Schriesheim im Bild 2023

28.09.2021

Der Verlust eines Abgeordneten schmerzt

In der Region hadert man mit dem Verlust von bundespolitischem Gewicht - Fast alle Hoffnungen ruhen auf Brantner, wenige auf Kaufmann

Bergstraße-Neckar. (hö/ans/krs/web) Bislang war der Wahlkreis mit drei Abgeordneten – früher sogar vier – in Berlin vertreten. Doch nun werden es mit Franziska Brantner (Grüne) und Malte Kaufmann (AfD) nur noch zwei sein. Davon zeigen sich Bürgermeister und Parteivorsitzende an Bergstraße und Neckar ernüchtert.

Schriesheim: "Immer noch ist die Enttäuschung groß", schnauft die CDU-Vorsitzende Christiane Haase durch, "nach einem so anstrengenden und engagierten Wahlkampf." Nicht nur, dass Alexander Föhr das Direktmandat nicht schaffte, sondern dass nun neben Brantner ausgerechnet ein AfD-ler den Wahlkreis vertreten wird, macht ihr gerade schwer zu schaffen. Auch mit der Bundespartei hadert sie: "Von der haben wir definitiv keinen Rückenwind bekommen." Ein Neuanfang muss her: "Wenn wir nicht auf der Bundesebene richtig durchpusten, bekommen wir irgendwann keine Leute mehr an den Stand." Und Laschet? "Den sehe ich nicht als Kanzler." Haases einzige Hoffnung: dass Föhr so bald als möglich nachrückt.

Auch FDP-Vorsitzende Ulrike von Eicke ist enttäuscht, dass Dennis Nussers Wahlkampf nicht belohnt wurde. Und doch sieht sie in ihm einen liberalen Hoffnungsträger. Auch wenn es jetzt nur noch zwei Abgeordnete für die Bergstraße gebe, ihr bewährter Ansprechpartner bleibe ja Jens Brandenburg, der FDP-Abgeordnete vom Wahlkreis Rhein-Neckar.

Hirschberg: "Ich denke, dass es in der Vergangenheit gut war für unseren Wahlkreis, dass drei Abgeordnete aus unterschiedlichen politischen Lagern unsere Interessen auf Bundesebene vertreten haben", sagt Bürgermeister Ralf Gänshirt. Aus seiner Sicht wäre es "verfrüht und auch unfair", bereits jetzt zu urteilen, was der Verlust eines Abgeordneten bedeute. "Und mit Franziska Brantner vertritt auch zukünftig eine sehr erfahrene Politikerin die Interessen unseres Wahlkreises", so Gänshirt. Er freue sich auf die Zusammenarbeit.

Für CDU-Fraktionsvorsitzenden Christian Würz war zwar das Gesamtergebnis im Bund "sehr enttäuschend", aber er freute sich, dass Föhr in Hirschberg sein bestes Ergebnis erzielt hat. Auch bei den Zweitstimmen lag die Partei vorn: "Das ist das, was mich aufrecht hält." Für ihn "das große Minus": dass der Wahlkreis jetzt nur noch zwei Vertreter hat. Zudem sei die hiesige CDU nun weder in Stuttgart noch im Bundestag direkt vertreten. Nun müsse man es schaffen, die CDU-Anliegen auch Brantner näher zu bringen. Kaufmann kennt Würz noch aus dessen CDU-Zeit sowie aktuell als Kreistagskollegen. Auch wenn man sehr unterschiedliche Positionen vertrete, so geht Würz doch davon aus, dass sich Kaufmann seiner Verantwortung für die Region bewusst sei. Und schließlich gibt es aus seiner Sicht auch noch einen Hoffnungsschimmer: Föhr ist erster Nachrücker auf der CDU-Landesliste.

Weinheim: Sowohl Oberbürgermeister Manuel Just als auch Erster Bürgermeister Torsten Fetzner sehen in Brantner eine starke Vertreterin der Region. Dennoch ziehen sie ein sehr gemischtes Fazit: "Aus unserer Sicht ist es sehr unerfreulich, dass wir von ehemals drei Vertretern aus der politischen Mitte jetzt nur noch eine haben, nämlich Franziska Brantner. Das ist ein echter Schlag, zumal wir ja auch schon bei der Landtagswahl einen Abgeordneten verloren haben", so Just. "Einzig die Tatsache, dass mit Brantner eine Vertretung gesichert ist, die in ihrer Partei eine hervorgehobene Rolle einnimmt, ist an dieser Stelle positiv." Fetzner sieht es ähnlich: "Wir gratulieren Brantner zu ihrem klaren Wahlsieg. Wir bedauern aber sehr, dass außer ihr kein weiterer Mandatsträger der demokratischen Parteien zukünftig die Belange des Wahlkreises in Berlin vertritt."

Während die Verwaltungsspitzen sich eines Kommentars zur AfD enthalten, bezieht der Grünen-Ortsverband Stellung: "Die AfD wird im neuen Bundestag keine Rolle spielen. Ihre Stimmverluste im Wahlkreis sind erheblich." Kaufmann werde auch kein Vertreter der Bergstraße sein, "sondern sein kleines Klientel bedienen". Verglichen mit Brantner habe Kaufmann bei den Erstimmen gerade mal ein Fünftel erreicht: "Das Interesse der Menschen und der Gemeinden an der Bergstraße wird sich auf Brantner konzentrieren."

Edingen-Neckarhausen: "Das ist natürlich nicht so gut wie vorher", sagt Bürgermeister Simon Michler. "Vorher hatten wir drei Ansprechpartner für den Wahlkreis im Bundestag, jetzt sind es formal noch zwei." Persönlich tue es ihm für den CDU-Kandidaten Alexander Föhr leid. Er sei deutlich präsenter gewesen als die anderen Kandidierenden. "Elisabeth Krämer habe ich persönlich nicht kennengelernt. Ich weiß gar nicht, ob sie überhaupt für den Wahlkampf in Edingen-Neckarhausen war."

Zum Ergebnis der Linken sagt Edgar Wunder vom Ortsverband: "Zufrieden kann man damit nicht sein, aber ich habe es so erwartet. Die Stimmen, die die SPD in den vergangenen Wochen zugelegt hat, müssen ja irgendwo herkommen." Das sehe man auch klar an den Wählerwanderungen. "Im Wahlkreis Mannheim bleibt Gökay Akbulut unsere Abgeordnete."

Ladenburg: SPD-Vorsitzender Markus Bündig lobt Krämer für ihren "engagierten Wahlkampf", mit dem sie "insgesamt ein beachtliches Ergebnis" erzielt habe. Bürgermeister Stefan Schmutz gratulierte Brantner zu ihrem "beeindruckend errungenen" Direktmandat. Er bedauert, dass keine weiteren Abgeordneten von SPD oder CDU aus dem Wahlkreis im Bundestag vertreten sein werden. "Ladenburg hat mit Brantner nur noch eine Ansprechpartnerin im Wahlkreis für den Bund."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung