Schriesheim im Bild 2023

17.10.2021

So lief das Weinjahr bei den Winzern

So lief das Weinjahr bei den Winzern

Alles in allem war 2021 kein herausragendes, aber doch ein gutes Weinjahr. Foto: Dorn
Das kühle und nasse Wetter stellte die Winzer in diesem Jahr vor besondere Herausforderungen. Es gab weniger Alkohol und mehr Frische.

Von Max Rieser

Schriesheim. Dass es ein durchwachsener Sommer war, ist fast schon untertrieben. Vor allem die Bilder aus dem Ahrtal werden wohl noch länger im Gedächtnis bleiben. Doch wie gingen die Schriesheimer Winzer mit der kühlen, regenreichen Witterung um, und was erwarten sie sich vom neuen Jahrgang, der gerade seinen Weg in Tanks und Fässer gefunden hat? Die RNZ fragte nach.

> Winzergenossenschaft (WG): Der Vorstandsvorsitzende Karlheinz Spieß sagt, dass der Regen zu einer Erholung der Pflanzen geführt hat, die in den letzten Jahren chronisch unterwässert waren. Der Pilzdruck war auch für die WG groß, sodass die Lese in großer Hektik begann: "Es war eine stressige Lese dieses Jahr", berichtet er. Durch die Furcht vor einem weiteren Ausbreiten der Pilzkrankheiten habe man versucht, alles so schnell wie möglich zu ernten. Für Prädikatsweine wie Spätlesen konnte in diesem Jahr nichts hängengelassen werden. Trotzdem ist Spieß mit der Qualität der Trauben zufrieden.

In den letzten Jahren habe das höhere Mostgewicht alkoholbetontere Weine ergeben. Nun erwartet er leichte, fruchtige Weine. Für die WG war das aber eine Zitterpartie, da der Saft ihrer Trauben in einem bestimmten Oechsle-Bereich sein muss, sonst wird der Auszahlungspreis gesenkt. Das ist aber wohl nicht der Fall, da man sich auch in Breisach, wo der Wein ausgebaut wird, über die Bedingungen bewusst sei.

> Weingut Bielig: Für Winzer Georg Bielig war es ein Jubiläum, denn es ist mittlerweile der 30. Jahrgang, den er geerntet hat. Gerade bei den Burgundern sei es schon früh hektisch geworden, berichtet er. Das habe daran gelegen, dass durch das warme Wetter im Spätsommer die Kirschessigfliege angelockt worden sei. Um dem Ungeziefer nicht die bereits reifen Rotweintrauben zu überlassen, musste also schnell gelesen werden. Als das erledigt war, konnte der Weißwein in aller Ruhe geerntet werden – Riesling sowie Souvignier Gris in aller Ruhe sogar bis letzten Samstag. Unter dem Wechsel von Trockenphasen und regenreichen Abschnitten hätten einige Reben gelitten und ihre Trauben nicht mehr richtig ernähren können. Dadurch musste schon früh viel herausgeschnitten werden, um die Fäule aus den Stöcken herauszuhalten und den restlichen Trauben mehr Nährstoffe zukommen zu lassen. Nach der anstrengenden Arbeit im Weinberg sei man jetzt mit einem angenehmen Wein im Keller belohnt worden: "Sie gären recht langsam, ohne besonders stürmisch zu sein." Gerade die Rieslinge und Silvaner hätten von dem Wetter profitiert, während der Merlot eher darunter litt.

> Weingut Max Jäck: Für den jungen Winzer ist es der bisher kühlste Sommer gewesen. Der Zustand der Trauben habe – gemessen an deren Reifegrad – außerdem eine relativ zeitige Ernte gefordert, sagt er. Im letzten Jahr sei er zum Beispiel am 16. September mit der Ernte fertig gewesen, dieses Jahr war dies das Startdatum für die Lese. Mit dem "späten" Herbsten sei er aber verwöhnt: "Die Kollegen, die schon länger dabei sind, sind die frühere Ernte gewöhnt", erklärt er. Auch Jäck erntete zuerst Rotwein, das hat aber geschmackliche Gründe: "Ich mag schlankere Rotweine, die nicht mehr als 13 Prozent Alkohol haben."

Durch den niedrigeren Zuckergehalt bei der früheren Lese bekommt der Wein später weniger Alkohol. Auch für Jäck war das Ernten viel Arbeit, denn der Rotwein musste genauestens selektiert werden, um beschädigte Trauben herauszuholen. Größere Einbußen im Ertrag habe es aber nicht gegeben, da die Pflanzen durch den Regen mehr Früchte getragen hätten. Der Gewinner des Wetters sei für ihn der Riesling. Durch die kühle Witterung im Sommer sei eine "rieslingtypische, knackige Säure" herausgekommen. Er erwartet leichte, frische und fruchtige Weine, die den vorherrschenden Geschmack treffen könnten.

> Weinstube Müller: Da die Familie Müller vornehmlich für den Ausschank in der Weinstube anbaue, habe der Ertrag gereicht, berichtet Martina Müller. Die Anbaufläche sei ohnehin reduziert worden. Auch bei ihr sei die Lese durch das viele Selektieren anspruchsvoll gewesen: "Bei dem, was wir raus bekommen haben, ist die Qualität aber sehr gut für die Weinstube."

> Weingut Bormann: Bei Anne Kathrin Bormann war die Lese "mühsamer, weil man viel rausschneiden und sehr, sehr gründlich ausputzen musste". Durch ihre Lesehelfer sei die Arbeit aber gut von der Hand gegangen. Sie erwartet einen spritzigen Weißweinjahrgang, auf den sie sich freue. Rotweintrauben habe sie vor allem für Rosé geerntet, da auch sie die Trauben so früh "holen" musste, dass sie noch nicht alle Rotweinqualität hatten. "Ein kleines Fässchen Rotwein" gebe es aber doch. Bis der auf die Flasche kommt, dauert es aber noch ungefähr zwei Jahre. Weißwein füllt Bormann ab nächsten April ab.

> Majers Weinscheuer: Das selektierte Lesen sei viel Arbeit gewesen, habe es ihr aber auch ermöglicht, das Beste herauszuholen, erklärt Christiane Majer. Dass sie zum zweiten Mal in Folge mit dem St. Laurent zuerst einen Rotwein gelesen habe, sei nicht nur der dünnen Haut der Rebsorte, sondern auch dem Klimawandel geschuldet. Das veränderte Wetter würde Fäulnis in den Trauben begünstigen, schätzt sie ein. Trotzdem habe die Region Glück gehabt. Durch Hagel seien in Österreich ganze Ernten ausgefallen. Auf die Wetterveränderungen müsse man jetzt jedes Jahr individuell reagieren, prognostiziert Majer. Eine Prognose für den Jahrgang sei noch schwierig, da es auch auf das Wirken im Keller ankäme und noch nichts in Stein gemeißelt sei: "Ich bin zuversichtlich und versuche, das Beste herauszuholen", sagt die Winzerin, die mit der Lese fast fertig ist.

> Weingut Rosenhof: Hier endet die Lese dieses Wochenende, berichtet Matthias Schmidt. Er rechnet mit einem Rückgang des Ertrags um ungefähr zehn Prozent wegen des wechselhaften Wetters. Das, was aber im Keller gelandet ist, könne sich sehen lassen: "Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden." Auf der Zielgeraden hätten die Temperaturen ihm in die Karten gespielt: "Warme Tage und kühle Nächte sind sehr förderlich für die Aromareife." Gerade den Riesling erwartet er als sehr frisch und langlebig durch etwas mehr Säure. Es würden schöne, klare, sortentypische Weine werden, schätzt Schmidt. Auch das Team vom Rosenhof hatte zeitweise mehr zu tun als sonst. Das lag laut Schmidt daran, dass die Pflanzen nach dem Regen sehr schnell wuchsen und man darauf reagieren musste. Da die Bestände durch die treue Stammkundschaft im Weingut arg geschrumpft sind, hofft der Winzer, schon im März die ersten Weine auf der Flasche zu haben.

> Weingut Döbler: Julian und Daniel Döbler beendeten ihre Weinlese in Angelbachtal am 25. September: "Wir haben richtig Glück gehabt, denn in der Woche danach hat es angefangen zu regnen." So sind sie mit der geernteten Menge "sehr zufrieden". Durch den vielen Regen sei der Pilzdruck an den Pflanzen sehr groß gewesen, was ein genaues Hinsehen erforderte. Beim Ernten musste dann noch mal genau darauf geachtet werden, dass keine faule Traube im Bottich landete. Das habe die Lese sehr in die Länge gezogen: "Wir haben fast doppelt so lang gebraucht als sonst." Auch die Döblers gehen von einem sehr guten Weißwein-Jahrgang aus. Das Mostgewicht, also der Zuckergehalt in den Trauben, sei relativ niedrig, was weniger Alkohol und leichtere, feinere Weißweine ergibt.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung