Schriesheim im Bild 2023

13.03.2021

Wandern auf dem Blütenweg: Das Gelbe "B” führt 90 Kilometer durch die Region

Der Blütenweg beginnt an der hessischen Bergstrasse in Darmstadt-Eberstadt und endet an der badischen Bergstrasse in Wiesloch.

Von Klaus Pfenning

Über 90 Kilometer zieht sich der Blütenweg entlang der Bergstraße von Darmstadt bis nach Wiesloch. Dank Deutscher Bahn und Straßenbahn für den Rückweg lässt sich die höchst abwechslungsreiche Landschaft auch in Zeiten von Corona mit etwas sportlichem Ehrgeiz in sechs Etappen erwandern.

Etappe 1: Von Darmstadt-Eberstadt nach Zwingenberg, 14 km

Los geht’s! Und zwar an der Straßenbahnhaltestelle "Friedhof" im südlichsten Darmstädter Stadtteil Eberstadt. Die ersten Kilometer verlaufen unspektakulär und mit nur leichten Steigungen durch Buchenwald. Erst vor dem Ort Malchen öffnet sich die Landschaft und gibt Blicke auf Wiesen, Weiden und Pferdekoppeln frei. Wie an einer Perlenkette reihen sich von nun an die Dörfer und Städte der hessischen Bergstraße an den Blütenweg. Auf dieser ersten Etappe geht es häufig durch Wohngebiete. Schöne Wohngebiete! Alte Villenviertel mit viel Flair. Mit stilvollen Häusern voller Patina. Oft mit kleinen Türmchen und großen Gärten, die vom bürgerlichen Wohlstand früherer Tage zeugen. Nach zwei Stunden streifen wir den ersten Weinberg, die Lage Alsbacher Schöntal.

Die Hessische Bergstraße ist das kleinste der 13 deutschen Weinanbaugebiete. Bis hinunter nach Wiesloch im Badischen werden uns die Reben immer wieder begegnen. Erstes Etappenziel und zugleich ein echtes Highlight ist Zwingenberg mit seinen verwinkelten Gässchen, Fachwerkhäuschen und einer markanten, weithin sichtbaren weißen Bergkirche hoch über dem Ort. Rückfahrt: mit der Straßenbahnlinie 6 bis zum Eberstadter Friedhof

Etappe 2: Von Zwingenberg nach Heppenheim, 17 km

Eigentlich möchte man gar nicht mehr weg aus Zwingenberg, dem Städtchen mit seiner putzigen Altstadt. Über Kopfsteinpflaster und Treppen führt der Weg steil hinauf zur trutzigen kleinen Bergkirche. Durch die Einzellage des Zwingenberger Steingeröll geht es weiter nach Bensheim-Auerbach. Wir lassen das hoch über dem Dorf thronende Auerbacher Schloss buchstäblich genau so links liegen wie das Fürstenlager, die rund 50 Hektar große ehemalige Sommerresidenz der Landgrafen und Großherzöge von Hessen-Darmstadt. Allein sie wäre schon einen Halbtagesausflug wert. Die Vergangenheit begleitet den Blütenwegwanderer hier auf Schritt und Tritt. Zwar bekommt man auch auf der zweiten Etappe ziemlich viel Asphalt unter die Sohlen, aber der harte Untergrund lohnt sich.

Von Auerbach bis fast in die Innenstadt von Bensheim wandern wir in leichter Hanglage durch ruhige Villenviertel. Keine uniformen Bauhausklötze stechen hier ins Auge. Stattdessen genießen wir den Anblick herrschaftlicher Häuser mit außergewöhnlicher Architektur. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand am Fuß des Kirchbergs ein Viertel mit mehr als 130 Landhäusern und Villen, das von den Brüdern Heinrich und Georg Metzendorf geplant wurde. Hinter Bensheim macht der Weg einen großen Schlenker nach Osten, wo sich die Weinberge bis in den Odenwald hineinziehen. Unterhalb der markanten Starkenburg geht es weiter nach Heppenheim, dem Hauptstädtchen des Kreises Bergstraße. Rückfahrt: mit der Deutschen Bahn

Etappe 3: Von Heppenheim nach Weinheim, 18 km

Die dritte Etappe ist mit 18 Kilometern die längste, aber auch die bisher landschaftlich schönste. Im Gegensatz zu den beiden ersten Abschnitten meidet der Weg weitgehend Städte und Dörfer, stattdessen läuft er elegant oberhalb an ihnen vorbei. Vor dem Start in Heppenheim lohnt ein Bummel durch die kleine, aber feine Altstadt mit ihren zahlreichen Fachwerkhäusern und dem kuscheligen Marktplatz. Nur einen Steinwurf davon entfernt erhebt sich die mächtige Pfarrkirche St. Peter, im Volksmund auch "Dom der Bergstraße" genannt. Wenige Kilometer südlich queren wir die grüne Landesgrenze zwischen Hessen und Baden-Württemberg. Der Blütenweg verläuft ab hier in einem steten, meist leichten Auf und Ab höchst abwechslungsreich durch Weinberge und vorbei an Streuobstwiesen. Alle paar Minuten zeigt sich die Landschaft in einem anderen Bild. Besonders eindrucksvoll sind die kleinen Taleinschnitte zwischen Hemsbach und Sulzbach, vor allem das beschauliche Eichbachtal. Offene, von der Sonne verwöhnte Wiesen wechseln sich hier ab mit kleinen, kühlen Wäldchen. Eine Wanderstunde später geben die sanften Hügel den Blick frei auf Wachenburg und Windeck, die beiden Wahrzeichen Weinheims. Rückfahrt: mit der Deutschen Bahn

Etappe 4: Von Weinheim nach Schriesheim, 14 km

Der schräge Weinheimer Marktplatz mit seinem südlichen Flair ist noch verwaist, als wir ihn am Morgen in Richtung Schlosspark und Exotenwald verlassen. Vorbei an kleinen Rebgärten, blühenden Wiesen und wunderschönen Gärten geht es wieder bergauf. Bald ziehen wie im Zeitlupentempo die drei Sachsendörfer unter uns vorbei: erst Lützelsachsen, dann Hohensachsen, schließlich Großsachsen. In Hohensachsen machen wir einen kurzen Stopp auf dem Friedhof und besuchen das Ehrengrab von Sepp Herberger, dem Weltmeistertrainer von 1954. Oberhalb von Großsachsen, etwa bei der Hälfte des heutigen Wegs, laden Tische und Bänke zu einer Rast ein. Bei klarem Wetter reicht hier der Blick von der Grenze zu Frankreich im Südwesten über die Pfalz und Rheinhessen bis zum Hunsrück und zum Taunus. Unmittelbar vor der Querung der Talstraße lohnt ein kurzer Abstecher zu einem kleinen Bergwerk. Im späten Mittelalter wurden dort Silber und Blei abgebaut. Auf dem Weg in das Handballdorf Leutershausen geht es durch einen tief eingeschnittenen Hohlweg mit rund zehn Meter hohen Lehm- und Lößwänden. Vor Schriesheim dominiert dann wieder der Wein, den die Römer bereits vor 2.000 Jahren hierher gebracht haben. Kurz vor dem Etappenziel taucht links plötzlich ein Gewächs auf, das man eher im Weinheimer Exotenwald vermutet hätte: ein rund 30 Meter hoher Mammutbaum. Rückfahrt: mit der RNV-Linie 5

Etappe 5: Von Schriesheim nach Heidelberg-Rohrbach, 17 km

Erst durch schmale Gässchen der Altstadt, dann steil bergan zieht der Blütenweg durch die Weinberge hinauf zur Strahlenburg. Schriesheim ist der größte Weinort an der Bergstraße. Bis nach Dossenheim gibt es hier nur eines: Reben, Reben und noch einmal Reben. Sie schaffen einen starken Kontrast zum riesigen Mannheimer Großkraftwerk, das den Blick in die Ebene dominiert. Der zweite steile Anstieg des Tages wartet in Handschuhsheim, dem nördlichsten Stadtteil Heidelbergs. Nach einer schweißtreibenden Viertelstunde führt der Weg angenehm schattig erst flach durch den Stadtwald, dann in einem fröhlichen Zickzack hinunter nach Neuenheim. Kurz hinter Bismarck- und Adenauerplatz verlassen wir die trubelige Stadt auch schon wieder. Über zahllose Treppen geht es ein drittes Mal an diesem Tag steil nach oben, vorbei am Ehrenfriedhof und an der Klinik Speyrerhof. Ein Stopp am Bierhelder Hof, der "Heidelberger Alm" mit ihren Weiden voll schwarzer Angusrinder, ist ein Muss. Kaum eine halbe Wanderstunde später, nach einem leichten Abstieg durch den Wald, nähern wir uns schon unserem heutigen Etappenziel Rohrbach. Rückfahrt: erst mit der Straßenbahn zum Bismarckplatz in Heidelberg, weiter mit der RNV Linie 5

Etappe 6: Von Heidelberg-Rohrbach nach Wiesloch, 13 km

Die kleine Broschüre des Tourismus Service Bergstraße weist den Blütenweg nur bis Rohrbach aus. Offiziell führt er aber weiter bis Wiesloch. Wir wollen es wissen, nehmen auch die sechste und letzte Etappe unter die Wanderschuhe – und werden überwiegend enttäuscht. Nur kurze Abschnitte geht der Weg über naturbelassene Pfade, häufig dagegen auf Asphalt durch beliebig daherkommende Wohngebiete in Leimen und Nußloch. Die charmanten alten Häuser von der hessischen Bergstraße um Bensheim sind häufig einer weißen, seelenlosen Schuhschachtel-Architektur gewichen. Hinter Nußloch und der Seilbahn des Kalksteinbruchs dreht der Weg hinein in die Ebene, erst durch die Felder und dann ein Wäldchen, das bis zum Stadtrand von Wiesloch reicht. Wer zur S-Bahnhaltestelle möchte, der läuft noch einmal gefühlt endlos durch die Stadt fast bis nach Walldorf. Rückfahrt: mit der S-Bahn oder dem Bus ab der Stadtmitte Wieslochs.

Fazit: Der Blütenweg ist höchst abwechslungsreich und schön zu gehen. Aber in Heidelberg-Rohrbach mit seinem schönen Kern und der guten Straßenbahnanbindung in die City sollte man den Weg besser beenden.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung