Schriesheim im Bild 2023

03.04.2021

Auf der Suche nach Erdwärme

EnBW und MVV dürfen die Region erkunden und gründen dafür ein gemeinsames Unternehmen.

Von Carsten Blaue

Freiburg/Heidelberg. Die Energieunternehmen EnBW und MVV dürfen gemeinsam nach Erdwärme in der Region suchen. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau im Regierungspräsidium Freiburg (RP) hat ihnen dazu die bergrechtliche Erlaubnis erteilt. Das ging aus einer Information der Behörde vom Freitag hervor. In den kommenden 18 Monaten wollen EnBW und MVV laut einer gemeinsamen Mitteilung Stellen ermitteln, an denen sich die Erschließung von Erdwärme-Quellen lohnt. Bohren dürfen die Unternehmen dafür aber nicht. Das vom RP bewilligte Untersuchungsgebiet ist nicht gerade klein.

Gebohrt wird noch nicht

Es ist 270 Quadratkilometer groß und wird im Westen vom Rhein bei Mannheim bis nach Altlußheim begrenzt. Im Norden reicht es in gerader Linie von der Mannheimer Reißinsel über Seckenheim bis zum Schriesheimer Gewerbegebiet. Von hier aus bildet im Osten eine gerade Linie in Richtung Südwesten über Heidelberg und Sandhausen bis zur A6 südlich von Walldorf die Grenze, die sich im Süden vom Walldorfer Kreuz bis nach Altlußheim erstreckt.

Für ihre Voruntersuchungen wollen die EnBW und die MVV ein gemeinsames Unternehmen mit Sitz in Schwetzingen gründen. Dieses solle laut der Mitteilung in den nächsten Tagen beim Bundeskartellamt angemeldet werden. Das RP betonte auf RNZ-Anfrage, dass die erteilte Erlaubnis nicht zu Bohrungen berechtigt. Daher wollen EnBW und MVV auch ausschließlich analytische und oberirdische Messverfahren nutzen sowie Laboruntersuchungen von Wasserproben aus Brunnen. Die daraus gewonnenen Messergebnisse sollen mit bereits existierenden Daten abgeglichen und ausgewertet werden. So sollen die geologischen Gegebenheiten im Testgebiet, das den Namen "Hardt" trägt, bewertet werden. Daraus wollen die beiden Energieversorger geeignete Standorte ableiten und diese dann mit Blick auf die Erfolgschancen priorisieren.

Für seismische Messungen oder gar Probebohrungen müsste das gemeinsame Unternehmen im nächsten Verfahrensschritt einzelne Anträge stellen. Dabei muss bei jedem Antrag für einen Betriebsplan der Ort genau angegeben werden und was dort passieren soll – und mit welcher Technik. Einen Anspruch auf Genehmigung dafür, so das RP, ergebe sich aus der jetzt erteilten Erlaubnis zur Suche nicht. Zudem sind zu jedem Antrag die betroffenen "Träger öffentlicher Belange" zu hören. Dazu gehören unter vielen anderen auch die Kommunen. Laut der Behörde ist die gesamte Erkundungsarbeit auf fünf Jahre angelegt.

Die EnBW und die MVV sind überzeugt vom regionalen Erdwärme-Potenzial. Sonst würde sich der ganze Aufwand ja auch gar nicht lohnen. Die erneuerbare, CO2-freie und klimaneutrale Wärmequelle könne einen wesentlichen Beitrag leisten zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Wärmeversorgung der Zukunft. Werde diese Energie einmal gewonnen, so würde sie ins Fernwärmenetz eingespeist und so für die Region und ihre Bürger direkt nutzbar.

Klingt gut. Doch die Sache hat ein paar Haken. Erinnert sei alleine an den Stopp dreier Vorhaben Ende vergangenen Jahres nach einer Erdbebenserie im Raum Straßburg. Oder an die missglückte Bohrung in Staufen im Breisgau, bei der im Jahr 2007 rund 270 Gebäude der Altstadt beschädigt wurden.

Außerdem sind etwa die Rheinniederungen und die Reißinsel Teile eines großen Natur- und Vogelschutzgebiets, für das gerade ein Managementplan zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt erstellt wurde. Ob hier die Suche nach Erdwärme daher per se ausgeschlossen ist, konnte die RP-Sprecherin auf RNZ-Anfrage nicht sagen.

Flächen im Naturschutzgebiet

"Auf jeden Fall muss die Verträglichkeit mit den Naturschutzgebieten geprüft werden", forderte Christiane Kranz, Geschäftsführerin des Nabu-Bezirksverbandes Rhein-Neckar-Odenwald. Grundsätzlich findet der Nabu die Geothermie aber gut. Sie ist erneuerbar, sauber und unabhängig von Witterung und Jahreszeit. "Es kommt eben darauf an, was man vor Ort daraus macht. Wir stehen ja noch ganz am Anfang", so Kranz. EnBW und MVV haben zugesagt, regelmäßig über das Projekt zu informieren.

Darauf setzt auch der Brühler Bürgermeister Ralf Göck. Er ist in Sachen Geothermie besonders sensibel. Denn in seiner Gemeinde gibt es bereits ein 3700 Meter tiefes Loch, das einst die inzwischen insolvente Firma GeoEnergy gebohrt hat. Die Eigentumsverhältnisse des Geländes sind bis heute nicht ganz geklärt. Ein ähnliches Desaster drohe mit der EnBW und der MVV sicher nicht, so Göck. Geothermiebohrungen wollen er und der Gemeinderat in Zukunft trotzdem nicht mehr auf Brühler Gemarkung. Das haben sie Ende vergangenen Jahres beschlossen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung