernunterricht nach Stundenplan – zumindest halbwegs. In den ersten beiden Stunden hatte der Achtklässler des Kurpfalz-Gymnasiums Deutsch bei seiner Klassenlehrerin, dann eine Doppelstunde Geschichte per Videokonferenz. Physik in der fünften und sechsten Stunde sowie Mathe in der siebten fielen aus (wie im Moment sowieso Sport in der zehnten und elften Stunde) – wahrscheinlich, weil Physik ein Nebenfach ist (und vielleicht der Fachlehrer gerade selbst zu dieser Zeit unterrichtete), und weil bei Mathe für nur eine einzige Stunde kein Fernunterricht lohnt. In Deutsch löste die Klasse eine Stunde eine Aufgabe, in der nächsten gab es klassischen (Fern-)Unterricht.

Mika kann bestätigen, dass die Lernplattform "Moodle" völlig überlastet war, sein Bruder Juri kam die ersten anderthalb Stunden gar nicht rein, wie sein Vater, der Schriesheimer Gesamtelternbeiratsvorsitzender Patrick Schmidt-Kühnle, berichtet: "Das Hauptproblem bleibt die technische Infrastruktur. Die Schulen haben ihre Hausaufgaben gemacht, aber der zentrale ,Moodle’-Server des Landes brach zusammen. Das habe ich auch aus anderen Teilen Baden-Württembergs gehört." Mika und seine Klassenkameraden sind deswegen auf "Zoom", mittlerweile den Klassiker der Videokonferenzen, ausgewichen, weil "bei ,Moodle’ die Hälfte der Klasse nichts hören oder sehen kann". Bei "Zoom" habe das ganz gut geklappt – zumindest bei Mika. Denn sein Vater hatte dafür gesorgt, dass er in seinem Zimmer einen WLAN-Verstärker bekommt. Aber das hat nicht jeder Schüler, daher haben sie manchmal technische Probleme, weil die Verbindung schwach ist.

Generell kommt der 13-Jährige mit dem Digitalunterricht ganz gut zurecht, auch wenn er immer mal wieder die Kamera ausmacht, um seine Ruhe zu haben. Überhaupt die Kameras: "Manche Lehrer wollen, dass sie an sind, andere nicht." Und manchmal kommt er sich komisch vor, wenn er "gegen eine leere Wand", also zu ausgeschalteten Kameras, sprechen muss. Und nicht nur deshalb wäre ihm Präsenzunterricht lieber – zumal er seine Freunde vermisst. Aber eins fiel ihm auch auf: Die Lehrer kommen mit der Technik viel besser zurecht als früher, die Fortbildungen haben sich also bezahlt gemacht. Auch seinem Vater ist aufgefallen: "Das klappt deutlich besser als im Frühjahr." Und mit dem Fernunterricht nach Stundenplan sei alles auch viel strukturierter, vorher habe er sich den Stoff selbst eingeteilt.

> Die Eltern aus Edingen-Neckarhausen: Mutter Jacqueline Schmidt ist zufrieden damit, wie die Klassenlehrerin ihres Sohnes den Fernunterricht an der Graf-von-Oberndorff-Schule organisiert hat. "Sie ist eine sehr strukturierte Lehrerin", lobt Schmidt. Ihr zehnjähriger Sohn Erik habe einen Wochenplan bekommen, in dem auch einige Erklärvideos verlinkt seien. "Ein Wochenplan ist super, da sehen die Kinder, wo sie stehen und können an einen Tag mal weniger machen und am anderen mehr." Der Plan kam per E-Mail, konnte aber auch an der Schule abgeholt werden. "Da hat man einfach nachgedacht", sagt Schmidt. Einziges Manko: "Das hängt natürlich alles individuell vom Lehrer ab." Und ein Ansprechpartner müsse zuhause beim Kind bleiben. "Für Alleinerziehende oder Paare, die sich nicht abwechseln können, ist das schon sehr belastend."

Valeska Spieß vom Förderverein der Grundschule findet, dass ihr Sohn Benjamin – er geht in die erste Klasse – mit dem Lernplan "gut versorgt" ist; und auch seine Lehrerin habe sich viel Mühe gegeben. "Sie nutzt eine Plattform und hat dort sogar das Klassenlied eingesungen, mit dem die Kinder an der Schule in den Tag gestartet sind."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung