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22.10.2021

Bürgermeisterwahl Schriesheim: Die FDP unterstützt keinen Kandidaten

Bürgermeisterwahl Schriesheim: Die FDP unterstützt keinen Kandidaten

Kein „Duell“ der Bürgermeisterkandidaten, sondern eine separate Vorstellung in einem Abstand von einer halben Stunde: Zunächst sprach Christoph Oeldorf (links) im „Neuen Ludwigstal“ vor den zehn Mitgliedern der Schriesheimer FDP, dann folgte Fadime Tuncer. Fotos: Dorn
Die Liberalen verweigern eine Empfehlung für Oeldorf. Einzelne wollen jedoch für ihn Wahlkampf machen.

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Zum ersten Mal seit Ende der "Ära Riehl" 2005 unterstützt die FDP keinen "bürgerlichen" Kandidaten. Oder positiv formuliert: Die Liberalen sprechen bei der anstehenden Bürgermeisterwahl keine Empfehlung für Christoph Oeldorf (unterstützt von CDU, Freien Wählern und Teilen der Bürgergemeinschaft) oder für Fadime Tuncer (Grüne Liste) aus. Am Mittwochabend hatten sich beide auf einer Mitgliederversammlung der FDP im "Neuen Ludwigstal" jeweils gut eine halbe Stunde vorgestellt, dann berieten die zehn anwesenden Mitglieder – insgesamt hat der Schriesheimer Ortsverband 23 – nicht-öffentlich eineinhalb Stunden lang. Es muss wohl recht kontrovers zugegangen sein, denn auch die Vorsitzende und Stadträtin Ulrike von Eicke sprach am Donnerstagmorgen gegenüber der RNZ von einer "heftigen Debatte": "Die Mehrheit war dafür, keinen Kandidaten zu unterstützen."

Dabei spielte durchaus eine Rolle, was den Ausschlag geben soll: die politische Orientierung? Oder die Persönlichkeit? Zumindest politisch dürften die Liberalen näher bei Oeldorf sein, allerdings überzeugte nicht jeden seine Person, offenbar auch nicht von Eicke, die sich daran störte, dass der Kandidat "sich nicht festlegen wollte", er sei "in seinen Positionen zu weich gewesen". Über seine Mitbewerberin Tuncer wollte die FDP keinen Stab brechen, vielleicht auch weil sich gerade Liberale und Grüne auf Bundesebene annähern, aber auch hier kam keine Unterstützung in Frage. Kurz: "Wir als FDP machen keinen Wahlkampf." Aber es sei jedem einzelnen überlassen, sich für einen Kandidaten zu engagieren. Dass durchaus ein Riss durch die Partei geht, zeigt die Antwort ihres Ratskollegen Wolfgang Renkenberger. Der sagte auf RNZ-Anfrage: "Ich, als Bürger, werde den Kandidaten Oeldorf unterstützen – öffentlich, am Wahlkampfstand und bei ähnlichen Gelegenheiten."

In einer ersten Reaktion sagte Oeldorf, dass er "fast mit einer solchen Entscheidung der FDP gerechnet" habe – und auch er verwies auf die angelaufenen Koalitionsverhandlungen in Berlin. "Natürlich wäre es schön gewesen, als symbolische Handlung. Aber am Ende entscheidet jeder Einzelne, wen er wählt."

In ihrer Vorstellung blieben sich die beiden Kandidaten treu – wie schon vorher bei der Bürgergemeinschaft und der SPD –, und die inhaltlichen Unterschiede beider sind eher klein. Dabei kam es allerdings nicht zu einem "Duell" (wie noch bei der SPD), zuerst sprach Oeldorf, dann Tuncer. Oeldorf, seit viereinhalb Jahren Wilhelmsfelder Bürgermeister, begründete seine Kandidatur damit, dass Schriesheimer auf ihn zugekommen seien und er eben – allein wegen seiner Schulzeit am Kurpfalz-Gymnasium und vieler Freundschaften – die "Chance, die nicht wieder im Leben kommt", ergriffen habe. Und er versprach, sich auch nirgendwo anders zu bewerben.

Der Kandidat will die "Entwicklung Schriesheims vorantreiben", gerade was den Investitionsstau und die Vitalisierung der Innenstadt angehe, aber auch "das Miteinander, vor allem die Vereine" fördern. Die Stadt sei "eine Perle, die ein bisschen angestaubt sei, und die sollte man jetzt entstauben". Auf Nachfrage von Alt-Stadtrat Bernhard Scharf – der Ehrenvorsitzende der FDP wurde im Mai 85 Jahre – zu seinen politischen Bindungen, erklärte er abermals: "Ich bin Mitglied der Freien Wähler Hirschberg, der Landes-CDU und habe eine Grüne geheiratet." Aber klassische Parteipolitik habe auf kommunaler Ebene wenig zu suchen, hier entscheiden gute Ideen.

Tuncer beschrieb sich, allein schon wegen ihrer "Gastarbeiterbiografie" als "Kämpferin", zugleich auch als Brückenbauerin, nicht nur zwischen den Fraktionen im Rat, sondern auch zwischen Rathaus und Bürgern. Deswegen sei ihr Hauptanliegen eine größere Transparenz und eine bessere Information für die Bürger – was wiederum die Akzeptanz von Ratsentscheidungen erhöhe. Von Eicke fragte nach Oeldorfs Führungsstil im Rathaus, und der antwortete, man müsse Vorgaben machen, zugleich aber den Mitarbeitern einen Entscheidungsspielraum lassen: "Ich bin keiner, der alles besser weiß."

Beide Kandidaten wurden nach ihren Ideen für die Innenstadt gefragt. Und beide sind für mehr Aufenthaltsqualität – was auch für den Festplatz gilt. Während Oeldorf für ein Gesamtkonzept des Geländes, auch im Zuge einer anstehenden Sanierung des Rathauses, eintritt, kann sich Tuncer hier einen Park, wie ihn die Bürgergemeinschaft im Sinn hat, vorstellen. Allgemein sei mehr Grün oder sogar eine Rebenzeile in der Heidelberger Straße wie in anderen Weinorten denkbar: "Da kann man mehr machen", meinte Tuncer. Und beide sind durchaus dafür, die Heidelberger Straße, zeitweise (gerade am Wochenende), für den Autoverkehr zu sperren. Für Ingeborg Scharf ist eine "Flaniermeile Heidelberger Straße" (Tuncer) keine Option: "Wir müssen da mit dem Auto hin – wie viele andere, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Und dann stirbt die Heidelberger Straße aus."

Immerhin, es gibt auch Unterschiede, zum Beispiel beim etwaigen Neubaugebiet am Schlittweg: Da ist Oeldorf grundsätzlich offen(er) – allerdings müssten erst die Potenziale bei Leerständen und Brachgrundstücken gehoben werden: "Wenn es keinen Sinn ergibt, sollte man es bleiben lassen." Hier ist Tuncer eindeutiger: Sie will "kein investorengesteuertes Neubaugebiet": "Das sieht man beim Gärtner-Gelände. Das ist ein Musterbeispiel, wie ein Areal nicht erschlossen werden sollte." Die Neunutzung dieses Areals will allerdings Oeldorf "nicht auf die lange Bank schieben". Eine Stadt, so Tuncer, solle nur dann ein Neubaugebiet beschließen, wenn sie sich sicher sein könne, die gewünschte Entwicklung auch beeinflussen zu können. Dazu müsse man aber alle Grundstücke aufkaufen – und das "ist illusorisch".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung