Schriesheim im Bild 2023

23.11.2021

Bürgermeisterwahl Schriesheim: Gibt es eine neue Chance für die "Rose"?

Kandidatin Fadime Tuncer setzt auf eine Sanierungsberatung für den Eigentümer und eine neue Nutzung als eine Art "Bürgersaal".

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Zur "Rose" haben viele Schriesheimer ein besonderes Verhältnis: Da wurde gefeiert, gesungen und ganz früher sogar geturnt. Und auch deswegen schmerzt es, wenn das imposante Haus mitten in der Altstadt (und dann auch noch an so exponierter Stelle) langsam verfällt, seitdem Karl Reinhard vor sieben Jahren als Gastwirt endgültig aufgab. Aber nun könnte sich – vielleicht – etwas ändern.

Zum Wahlkampfendspurt hatte Bürgermeisterkandidatin Fadime Tuncer am Sonntagabend in die "Rose" eingeladen, wenn auch eher im kleinen Kreis und nicht-öffentlich, um über die Zukunft von denkmalgeschützten oder wenigstens für das Ortsbild wichtigen Gebäuden zu reden. Denn, so Tuncer: "Es ist in den letzten Jahren viel verschwunden: das alte Rathaus in der Bismarckstraße, der ,Adler’, die ,Pfalz’ oder der Lokschuppen. Diese Gebäude und ihre Nutzung brachten eine Lebendigkeit in die Stadt und hatten ihren ganz bestimmten Charakter." Und das Schicksal von "Adler" und "Pfalz" soll der "Rose" erspart bleiben.

Seitdem die RNZ vor zehn Monaten Reinhard besuchte, hatte sich doch einiges getan: An den Fenstern standen frisch bepflanzte Kästen – die Blumen hatte Robert Hasenkopf gespendet –, auf den Stufen standen Kerzenlichter, und drinnen war groß entrümpelt, dann geputzt und hübsch dekoriert worden (dafür hatten neben Tuncer ihre Wahlkampfleiterin Dagmar Wenger, ihr Lebensgefährte Roland Eckenfels und Jens Haring gesorgt), sogar die Gardinen waren gewaschen.

Alles sah so anheimelnd aus, dass am Sonntagabend sogar Passanten in der "Rose" einkehren wollten: "Das hier ist doch ein Gasthaus, oder?", meinten sie zu Wenger. Aber nein, noch ist es nicht so weit, der Abend mit Wein und Snacks in Gläschen – die hatte Reinhard gekocht – war eine einmalige Sache, eben für Tuncers "Denkmalschutz-Termin". Für Tuncer stehen die Probleme der "Rose" für so viele alte Gebäude: "Was kann die Stadt tun, um diese zu erhalten?" Sie kann, wie auch schon bei der Altstadtsanierung, die Hauseigentümer beraten und Fördertöpfe anzapfen – sei es die des Landes oder der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Und, wie im Falle der "Rose", könnte sie auch dabei mithelfen, ein neues Nutzungskonzept zu erarbeiten. Denn bekanntlich fehlen Vereinen und Privatpersonen Möglichkeiten zum Treffen und Feiern – zumal sich erst im letzten Jahr die Idee eines Bürgersaals im Schulzentrum zerschlagen hat.

Insofern griff Tuncer eine Idee der RNZ im Jahresabschlussgespräch mit Bürgermeister Hansjörg Höfer auf. Als er nach der nach der Einrichtung eines Bürgersaals in der "Rose" gefragt wurde, winkte er ab: "Als Standort ist die ,Rose’ dafür nicht geeignet, es fehlen ja auch die nötigen Parkplätze. Von der Finanzierung mal ganz zu schweigen". Tuncer sagt zu diesem "Bürgersaal"-Vorschlag: "Es ist noch nicht alles durchdacht", aber sie habe schon die längerfristige Idee, das Gebäude "schön saniert, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen". Zumindest kann sich Reinhard, der seit Jahren erfolgreich als Mietkoch arbeitet, das auch vorstellen. Denkbar wäre auch, "wenn die Küche fertig ist", nur am Wochenende zu öffnen und ansonsten eine Art "Eventhaus" zu betreiben – eventuell mit Spitzenköchen, die "showkochen".

Allerdings müsste vorher noch saniert werden: "Noch habe ich mich im Detail nicht damit auseinandergesetzt", so Reinhard. "Das geht nur in kleinen Schritten und nicht alles auf einmal." So sei immer noch geplant, die Fassade zu reparieren. Er hofft auf einen Investor oder Sponsor, will aber auch eigene Mittel einbringen. An eine Zukunft als eine Wirtschaft wie früher glaubt er nicht: "Mit den ganzen Bestimmungen und Restriktionen wird das schwer. Es ist momentan sowieso keine gute Zeit für klassische Gaststätten." Wie schon vor zehn Monaten gegenüber der RNZ schloss er abermals aus, das Gebäude zu verkaufen: "Ich hänge sehr daran." Dabei gab es bereits Interessenten, die den Speicher zu Wohnungen ausbauen wollten, aber das scheiterte an den hohen Kosten.

Reine Lippenbekenntnis zum Erhalt der "Rose" waren Léon Dumoulin, ein Niederländer, der schon seit 40 Jahren in Schriesheim wohnt und als Bekannter Reinhards eher zufällig zum Tuncer-Termin gestoßen war, nicht genug: "Was passiert denn jetzt? Machen wir jetzt was? Sonst gehen wir nachher raus – und es passiert gar nichts." Da lag sozusagen die Idee eines "Rose"-Freundeskreises in der Luft.

Das war Tuncer und ihren Mitstreitern aber noch zu früh: "Wenn es einen Freundeskreis gibt, dann nicht nur für die ,Rose’, sondern für die ganze Stadt", sagte Tuncer und dachte gleich noch an den sanierungsbedürftigen Turm der Strahlenburg. "Die ,Rose’ wird wieder ein Thema, auf diese Initiative werden viele reagieren. Wir müssen abwarten, welche Sogwirkung das hat", sagte Musiker Jan Wölfer, der sich vorstellen kann, hier ein Benefizkonzert zu geben. Und auch Tuncer mahnte zu mehr Geduld: "Wir können den Stillstand von sieben Jahren jetzt nicht in sieben Minuten beseitigen. Warten wir mal ab, wo wir in sieben Monaten stehen." Für Dagmar Wenger – sie hat das "Jäcke-Lui"-Stammgebäude gekauft und saniert ("mir liegen alte Gebäude am Herzen") – ist erst einmal wichtig, "dass etwas passiert". Doch Dumoulin ließ nicht locker: "Der Karl braucht doch Hilfe!"

Zumindest will Zimmermann und Grüne-Liste-Stadtrat Georg Grüber, der an diesem Abend auch dabei war, mal ein paar Restauratoren kontaktieren, die dann die Bausubstanz genauer untersuchen sollen. Am wichtigsten ist für ihn das Dach, das in Teilen undicht ist – und das wird schon ziemlich teuer. Mit einer Komplettsanierung sei man da schnell im Millionenbereich. Dumoulin war am Ende "sehr enttäuscht, dass wir kein Ergebnis hinbekommen haben". Tuncer widersprach: "Wir haben einen Aufschlag gemacht. Heute sind wir schon mal weiter als gestern." Auch Reinhard war mit dem Abend "zufrieden".

Und Grüber, der "vor vielleicht 20 Jahren" das letzte Mal im legendären "Rose"-Saal war, sagte beim Hinausgehen: "War doch mal wieder schön in der ,Ros’’."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung