Schriesheim im Bild 2023

22.11.2021

Bürgermeisterwahl Schriesheim: Fadime Tuncer lud Kultusministerin Schopper zum Dialog

Kultusministerin Theresa Schopper diskutierte, wie die Pandemie die Schulen verändert.

Von Maren Schenk

Schriesheim. Recht ungewöhnlich, dass Kultusministerin Theresa Schopper in Schriesheim ist – und dazu noch im Bürgermeisterwahlkampf. Aber Kandidatin Fadime Tuncer hatte sie zu einem Dialog mit den Bürgern eingeladen. Die Ministerin betonte in ihrer kurzen Einführung, dass ihr Haus dafür Sorge trage, dass Schulen sicher seien und weiter Präsenzunterricht gewährleisten können. Trotz steigender Infektionszahlen will sie keine Schulen schließen, sondern sie mit verschiedenen "Sicherheitszäunen" offenhalten – wie mit regelmäßigem Testen und mehr Lieferungen von Luftfiltern. In einem Drittel der Schulen des Landes gebe es Coronafälle, aber bisher musste noch keine schließen.

Schopper beklagte die schlechte Impfrate bei den 18- bis 60-Jährigen, mit 25 Prozent Ungeimpften: Das bedeute für sie, dass die Ungeimpften "keine Verantwortung übernehmen für die Herdenimmunität, dass sich Stärkere um Schwächere, also Kinder, stellen". Sie freute sich aber über 45 Prozent doppelt geimpfte zwölf- bis 17-Jährige, obwohl die Ständige Impfkommission so etwas in dieser Altersgruppe erst Mitte August empfohlen hatte.

Eine der ersten Fragen aus dem Publikum war denn auch die nach der Impfquote bei Lehrkräften. Schopper erklärte, dass es erst durch die jetzt beschlossene Änderung des Infektionsschutzgesetzes – mit 3G am Arbeitsplatz – erlaubt sei, danach zu fragen. Sie geht aber davon aus, dass rund 90 Prozent zweimal geimpft seien und derzeit bereits "geboostert" werden. Ganz anders sei es an Berufsschulen, wie zwei Lehrerinnen berichteten: Vor allem im Berufskolleg seien viele Schüler nicht geimpft. Ob dort mobile Impfteams möglich seien? Dürften Lehrkräfte inzwischen in Sachen Impfung aufklären? Schopper berichtete von einer unterschiedlichen Resonanz auf Impfteams an Berufsschulen, sie wolle die Logistik auf den Weg bringen. Bisher dürften Lehrer nicht beraten; den sie wolle die "aus der Schusslinie nehmen", um sie in einer stark polarisierten Gesellschaft zu schützen.

Einer der Zuhörer forderte eine objektive Aufklärung der Jugend, sei es von Lehrkräften oder geschulten Dritten. Schopper hält Ärzte und Intensivpfleger für geeignete Personen, "glaubhaft" von der derzeitigen Situation zu berichten und aufzuklären – diese seien aber im Moment unentbehrlich. Auch über Fake News, mehr Demokratie-Fähigkeit bei Schülern und mangelnde Wertschätzung von pädagogischen Berufen wurde diskutiert.

Der Gesamtelternbeiratsvorsitzende Patrick Schmidt-Kühnle erklärte, viele Probleme in der Pandemie entstünden durch zu wenige Lehrkräfte, so seien kleine Klassen kaum mehr möglich. Die ehemalige Stadträtin Gisela Reinhard ergänzte, dass im neuen Haushalt des Landes zu wenig Geld für neue Lehrer vorgesehen sei. Schopper betonte, dass das Kultusministerium das "teuerste Haus" sei, aber sie bedauerte, dass sie weniger Stellen als beantragt erhalten habe. Große Not herrscht bei Grundschulen, in der Sonderpädagogik und in den Kitas. Ein Vater fand, dass man die Lehrer durch mehr Digitalisierung entlasten könne. Schopper betonte, die habe an Schulen einen "Riesenfortschritt" gemacht: "Wenn die Pandemie rum ist, wird nicht wieder Kreidezeit sein." Derzeit erstelle ihr Ministerium eine Liste, welche Apps im Unterricht nutzbar sind.

Stichwort Digitalisierung: Die Leiterin der Altenbacher Grundschule, Anja Münster-Doubravsky, wies auf Probleme durch Digitalisierung in der kleinen Grundschule hin: "Wir wollen das Gegenteil: weniger Digitalisierung." Ihre Schüler sollten mehr rausgehen und sich bewegen. Außerdem raube beispielsweise das Verfassen eines Medienentwicklungsplans, wie vom Ministerium gefordert, Zeit – Zeit, die für Schüler fehlt. Auf eine spezielle Problematik der Schulleiterin wegen des Programms "Rückenwind" versprach die Ministerin, sich zu kümmern. Für weitere Diskussionen, zum Beispiel über ein kostenloses Schulfrühstück, war dann keine Zeit mehr – Schopper musste zum nächsten Termin. Sie bedankte sich für den "unmittelbaren Austausch in schöner Runde".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung