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14.05.2021

Mathaisemarkt: Gibt es eine Neuausrichtung oder nicht?

Mathaisemarkt: Gibt es eine Neuausrichtung oder nicht?

Ganz anders im letzten Jahr mit dem „halben Mathaisemarkt“: Am 10. März trat bei der „Maximum Sunshine Party“ im Festzelt noch die „Kreisligalegende“ auf. An solchen Remmi-Demmi-Partys gibt es aber auch Kritik. Foto: Dorn
Unterschiedliche Positionen im Markt- und Kulturausschuss, aber kein konkreter Beschluss - Chancen für das Straßenfest stehen im Moment gut

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Es sind die großen Fragen in der Stadt: War die (fast) ersatzlose Absage des Mathaisemarkts richtig? Gibt es eine Art Alternative im Sommer? Wie sieht die Zukunft der Veranstaltung aus? Schließlich hatte die CDU unlängst 25.000 Euro im aktuellen Haushalt für eine Neukonzeption einstellen lassen. Und wie sieht es mit dem Straßenfest aus? Alles wichtige Fragen, über die der Markt- und Kulturausschuss, der zum letzten Mal vor 15 Monaten, am 18. Februar 2020, getagt hatte, beraten sollte. Konkret entschieden wurde aber nichts.

> Die Mathaisemarkt-Absage: Man kann darüber geteilter Meinung sein, ob das Fest zu spät abgesagt wurde. Zumindest sieht das Bernd Hegmann (Freie Wähler) so. Allerdings sagte Bürgermeister Hansjörg Höfer, dass man noch Anfang November "ein bisschen Hoffnung hatte", aber nach dem November-Lockdown war klar, dass es dafür keinen Spielraum mehr gegeben habe. Das fand Gabriele Mohr-Nassauer (SPD) nicht verkehrt: "Wenn der Mathaisemarkt zu früh abgesagt worden wäre, nähme das doch den Mut und Optimismus."

> Die Frage nach der Alternative: Höfer fragte in die Runde, ob das Rathaus nach der Absage "zu wenig getan hat" – was zumindest im RNZ-Kommentar so gesehen wurde. Auch hier kam die Verwaltung ungeschoren davon. Andrea Diehl (CDU) wollte "der Verwaltung keinen Vorwurf machen", schließlich sei einfach nicht mehr drin gewesen. Und sie verwies darauf, dass die Vereine mit ihrem "Jerusalema"-Video und schließlich auch die Plakate, die Heike Baar gestaltete und auf dem Festplatz aufhängte, durchaus für eine Art Ersatz gesorgt hätten. "Die Bevölkerung hat sich etwas einfallen lassen", sagte Liselore Breitenreicher (Bürgergemeinschaft). Einzig Ulrike von Eicke (FDP) äußerte leise Kritik: Auch die Stadträte hätten gern in dem von Jörg Dalmolin initiierten "Jerusalema"-Video mitgetanzt, denn auch für sie sei "der Mathaisemarkt Höhepunkt des Jahres". Für Christian Wolf (Grüne Liste) ist das Schnee von gestern: "Ich will nicht groß in die Vergangenheit schauen."

> Feste in diesem Jahr: Höfer hegt die Hoffnung, dass "wir in diesem Jahr das Straßenfest richtig feiern können". Für Ordnungsamtsleiter Achim Weitz nicht abwegig, denn gerade ist bei den Corona-Verordnungen viel im Fluss, er sieht durchaus Chancen für "ein halbwegs normales Straßenfest", zumal das auch nicht so viel Vorlauf brauche wie der Mathaisemarkt. Auch für Breitenreicher "sieht die Zukunft rosiger aus, denn die Zahl der Geimpften wird nach oben gehen". Wolf mahnte zur Vorsicht: "Es ist nicht so einfach, Veranstaltungen aus dem Boden zu stampfen." Zwar gebe es "ein großes Bedürfnis" nach Geselligkeit, aber eben auch "Ängste, aus dem alten Modus herauszukommen". Er schlug vor, dass die Stadt den Vereinen eine finanzielle Unterstützung anbieten solle – "als Basisabsicherung, um nicht ins Risiko zu gehen" und nannte eine Summe von "vielleicht 5000 Euro". Breitenreicher hat die Idee, das Straßenfest "als eine Art Weinwanderung" zu organisieren: "klein und abgespeckt" und vielleicht unter Zuhilfenahme der Luca-App. Für Höfer eine gute Idee – sowohl die Finanzhilfe für Vereine wie auch die "dezentralen Straußwirtschaften": "Wir sind generell dazu bereit." Vielleicht könne man am Straßenfest-Sonntag einen kleinen Umzug auf die Beine stellen, um so "etwas Mathaisemarkt-Flair reinzubringen". Für ihn steht fest: "Die Vereine stehen in den Startlöchern." Das heißt aber auch: Die ursprüngliche Idee, den Mathaisemarkt im Sommer in kleinerem Rahmen zu feiern, ist erledigt – man setzt alle Hoffnungen auf das Straßenfest.

> Die Zukunft des Mathaisemarkts: Hegmann gab die generelle Richtung der Debatte vor: "Wir müssen einen weiteren Niveau-Abfall verhindern!" Er rieb sich vor allem am Festzelt: "Das ist nicht so der große Hit, ich selbst gehe da nur noch zur Krönung hin." Deswegen schlug er eine Einbeziehung von Schriesheimern vor, die Erfahrungen mit anderen Festen haben, beispielsweise Christian Merkel mit dem gut besuchten Mannheimer Oktoberfest. Für Hegmann nicht der falsche Vergleich: "Vielleicht sollte es in Richtung Oktoberfest gehen, also etwas mehr fürs mittlere Alter." Mit dem Stichwort "Oktoberfest" lag auch das Reizwort "Bier im Festzelt" in der Luft, was aber nicht weiter thematisiert wurde – außer von Breitenreicher, die nichts gegen ein Oktoberfest hatte, denn das komme gut an. Aber wie dem auch sei: "Für mich ist das ein Weinzelt, Bier ist nicht das große Problem." Auch Christiane Haase (CDU) wünschte sich "eher etwas Gediegeneres" und weniger Remmi-Demmi. Auch Bernd Molitor (Grüne Liste) fand: "Man muss an das Thema ran und sich um die große Linie Gedanken machen" – vielleicht auch mit der Einbeziehung des Zehntkellers.

Doch der Widerstand ließ nicht lange auf sich warten. Diehl warnte davor, das Festzelt schlecht zu machen: "Nachher haben wir keines mehr." Mohr-Nassauer fand eine öffentliche Diskussion im Moment deplatziert – und außerdem zu detailreich. Vor allem der Bürgermeister verteidigte die bisherige Organisation – mit Verweis auf steigende Besucherzahlen in den letzten Jahren: "Ein eigenes Festzelt ist extrem teuer", allein das BdS-Zelt koste 50.000 Euro, "ohne Heizung". Dagegen trage Festzelt-Wirtin Ilona Böhm jetzt das Risiko, sie sei eine sichere Bank: "Wir sind froh, wenn wir jemanden haben." Außerdem wollen die Jugendlichen ins Zelt, so Höfer: "Da ist halt was los. Mit etwas Gediegenem erreicht man die nicht mehr." Das sah ähnlich Renate Hörisch-Helligrath (SPD): Zwar ist sie mit dem Festzelt auch nicht so ganz zufrieden, aber es sei "nicht leicht, jemanden zu finden, der das wuppt". Von daher solle man "nicht zu kritisch werden". Beschlossen wurde nichts, also ob eventuell eine Agentur mit der Neuausrichtung eines Festes beauftragt werden soll. Stattdessen wollen sich nun die Stadträte in einer Arbeitsgruppe zusammensetzen. Vielleicht wird auch "externe Expertise" (Fadime Tuncer, Grüne Liste) da mitreingeholt.

Eine andere Frage ist die der Finanzen: Denn der Mathaisemarkt kostet die Stadt bis dato knapp 100.000 Euro, plus 60.000 Euro für den Einsatz des Bauhofs. Von diesem Brocken würde Haase gern herunterkommen. Daher hätte sie gern ein Sponsoring-Konzept, also ob beispielsweise auch Unternehmen Werbung machen dürfen: "Schade, dass wir da so viel drauflegen." Höfer, der generell wenig Neuerungsbedarf sah, wollte am städtischen Zuschuss nicht rütteln, schließlich kosten das Straßenfest und die Altenbacher Kerwe im Verhältnis mehr. Wenn man nicht bereit sei, Geld in die Hand zu nehmen, erlebe das Fest einen Niedergang. Aber auch hier: kein Beschluss.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung