Schriesheim im Bild 2023

23.01.2021

"Rose"-Wirt will weder aufgeben noch verkaufen

"Rose"-Wirt will weder aufgeben noch verkaufen

Karl Reinhard ist nicht nur im Gebäude der „Rose“ aufgewachsen, sondern auch in der Gaststube, in der er schon als Fünfjähriger aushalf. Vor sechseinhalb Jahren schloss er die Wirtschaft und arbeitet seither als Mietkoch. Foto: Dorn
Karl Reinhard hat vor, nach und nach das Haus zu sanieren. Langfristig kann er sich einen neuen Pächter vorstellen. Offen wäre er auch für einen Bürgersaal.

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Seit Juni 2014 hat die "Rose" in der Talstraße endgültig geschlossen – nach 175 Jahren. Der Zustand des traditionsreichen Gasthauses mit seinem riesigen Saal hat seither die Schriesheimer bewegt, zumal die Fassade deutlich bröckelt. Da sich die Kommunalpolitik weitgehend für nicht zuständig erklärt hat, lag es nahe, sich mit dem Eigentümer und Gastronom Karl Reinhard zu unterhalten – und zwar in der einstigen Gaststube, die eigentlich noch genauso (und erstaunlich proper) aussieht wie immer.

Reinhard hat das Aus seiner Gastwirtschaft sehr getroffen. Im Saal gab es zunächst noch Jazz-Konzerte, bis sich die Anwohner wegen des Lärms beschwerten, dann vermietete er ihn an den einstigen "Lokschuppen"-Wirt Andreas Flade, der dort Sachen eingelagert hatte. In der Zwischenzeit hat sich Reinhard gefangen und arbeitet als Mietkoch, oft auch bei Spitzengastronomen wie Alfons Schuhbeck oder Nelson Müller – und das ist laut Reinhard, der selbst zwei Zimmer im alten Gebäudekomplex bewohnt, auch mit ein Grund, weswegen er sich nicht mehr um das Anwesen und seine Reaktivierung kümmern konnte.

Allerdings ist das weiter sein Plan, denn mittelfristig, also nach Corona, würde er gern mit einem neuen Pächter die Wirtschaft wiederbeleben oder zunächst erst einmal mit einem Catering anfangen. Im Moment renoviert er die Küche. Auch Reinhard weiß, dass dringend etwas an der Bausubstanz gemacht werden muss. Er hat sich auch schon ein Angebot für die Fassadensanierung eingeholt: 30.000 Euro. Da er allerdings kurz davor steht, einen alten Kredit abzulösen, zögert er, sich aufs Neue zu verschulden; er will die anstehende Sanierung – "erst die Fenster, dann die Fassade" – nach und nach angehen.

Denn wie die RNZ im Juni 2012 berichtete, stand Reinhard kurz vor der Zwangsversteigerung, weil er mit den Kreditraten in Verzug gekommen war. Das konnte er abwenden – allerdings nicht die Malaise der Wirtschaft. Bekanntlich war vor zehn Jahren bei ihm der RTL-Restaurantretter Christian Rach. Den hatte, so berichtet Reinhard, gar nicht er selbst kontaktiert, sondern ein Stammgast: "Ich habe mich breitschlagen lassen, ich wollte das eigentlich nicht." Rach soll ihm gesagt haben, dass hohe Investitionen auf ihn zukommen würden – und die wollte er selbst stemmen. Die Sendung wurde nie ausgestrahlt: "Das war mir auch recht. Ich wollte nicht durch den Kakao gezogen werden."

Und wie erklärt sich der "Koch mit Herzblut" (Reinhard) den Niedergang seines Restaurants, das er 1980 von seinen Eltern übernommen hatte? Einerseits mit der allgemeinen Krise der Gasthäuser, insbesondere seit der Euro-Einführung 2002, und mit dem veränderten Ausgehverhalten. Zudem hätten viele der angestammten Vereine sich nach und nach eigene Heime gebaut und fielen als Gäste im Saal aus – so blieb oft nur noch die schwächelnde Gastwirtschaft. Damit ist er nicht allein: Von den einst 34 Gaststätten Schriesheims vor gut 25 Jahren sind nur noch fünf übrig geblieben. Damit starb auch nach und nach die Innenstadt aus – was wiederum die Tagestouristen abschreckte: "Denen muss doch etwas geboten werden." Momentan ist ja durch Corona die gesamte Gastronomie wieder in der Krise – was es nicht einfacher macht, die "Rose" wiederzubeleben.

Aber der 64-Jährige sieht durchaus auch eigene Fehler: Die finanzielle Decke war viel zu dünn; es gab auch Defizite beim Service, oft musste er gleichzeitig kochen und bedienen: "Ich hätte vielleicht einen Koch einstellen sollen und vielleicht damals schon als Mietkoch arbeiten sollen, was viel lukrativer ist." Vielleicht hatte er auch die Preise zu knapp kalkuliert. Schließlich bedrückte ihn die Misere der Gaststätte sehr – wodurch es ihm an Schwung fehlte.

Worüber sich Reinhard in letzter Zeit geärgert hat, waren die Äußerungen von Bürgermeister Hansjörg Höfer im RNZ-Jahresabschlussgespräch (RNZ vom 30. Dezember). Höfer, der mit Reinhard in dieselbe Klasse gegangen ist, hatte gesagt, dass er sich keinen Bürgersaal in der "Rose" vorstellen könne, weil hier Parkplätze fehlten. Und eine Gastronomie könne er sich auch nicht mehr vorstellen. Für Reinhard ein Anzeichen dafür, dass "heute die ,Rose’ nicht mehr so wertgeschätzt wird wie früher." An sich sei es doch ein attraktives Gebäude in zentraler Lage.

Zudem hatte Höfer behauptet, die Stadt hätte Interesse daran, das "Rose"-Gebäude zu kaufen – was Reinhard bestreitet. In den Gesprächen mit Höfer sei es um einen Zuschuss für die Fassadenrenovierung – schließlich ist das Ensemble denkmalgeschützt – gegangen. An einen Verkauf denkt Reinhard im Moment nicht, denn sein Herz hängt zu sehr daran.

Und wo sieht er die "Rose" in fünf oder zehn Jahren? Im Grunde weiterhin als Gasthaus, mit einem neuen Pächter. Vielleicht gibt es auch einen stillen Teilhaber oder ein Crowdfunding, also eine Internet-Sammelaktion, zur Sanierung des Hauses. Auch für einen Bürgersaal, der vielleicht mit ehrenamtlichem Engagement wieder hergerichtet werden könnte, zeigt sich Reinhard offen. Die Idee findet er "klasse", zumal er über Jahrzehnte gut mit der Stadt zusammengearbeitet habe. Man müsste nur zusammen mit dem Landratsamt Fragen des Brandschutzes, der Parkplätze und der Toiletten regeln.

Pläne, den imposanten Speicher über dem Saal zu Wohnungen zu verwandeln – ähnlich wie unlängst im "Lamm", das zu einem Wohnhaus mit einer Praxis umgebaut werden soll–, hätten sich zerschlagen, so Reinhard. Wohl auch deswegen, weil das mit der Gastronomie oder einem reaktivierten Saal schwer vereinbar wäre. Denn daran hält er fest: Ginge es nach ihm, würde die "Rose" auch in Zukunft eine Gaststätte bleiben. Oder wieder werden.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung