Schriesheim im Bild 2023

06.11.2021

In der Schwebe: Was wird 2022 aus dem Schriesheimer Mathaisemarkt?

Der BdS verzichtet bereits auf das Gewerbezelt und die Mittelstandskundgebung, aber eine Komplettabsage ist bisher unwahrscheinlich.

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Es ist momentan neben der Bürgermeisterwahl das große Thema in der Stadt: Wird es im nächsten Jahr einen Mathaisemarkt geben? Doch eine Antwort wird man erst einmal nicht bekommen, auch wenn wenn man immer wieder hört – auch von den Bürgermeisterkandidaten –, dass am wahrscheinlichsten wohl ein Fest in kleinerem Rahmen sei.

Fragt man Ordnungsamtsleiter Achim Weitz, was Sache ist, sagt der: "Wir bereiten uns auf alles vor." Was wiederum, zumindest Stand heute, bedeutet, dass eine Komplettabsage wie im letzten Jahr eher unwahrscheinlich ist. Zumal es ja unbedingt eine Krönung geben muss, da die Amtszeit der seit 2020 herrschenden Weinhoheiten nicht noch einmal verlängert werden soll. Und so hört man immer mal wieder, dass die Inthronisation ihrer Nachfolgerinnen auch im Zehntkeller stattfinden könnte. Auch darauf will sich Weitz noch nicht festlegen, denn er hängt selbst in der Luft.

So sei im Moment ein Festzelt zwar coronakonform – wie überhaupt Clubs und Discos –, aber wer weiß denn schon, wie es in vier Monaten aussieht? Zumal gerade – wie im letzten Jahr – die Fastnachtsumzüge reihum abgesagt werden. Da liegt die Frage nach der Zukunft des Festzugs nahe. Auch hier kann sich Weitz nicht festlegen, er will in den nächsten Wochen mit den Vereinen besprechen, ob die irgendwelche Ideen haben. Und ansonsten wird auf der Markt- und Kulturausschusssitzung im Dezember eine Entscheidung fallen, vielleicht wisse man da mehr. Der zeitliche Vorlauf für die Festorganisation reiche da noch aus, allerdings schwant Weitz jetzt schon: "Das wird ein Ritt auf der Rasierklinge." Relativ ungefährdet ist der Rummel, der sich ja schon am Straßenfest mit festen Eingängen und Kontrollen bewährt hat. Weitz seufzt: "Vor ein paar Wochen war ich noch zuversichtlicher. Aber nun ähnelt die Entwicklung der im letzten Jahr – mit steigenden Coronazahlen und sich häufenden Absagen."

Unterdessen schlug der BdS-Vorsitzende Rolf Edelmann einen ersten Pflock ein: Er will 2022 auf jegliche Mathaisemarkt-Aktivitäten verzichten: also kein Gewerbezelt und keine Mittelstandskundgebung. Auf RNZ-Anfrage erklärte er, dass sich das Gewerbezelt im Moment kaum planen ließe: "Wer lässt sich jetzt darauf ein?" Er würde also kaum genügend Aussteller zusammenbekommen, "schon im letzten Jahr hatten wir einen Leerstand". Außerdem werde es schwer, an den Eingängen zu kontrollieren und dann drinnen die nötigen Abstände einzuhalten, also weniger Stände – während die Kosten, ungefähr 50.000 Euro, die gleichen bleiben.

Schon beim letzten Mathaisemarkt 2020, der in der Mitte abgebrochen wurde, entstanden dem BdS "riesige Verluste" von über 20.000 Euro, die der recht kleine Verein erst einmal verdauen muss. Allerdings ist für Edelmann das Gewerbezelt nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Denn für 2023 hofft er auf eine Neuauflage: "Der Bedarf ist da, das Interesse wird eher noch größer." Generell seien lokale Gewerbeschauen wichtig, hier würden gute Geschäfte gemacht. Insofern ließe sich dieses Veranstaltungsformat "reaktivieren – wie auch heute die Gaststätten". Der Absage für 2022 kann Edelmann auch positive Aspekte abgewinnen: Für den Mathaisemarkt 2023 kann der neue Bürgermeister oder die neue Bürgermeisterin "neue Ideen reinbringen", insofern hofft er auch auf "neue Ideen, an die wir heute noch nicht denken".

Auch die Mittelstandskundgebung wird im kommenden Jahr ausfallen. Denn die "macht nur Sinn, wenn wir viele Gäste, also 1500 bis 2000, haben", so Edelmann. Für eine Ersatzveranstaltung im Zehntkeller mit nur einem Zehntel der sonstigen Besucherzahlen "wird es schwer namhafte, zugkräftige Redner zu gewinnen". Kurz: "Das geht nicht im kleinen Rahmen."

Eine ebenfalls ganz offene Frage ist, ob es 2022 ein Festzelt geben kann. Ilona Böhm, die seit 2016 dessen Betreiberin ist, ist selbst ratlos. Aber sie plant erst einmal so, als würde es eines geben. Das muss sie auch, denn sie hat einen Vertrag mit der Stadt, der sich automatisch um ein Jahr verlängert. Würde sie jetzt sagen, dass sie mit dem Zelt nicht nach Schriesheim kommt, würde sie vertragsbrüchig. Allerdings drängt auch bei ihr langsam die Zeit: Normalerweise würde sie jetzt schon die ersten Bands buchen, aber nun muss sie sich bis zur Markt- und Kulturausschusssitzung im Dezember gedulden.

An die letzte vom Mai denkt sie eher ungern zurück. Im Gespräch mit der RNZ zeigte sie sich "sehr enttäuscht" über die Kritik, die damals einige Stadträte an ihrem Festzelt übten – Stichworte: zu viel Remmi-Demmi und zu viel Jugendrandale. Das seien Behauptungen, "die an den Haaren herbeigezogen sind", meint Böhm, zumal sie durch Sicherheitspersonal es geschafft habe, Auswüchse im Zaum zu halten. Und all ihre Versuche, auch ein Programm für ältere Besucher zu bieten, wurden einfach nicht angenommen. Und wenn jetzt auch noch die Mittelstandskundgebung ausfällt, wird es unter der Woche ganz eng, denn die Wochenenden mit ihrem Schwerpunkt auf eher jüngere Gäste liefen gut. Auch ihr steckt der 2020er Mathaisemarkt noch in den Knochen: Nach dessen Abbruch stand sie mit "hohen fünfstelligen Verlusten" da.

Aber wäre denn ein kleines Festzelt denkbar? Nein, meint Böhm, "das rentiert sich nicht". Zumal ihr auch niemand die Gewähr bieten kann, dass im nächsten März auch ein kleines Zelt überhaupt möglich wäre. Denn sie hat in der Pandemie diese Erfahrung gemacht: "Festzelte sind die Ersten, die zumachen, und die Letzten, die wieder öffnen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung