Schriesheim im Bild 2023

23.04.2021

So steht es um die Vereine

So steht es um die Vereine

Die Sportangler boten erst unlängst ihre traditionellen Karfreitag-Zanderfilets nicht auf dem Vereinsgelände, sondern in der Oberstadt an – und die Resonanz war gewaltig. Foto: Dorn
Einer steht kurz vor dem Aus, ein anderer machte aus der Not eine kleine Tugend: Gerade bei der TSG Altenbach fehlen immer mehr die Mitglieder - Sportangler punkteten am Karfreitag mit Backfischverkauf - Finanzielle Verluste für Reiter und Motorsportler

Schriesheim. (max) Vier Vereine, die unterschiedlicher kaum sein könnten, berichten im letzten Teil der RNZ-Umfrage zu Schriesheims Sportvereinen von ihrer Situation im Coronajahr.

Serie: Vereine im Lockdown

Die für die Vereinsseele so wichtigen Veranstaltungen liegen seit Monaten bei allen brach. So berichtet der Vorsitzende des Automobilclubs Schriesheim, Hans Gross: "Wir hatten letztes Jahr im Mai noch ein Training mit Motorrädern in Hockenheim, aber seitdem ist alles tot." Ein jährliches Rennen der Motorsportfreunde in Walldürn fällt dieses Jahr zum zweiten Mal aus: "So was mit 200 bis 300 Fahrern und Helfern und Zuschauern auf einer Wiese durchzuführen, das ist mit den Auflagen nicht zu stemmen", bedauert Gross.

Beim Reit- und Fahrverein blickt man bang in die Zukunft, denn für dieses Jahr sollten sowohl die badischen als auch die Ringmeisterschaften im Juni in Schriesheim gastieren. Angesichts der aktuellen Entwicklung vermutet die Vereinsvorsitzende Cornelia Schmidt, dass es eng wird. Fällt die Veranstaltung aus, findet sie im nächsten Jahr in Südbaden statt, was erhebliche finanzielle Einbußen bedeutet.

Auch bei der Turn- und Sportgemeinschaft Altenbach kam die Pandemie zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt: "Wir wollten gerade anfangen, mit unserem Partnerverein, der TSG Wilhelmsfeld, eine neue Jugendmannschaft aufzubauen", erzählt der Erste Vorsitzende Gustav Weber. Der Verein hat, ähnlich wie der Schriesheimer Automobilclub, das Problem, dass die Mitglieder älter werden, aber kaum junge nachrücken. Weber sucht händeringend nach Trainern und Spielern, die den Verein wieder auf Kurs bringen: "Wenn wir keine Leute finden, die uns unterstützen, den Verein auszubauen, kommt es in den nächsten Jahren zum Ende. Dann können wir die Tür zuschließen."

Die goldenen Zeiten des Schriesheimer Motorsportklubs seien vorbei. Hans Gross nimmt an, dass es bei seinem Verein daran liegt, dass es keine Kartgruppe gibt, die gerade für junge Fahrer attraktiv wäre. In den 1990er-Jahren hatte es eine Anfrage für einen Kart-Platz des Klubs ans Schriesheimer Rathaus gegeben, die damals aber abgelehnt wurde.

Der Verein der Sportangler hatte immerhin etwas zu tun im vergangenen Jahr. Durch die Sanierung des Rückhaltebeckens, das vom Angelsportverein gepachtet ist, musste die Anlage trockengelegt werden. Um das zu ermöglichen, wateten die Angler mit Netzen durch den tiefen Schlamm und verluden die Fische aus dem Gewässer in 1000-Liter-Kanister, um sie dann nach Dannstadt in der Pfalz zu bringen, wo der Verein ebenfalls einen See gepachtet hat. Wenn die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sind, geht es wieder los, dann sollen neue Forellen im Rückhaltebecken angesiedelt werden. Der traditionelle Backfischverkauf an Karfreitag und auf dem Straßenfest musste im letzten Jahr ausfallen. Zum Glück entschied man sich aber für einen "To Go"-Stand Anfang Oktober: "Das hat alle Erwartungen übertroffen", berichtet der Schriftführer des Vereins, Günter Hofmann. Der für ein ganzes Wochenende eingekaufte Fisch war bereits Samstag Mittag aufgegessen. Auch eine Wiederholung der Aktion am letzten Karfreitag stellte den Verein zufrieden. Das brachte immerhin ein kleines Zubrot für die strapazierte Vereinskasse, aus der die Pacht für den Dannstadter See, das Rückhaltebecken – hier erwies sich die Stadt Schriesheim als entgegenkommend – und das Vereinsheim bezahlt werden müssen.

Finanziell hat die Pandemie unterschiedliche Auswirkungen. Beim Automobilclub konnten die Kosten so weit gesenkt werden, dass es keine Erhöhung der Beiträge brauchte: "Da muss man positiv vermerken, dass unsere Mitglieder geduldig weiter die Beiträge zahlen", so Gross. Der Reit- und Fahrverein kann sich über die Mitgliedsgelder, Gelder des Sportbundes für Trainerlizenzen und Spenden noch über Wasser halten. Die hohen Futter- und Unterhaltskosten für die Tiere seien allerdings eine sehr hohe Belastung, die ohne Veranstaltungen nicht langfristig durchgehalten werden kann. Auch die Arbeitsbelastung für die Trainer sei hoch: "Man kann halt beim Pferd nicht sagen, wir lassen die Luft raus und nach Corona pumpen wir es wieder auf", gibt Schmidt zu bedenken. Bei der Altenbacher TSG sieht es noch weniger glimpflich aus. 15 Prozent mehr Vereinsaustritte hat der Verein laut Weber letztes Jahr verzeichnet: "Durch die Zusammenarbeit mit Wilhelmsfeld können wir die Kosten gerade noch decken. Sonst sähe es noch schlechter aus."

Online-Training wie anderswo ist für keinen der vier Vereine möglich. Trotzdem ist der Zusammenhalt unter den Mitgliedern groß. Während die Altersstruktur bei den Autofans den Kontakt etwas erschwert, nutzen die anderen digitale Medien und sehen sich wenigstens ab und an im kleinen Freundeskreis. Die Vorstandstreffen finden vornehmlich über die Videokonferenzplattform "Zoom" statt. Da die Angler dieses Jahr die Hälfte ihrer Vorstandsposten neu wählen müssen, hoffen sie, dass sie sich im Juli wieder treffen dürfen. Generell ist die Planung für alle anstrengend. Automobilclub und TSG warten angespannt ab, wann sie wieder in die Planung gehen können. Die Sportangler haben schon einen Ausflug im Sommer geplant, und der Reit- und Fahrverein hat seine Veranstaltungen schon für das ganze Jahr terminiert: "Wir können nicht warten, wir müssen planen. Wir müssen es bei der Landeskommission einreichen, das Rote Kreuz muss eingeplant werden, wir müssen Sponsoren finden. Das geht nicht innerhalb von ein bis zwei Wochen", sagt Schmidt.

Alle hoffen auf ein baldiges Ende der Pandemie und auf Treffen der Mitglieder: "Es wäre wahnsinnig schön, spontan ein kleines Sommernachtsfest zu machen, auch als Coronabefreiungsschlag, das fänden die Leute bestimmt auch schön", zeigt sich Weber hoffnungsvoll.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung