Schriesheim im Bild 2023

12.03.2021

Landtagswahl 2021: Das sagen die Spitzenkandidaten über Schriesheim

Die RNZ hat Uli Sckerl, Julia Philippi, Sebastian Cuny und Alexander Kohl fünf Fragen zu Schriesheim gestellt.

Schriesheim. (hö) Die RNZ bat die vier Landtagskandidaten Uli Sckerl (Grüne), Julia Philippi (CDU), Sebastian Cuny (SPD) und Alexander Kohl (FDP) zu den wichtigsten Schriesheimer Fragen – Schulsanierung, Investitionsstau, Lärm von der A 5 und Stärkung des innerstädtischen Einzelhandels – Stellung zu nehmen. Das sind ihre Antworten.

Eine Schulsanierung wie im Moment die des Kurpfalz-Gymnasiums Schriesheim überfordert eine Stadt. Was würden Sie tun, um Schriesheim zu unterstützen?

Uli Sckerl: Ich habe zusammen mit Franziska Brantner mitgeholfen, dass Schriesheim Bundesmittel in Millionenhöhe erhalten hat. Ähnlich wie für den Neubau des Bildungszentrums in Hemsbach brauchen wir ein Sonderprogramm Schulen des Landes, weil die Regelförderung für Sanierungen nicht ausreichen wird. Da die öffentlichen Mittel aber nicht mehr in der bisherigen Höhe zur Verfügung stehen, werden in den kommenden Jahren auch Mittel von Privaten, zum Beispiel den vermögenden Stiftungen in der Region eingeworben werden müssen.

Julia Philippi: Das Land beteiligt sich nicht nur am Neubau und am Ausbau zu Ganztagsschulen, sondern seit dieser Legislaturperiode (2017) über den Kommunalen Sanierungsfonds auch an der Sanierung von Schulen. Diese Fördermöglichkeiten sind richtig, müssen bestehen bleiben und eher noch ausgebaut werden.

Sebastian Cuny: Gute Bildung braucht eine moderne Infrastruktur. Mit einem Landesprogramm "Modernisierung" werden wir die Städte und Gemeinden deshalb bei der Sanierung von Schulgebäuden unterstützen. Ziel für Schriesheim bleibt es, dass das Gymnasium nur der erste Schritt bei der Sanierung des gesamten Schulzentrums ist.

Alexander Kohl: Bildung ist für uns Liberale eine wesentliche Voraussetzung für Chancengerechtigkeit. Dabei trägt auch die Infrastruktur wesentlich zum Gelingen von Bildungsprozessen bei. Das Projekt in Schriesheim ist nur mit Förderung von Bund und Land möglich (Kommunalinvestitionsförderungsgesetz, Ausgleichsstock und Förderprogramm "Klimaschutz Plus" der Kreditanstalt für Wiederaufbau). Mehr Unterstützung vom Land wäre erforderlich, weshalb ich mich für mehr Mittelzuweisungen für die Kommunen und deren einfachere Beantragung einsetze.

Nicht nur in Schriesheim ist die Infrastruktur aus den siebziger Jahren in die Jahre gekommen: Schulen, Kindergärten, Feuerwehrhäuser, Hallen. Müssen deren Sanierung oder Neubau die oft finanzschwachen Kommunen wie Schriesheim alleine stemmen?

Uli Sckerl: Für alle genannten Bereiche gibt es beim Land großzügig bemessene Förderprogramme, die noch mit energetischen und Klimaschutzmaßnahmen aufgestockt werden können. Auch der sog. "Kommunale Investitionsfonds"(KIF) des Landes ist sehr gut ausgestattet, mit dem es eine Grundfinanzierung bei Sanierungen oder Neubau gibt. Das Land wird auch nach 2021 seine zusätzlichen Ausgleichszahlungen aufgrund der Folgen der Pandemie für die Kommunen fortsetzen.

Julia Philippi: Das Land unterstützt die Kommunen mit dem bereits erwähnten Kommunalen Sanierungsfonds und mit zahlreichen anderen Programmen auch bei der Aufrechterhaltung ihrer Infrastruktur, wie neben den Schulen auch bei den kommunalen Sportstätten. Insgesamt fließen aktuell jährlich über 12 Milliarden Euro vom Land an die Kommunen – etwa doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren.

Sebastian Cuny: Die Sanierung öffentlicher und privater Gebäude ist ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz und entlastet zudem finanziell aufgrund geringerer Energiekosten. Gerade jetzt werden kommunale Investitionen wichtig sein, um unsere Wirtschaft zu stabilisieren. Dabei muss das Land die Städte und Gemeinden mit Förderprogrammen unterstützen.

Alexander Kohl: Wesentlich mitverantwortlich für den kommunalen Sanierungsstau sind immer neue, von Bund und Land übertragene Pflichtaufgaben (wie Ganztagsbetreuung in Kindergärten, Kleinkindbetreuung), die in vielen Gemeinden keine Rückstellungen für die Sanierung der kommunalen Gebäude zulassen. Deshalb müssen Kommunen mit der Übertragung neuer Aufgaben auch finanzielle Ressourcen zugewiesen bekommen, jedoch nicht durch unzureichende Förderprogramme, die in den Gemeinden Kapazität bindet.

Der Lärm von der A5 belastet die Schriesheimer – und nicht nur die. Was wollen Sie dagegen tun?

Uli Sckerl: Ich habe beim digitalen Bürgergespräch zugesagt, dass die betroffenen Gemeinden mit dem Verkehrsministerium und der Autobahngesellschaft des Bundes einen Termin bekommen, um die Lärmproblematik vortragen und über geeignete Abhilfe verhandeln zu können. Ich setze ich mich gegenüber dem Bund für wirksame Lärmminderungsmaßnahmen ein. Am ehesten dürfte ein Tempolimit zwischen den Anschlussstellen Weinheim und Heidelberg möglich sein.

Julia Philippi: Eine Pflicht zum Lärmschutz bei Sanierungsmaßnahmen müsste auf Bundesebene eingeführt werden – da kann ich nur gemeinsam mit den Anwohnern an die Kollegen im Bundestag appellieren. Was wir landesseitig mit der Polizei aber kurzfristig in der Hand hätten, wären verstärkte Geschwindigkeitskontrollen, da die Berechnungen ja zugrundelegen, dass die Lkws tatsächlich 80 Stundenkilometer fahren, obwohl es realistisch eher 100 sind. Hier bin ich aktuell in Gesprächen.

Sebastian Cuny: Verkehrslärm belastet an Bergstraße und Neckar die Lebensqualität viele Bürger. Verbesserungen scheitern derzeit oftmals an den rein statistisch errechneten Grenzwerten. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die tatsächlich vor Ort gemessene Belastung ausschlaggebend für Lärmschutzmaßnahmen ist.

Alexander Kohl: Die zulässigen Grenzwerte für den Lärm legt der Bund fest. Die viel diskutierten Geschwindigkeitsbeschränkungen sind nur hilfreich, wenn auch das Tempo der Lastwagen drastisch begrenzt würde. Ich werde mich selbstverständlich für die Überprüfung aller technisch machbaren Lösungen und objektive Messungen einsetzen, bin aber überzeugt, dass es nicht richtig ist, den Anwohnern Hoffnung auf schnelle Abhilfe zu machen, auch wenn dies schwerfällt.

Wie beurteilen Sie die Ausweitung von Neubaugebieten, wie es ansatzweise in Schriesheim-Süd diskutiert wird? Stärkt das die Finanzkraft von Kommunen und hilft dabei, dass gerade Schriesheimer hier wohnen bleiben können – oder versiegelt das nicht noch mehr wertvollen Bergsträßer Boden?

Uli Sckerl: Wir brauchen künftig mehr denn je insbesondere Innenentwicklung vor Außenentwicklung, denn der bisher ungehinderte Verbrauch von Flächen muss in der Metropolregion Rhein-Neckar begrenzt werden. Wohnraum muss zudem bezahlbar bleiben, das geht mit einem breiten Mix an unterschiedlichen Wohnangeboten, für die auch vermehrt vertikales Bauen realisiert werden sollte.

Julia Philippi: Ich halte nichts davon, mich von Seiten des Landes, oder noch schlimmer als Gemeinderätin der erwähnten Nachbargemeinde, in kommunale Belange einzumischen. Ich vertraue darauf, dass in solchen Situationen die Mitglieder des Gemeinderates und die Verwaltung das Spannungsfeld zwischen Flächenverbrauch und der Schaffung von Perspektiven für Bewohner (oder auch Unternehmen) vor Ort sehr genau betrachten und dann die richtigen Entscheidungen für Schriesheim treffen. Persönlich plädiere ich grundsätzlich nicht für Erweiterungsverbote, aber für einen schonenden Flächenverbrauch und für ernst zu nehmende Ausgleichsmaßnahmen.

Sebastian Cuny: Wir erleben seit Jahren, dass Menschen unsere Stadt verlassen müssen, weil sie keinen (bezahlbaren) Wohnraum für sich und ihre Familie finden. Allein mit Innenverdichtung werden wir dieses Problem nicht lösen. Wir müssen als Stadtgesellschaft in einem Diskussionsprozess endlich entscheiden, ob wir diese Wegzüge hinnehmen oder den Menschen mit Ausweisung eines Neubaugebiets die Möglichkeit schaffen, in unserer Stadt zu bleiben.

Alexander Kohl: Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, jedoch muss man sich die jeweilige Lage vor Ort anschauen. Ein Neubaugebiet schafft Wohnraum und versiegelt Flächen. In Schriesheim handelt es sich weitgehend um hochwertige Streuobstwiesen und zudem um eines der letzten Erschließungsgebiete der Stadt. Zu bedenken ist, dass die Stadt im Erschließungsgebiet keine Grundstücke besitzt, deshalb kann sie nur über das Umlageverfahren Einnahmen erzielen, wodurch es unwahrscheinlich wird, bei einer nachhaltigen und sozialen Gestaltung des Bebauungsgebiets Einnahmen zu generieren, die über die Folgekosten (wie unter anderem Kindergartenplätze), hinausgehen.

Durch den Lockdown sind die Lokale und Läden, die Schriesheims Rolle als Mittelzentrum zwischen Weinheim und Heidelberg ausmachen, in ihrer Existenz gefährdet. Was schlagen Sie vor, um ihnen zu helfen?

Uli Sckerl: Ich habe mich sehr für die Öffnungsregelungen in der neuen Corona-Verordnung vom 7. März eingesetzt, mit denen der gesamte Einzelhandel auch in Schriesheim wieder eine Perspektive erhalten hat. Eine Öffnung wäre auch sofort für die Gastronomie im Außenbereich möglich, dafür setze ich mich ebenfalls ein. Entscheidend ist, dass die Bundesminister Altmaier (CDU) und Scholz (SPD) endlich in "die Puschen" kommen und die für den Lockdown zugesagten Hilfen endlich auszahlen.

Julia Philippi: Die Gastronomie und der Einzelhandel, aber auch Hotels und kulturelle Angebote brauchen dringend eine Perspektive. Nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung können wir unsere Stadt- und Ortskerne wiederbeleben – nicht aber mit einem Kampf aller gegen alle um die Kunden und Gäste. Ich würde mich freuen, wenn die Städte und Gemeinden entlang der Bergstraße und am Neckar einen gemeinsamen Weg finden würden, die Kaufkraft der Bewohner in der Region zu halten und künftig auch wieder für Touristen attraktiver zu werden.

Sebastian Cuny: Wir alle müssen unsere Solidarität mit den Betroffenen wahren, indem wir beispielsweise Liefer- und Abholangebote nutzen und so Kaufkraft im Ort binden. Außerdem müssen Bund und Land bis zur Wiedereröffnung Überbrückungshilfen leisten. Dann wird es uns gemeinsam gelingen, die Geschäfte und Betriebe über die Pandemie hinaus zu erhalten und diese wichtige Stütze unserer Lebensqualität zu sichern.

Alexander Kohl: Wir als Liberale treten dafür ein, dass der Einzelhandel, alle Dienstleister und die Gastronomie mit entsprechenden Schutzkonzepten verlässlich öffnen können, um die Menschen mit attraktiven Angeboten, in die Innenstadt zu locken. Die drohende Verödung der Innenstädte ist ein sehr aktuelles Problem. Um hier gegenzusteuern, muss man einerseits den Einzelhandel vor Ort bei Onlineangeboten unterstützen und andererseits auf der städtebaulichen Ebene die Attraktivität der Innenstädte für das Publikum erhöhen. Für beides gibt es gute Ansatzpunkte, ein liberaler Baustein ist die Entbürokratisierung.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung