Schriesheim im Bild 2023

02.11.2021

Erster Corona-Ausbruch in einem Schriesheimer Altenheim

33 Personen wurden im "Edelstein" seit Freitag positiv getestet. Ein Besuchsverbot wurde erlassen. Es gibt Vorwürfe gegen den Betreiber, doch der widerspricht.

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie hat ein Corona-Ausbruch ein Schriesheimer Seniorenheim erreicht: Das Gesundheitsamt bestätigte auf RNZ-Anfrage "einen größeren Corona-Ausbruch in einer Schriesheimer Alten- und Pflegeeinrichtung". Auch wenn es die Kreisbehörde aus Datenschutzgründen nicht sagen darf: Dabei handelt es um das "Haus Edelstein", wie die RNZ am Sonntagabend zunächst aus anonymer Quelle erfuhr. Aktuell sind 33 Personen – 14 Bewohner aus mehreren Wohnbereichen (von insgesamt 28) und 19 Mitarbeiter (von insgesamt 36) – betroffen. Nach positiven PCR-Tests bei vier ungeimpften Angestellten und einem geimpften Bewohner erfolgte am Freitag eine Flächentestung, deren Ergebnisse seit Montag vorliegen, so das Gesundheitsamt. Das ermittelt gerade auch, ob es "ein weiteres Ausbruchsgeschehen in einem Alten- und Pflegeheim im Rhein-Neckar-Kreis" gegeben haben könnte.

Am Morgen des gestrigen Montags wurden in ganz Schriesheim 37 positiv auf Corona Getestete gezählt, davon acht Neuinfektionen. In diesen Zahlen sind die meisten Fälle aus dem "Edelstein" noch nicht enthalten. Wenn die noch dazukommen, dürfte die sowieso schon recht hohe Sieben-Tage-Inzidenz in der Stadt – sie liegt Montagfrüh bei 173 – die 200er-Marke reißen und damit in die Nähe des bisherigen Höchstwerts (22. Dezember: 227) kommen. "Das Gesundheitsamt ermittelt die Kontaktpersonen und entscheidet gemeinsam mit der Heimleitung über die weiteren Maßnahmen", heißt es aus der Behörde. Konkret gilt ein Besuchsverbot für die gesamte Einrichtung, die betroffenen Wohngruppen werden isoliert, denen dann auch feste Mitarbeiter zugeordnet werden.

Wie der "Edelstein"-Betreiber, die SWB-Wohnstift-Betriebsgesellschaft aus dem mittelbadischen Bühl, berichtet, seien die Krankheitsverläufe eher mild, so Geschäftsführer Hubertus Seidler. Anders die anonyme Quelle, laut der zwei Bewohner ins Krankenhaus gekommen seien; mittlerweile sei eine ältere Frau gestorben. Das wiederum bestätigte Seidler, allerdings habe es sich um eine Schwerkranke gehandelt, die im "Edelstein" palliativ versorgt wurde und sowieso gestorben wäre. Sie war das mittlerweile zehnte Schriesheimer Todesopfer in Verbindung mit der Pandemie (RNZ vom Freitag).

Der erste Fall im "Edelstein" sei am Donnerstag aufgetreten, über das lange Wochenende wurde die Einrichtung von einer Ansteckungswelle erfasst, so Seidler. Auch hier widerspricht der Hinweisgeber, der ungenannt bleiben will: Bereits ab dem 18. Oktober habe es erste Anzeichen bei einer ungeimpften ungarischen Pflegekraft, die erst frisch angefangen habe, gegeben. Zudem seien die Tests nicht lückenlos erfasst worden. Seidler hält dagegen: "Wer die Infektionsquelle war, lässt sich nicht lokalisieren." Er bestreitet einen laschen Umgang mit Tests: "Natürlich testen wir nicht jeden Tag, sondern so, wie es der Gesetzgeber und die Krankenkassen fordern: dreimal in der Woche." Dass es ungeimpfte Mitarbeiter gibt, bestreitet Seidler gar nicht: "Das ist in jeder Einrichtung so. Es gibt ja keinen Impfzwang." Im Schnitt aller 15 Heime, die die SWB betreibt, seien 75 Prozent der Pflegekräfte geimpft, in den letzten Monaten habe sich diese Quote auch nicht mehr groß erhöht. Der Hinweisgeber bemängelt allerdings, dass es bisher keine Auffrischungsimpfungen für die Angestellten und Bewohner gegeben habe.

Überhaupt geht diese Quelle mit SWB sehr ins Gericht: Nach der Übernahme des "Edelstein" vor fünf Jahren seien die Arbeitsbedingungen schlechter geworden, das Betriebsklima habe gelitten, die Personaldecke sei zu dünn, aus der Bühler Zentrale kämen kaum Informationen, zudem arbeiteten in den letzten Jahren vor allem Kräfte aus Ungarn hier, sodass "man mit Sprachbarrieren zu kämpfen" habe. Kurz: "Die Stimmung der alteingesessenen Mitarbeiter ist auf dem Tiefpunkt."

Auch das bestreitet Seidler: Das "Edelstein" sei personell gut aufgestellt, gerade durch die Einstellung von ungarischen Mitarbeitern. Ein Plus der Einrichtung sei, dass hier zwölf Schwerbehinderte arbeiten, die sonst auf dem Arbeitsmarkt schlechte Chancen hätten. Insofern "stellen wir mehr Personal, als wir eigentlich müssten". Auch den Vorwurf, dass die SWB ihre Mitarbeiter ausbeute, weist Seidler zurück: "Das kann sich heute niemand mehr leisten. Die Pflegekräfte können sich ihre Arbeitsstellen aussuchen. Und deswegen zahlen alle Einrichtungen nach Tarif."

Um die Personalnot im "Edelstein" angesichts von 19 Mitarbeitern, die in Quarantäne gehen mussten – immerhin mehr als die Hälfte des gesamten Personals –, zu lindern, wurde bereits ein Personaldienstleister kontaktiert, der neue Kräfte entsenden soll, erklärte Seidler.

Update: Dienstag, 2. November 2021, 20.03 Uhr

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung