Schriesheim im Bild 2023

09.12.2021

Noch keine heiße Spur nach der "Aktenzeichen XY"-Sendung zum Postüberfall

Noch keine heiße Spur nach der "Aktenzeichen XY"-Sendung zum Postüberfall

Der Postüberfall am Mittwochabend bei „Aktenzeichen XY ... ungelöst“: oben die Filmszene, in der der Täter die Angestellte überwältigt. Unten Polizeisprecherin Claudia Strickler mit Bildern der Überwachungskamera der Postfiliale, die die Tat aufzeichnete. Foto: Dorn
Auch nach mehr als einem halben Jahr gibt es immer noch keine Spur von den Tätern. Nach der ZDF-Sendung am Mittwoch gab es zwar 20 Hinweise, aber keine heiße Spur.

Schriesheim. (hö) 18 Minuten und acht Sekunden drehte sich am Mittwoch ab 21.24 Uhr alles bei der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" um den Schriesheimer Postüberfall vom 31. Mai. Die "ganz heiße Spur" war noch nicht unter den gut 40 Hinweisen, die seit Mittwochabend beim Polizeipräsidium eingingen, wie dessen Sprecherin Claudia Strickler erklärt: "Mehr, als wir erwartet hatten." Strickler war ebenfalls zur Sendung zugeschaltet. Nur: Relativ wenige Tipps der Zuschauer befassten sich mit dem Täter und seiner Komplizin, die allermeisten betrafen das helle Fluchtfahrzeug, das möglicherweise gar kein Transporter war.

Der Film zum Fall war mit elfeinhalb Minuten recht lang. Und wer sich auf ein Wiedersehen mit altbekannten Orten gefreut hatte, der sah sich getäuscht. Und so stimmte es wohl, was die "XY"-Sprecherin gegenüber der RNZ angekündigt hatte: Die meisten Fälle werden in München oder in der Umgebung gedreht.

Das führt zu manch kuriosen Situationen: So ging es in dieser Sendung auch um einen Fall aus dem niedersächsischen Peine: Hier wurde ein älteres Ehepaar überfallen und misshandelt, die Frau starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Doch als die Sanitäter vor dem Haus – ein typisches aus München mit markanter blauer Hausnummer – eintrafen, sagte der eine im tiefsten Oberbayerisch: "Hoits no an zwoatn Rettungswogn." An dieser dialektalen Unstimmigkeit störte sich Polizeisprecherin Strickler weniger als vielmehr an dem "völlig unsensiblen Verhalten" der Polizisten im Film, als der Sohn des Ehepaares am Tatort eintraf. Eine Beamtin telefonierte erst mit ihrem Kollegen, um sich dann dem Mann zuzuwenden.

Aber zurück nach "Schriesheim bei Mannheim", so die Stimme aus dem Off: Eine Rentnerin – im Film heißt sie Renate Drescher und spricht keineswegs Bayerisch, sondern astreines Hochdeutsch – arbeitet in der Postfiliale in der Talstraße als Aushilfe, und zwar allein.

"Hier ist Schreibwaren Mayer"
Normalerweise kennt sie alle Zusteller, die bei ihr zwei Mal am Tag die Pakete abliefern, aber an jenem 31. Mai, einem Montag, steht ein Unbekannter gegen 7.55 Uhr, also kurz vor Ladenöffnung, vor der Tür – mit Paketen in der Hand. Doch die Strichcodes auf denen sind ausgeschnitten.

Das kommt ihr erst merkwürdig vor, sie will erst noch mit der Zentrale telefonieren, ob das seine Richtigkeit hat, doch dann lässt sie es, denn der Unbekannte klopft an der Tür. Also öffnet sie ihm: "Sind Sie ein neuer Fahrer?" Doch der Mann drängt sie in die Filiale und fragt in gebrochenem Deutsch: "Wo Geld? Ich weiß, hier Geld, sonst ich Dich töten!" Sie räumt also den Tresor leer, in dem 30.000 Euro liegen, außerdem noch die Kasse. Nur den Geldautomaten kann sie nicht öffnen, dafür hat sie keinen Schlüssel. Als er immer aggressiver wird, bietet sie ihm in ihrer Not das Geld aus ihrem Portemonnaie an. Dann wird sie mit Klebeband gefesselt, der Täter flüchtet, eine Komplizin fährt den Kastenwagen. Interessant: Ein echter Paketbote und der Täter sind sich begegnet, der Unbekannte ließ ihn sogar in die Filiale. Schließlich kann sich "Renate Drescher" befreien und ruft mit ihrem Handy die Polizei an. Und mit einigermaßen filmischer Freiheit gibt sie den Tatort an: "Schreibwaren Mayer in Schriesheim."

Nach effektvoller Thriller-Musik wird zu Moderator Rudi Cerne übergeblendet. Der interviewt im holzgetäfelten Studio, das in blaues Licht (Blaulicht?) getaucht ist, sieben Minuten lang die aus Mannheim zugeschaltete Polizeisprecherin Strickler: "Die Täter haben eine Menge guter Ansatzpunkte hinterlassen. Welche sind das genau?" Es sind vor allem die Bilder aus der Überwachungskamera. Das Video ist 25 Sekunden lang, aber man kann den vermummten Täter mit orangefarbener Weste beim besten Willen nicht erkennen.

Im Nachhinein ist Strickler mit dem Film ganz zufrieden, der sei ja durchaus professionell gemacht, sogar mit Schauspielern, die man aus dem Fernsehen kennt, aber doch vielleicht etwas überzogen. Eine andere Frage ist, wieso sich in einer recht kleinen Postfiliale 30.000 Euro befanden – in der Sendung wurde erstmals die Höhe der Beute genannt. "Zuerst dachten wir, das sei Täterwissen, aber heute wissen wir: Das ist nicht unüblich."

Update: Donnerstag, 9. Dezember 2021, 20 Uhr
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Postüberfall bei "Aktenzeichen XY ... ungelöst"

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Der Überfall auf die Postfiliale in der "Hübsch’schen Mühle" hat es ins Fernsehen geschafft. Am gestrigen Mittwoch suchte ab 20.15 Uhr das Polizeipräsidium Mannheim in der Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" nach weiteren Hinweisen, die zur Aufklärung der Tat beitragen. Dazu gab es gegen 21.15 Uhr eine Live-Schalte nach Mannheim, bei der Polizeipressesprecherin Claudia Strickler den Fall – den letzten der eineinhalbstündigen Sendung – noch einmal darstellte und auf Besonderheiten einging.

Doch der Höhepunkt war der kleine Film zur Tat vor dem Strickler-Interview. Der wurde mit Profi-Schauspielern wahrscheinlich in der Gegend um München gedreht, wie die RNZ von "Aktenzeichen XY"-Sprecherin Margit Preiss erfuhr. Allerdings wurde auf geografische Feinheiten der Bergstraße per "Google Earth"-Einblendung eingegangen.

Und wieso hat es ausgerechnet der Schriesheimer Überfall in die Sendung geschafft, die sich doch vor allem mit Kapitalverbrechen beschäftigt? "Bei ,XY’ läuft es so ab, dass sich die Kripo-Leute bei der ,XY’-Redaktion melden. Wenn es ein Film wird, ist die jeweils zuständige Kripo oder Staatsanwalt – oder beide – mit involviert, sodass der Filmfall alle wichtigen Fragen enthält", erklärt Preiss.

Im Anschluss an die Sendung wurde im Kriminalkommissariat in Mannheim ein Hinweistelefon eingerichtet. Zuschauer, die Hinweise zum ausgestrahlten Fall geben können, können sich unter der Telefonnummer 0621/174-4444 melden.

Zur Tat an sich: Am Montag, 31. Mai, fuhren der oder die Täter mit einem hellen Kastenwagen vor das Schreibwarengeschäft mit angeschlossener Post in der Talstraße. Gegen 8 Uhr ließ eine Angestellte einen Mann in der Annahme, es handle sich um einen Paketzusteller, herein; erst dann fielen ihr die leeren Pakete ohne Versandetiketten auf. Er überwältigte die Angestellte und ließ sich Bargeld in Höhe von mehreren Zehntausend Euro aushändigen. Dann fesselte er sie und flüchtete mit einem Komplizen in dem Kleintransporter in unbekannte Richtung.

Nachdem sich die Frau befreit hatte, verständigte sie die Polizei, die erfolglos mit einem Großaufgebot – sogar ein Hubschrauber war im Einsatz – nach dem Täter suchte. Der wird als etwa 40 Jahre alt, 1,70 bis 1,75 Meter groß und stämmig/muskulös beschrieben und soll Deutsch mit osteuropäischem Akzent gesprochen haben. Er trug eine blaue Jeans, eine schwarze Jacke und eine orangefarbene Warnweste, zudem helle Sportschuhe, eine helle Wollmütze, einen schwarz-weiß gemusterten Schal, auffällige schwarz-weiße Handschuhe und eine blau-weiße medizinische Maske. Über die Person, die auf dem Fahrersitz des Transporters saß, ist nur wenig bekannt. Der Angestellten der Postfiliale zufolge soll es sich um eine Frau gehandelt haben.

Diese Tat in der Talstraße markierte den Schlusspunkt einer Serie von Überfällen in Schriesheim – zunächst am 5. April auf die "Aral"-Tankstelle an der B 3 und dann am 6. Mai auf den "Edeka"-Markt in der Bismarckstraße. In beiden Fällen hatte der Täter die Kassierer mit einem Messer bedroht und einige Hundert Euro Bargeld erbeutet. Schon damals lag die Vermutung auf der Hand, dass diese beiden Überfälle nichts mit dem auf die Postfiliale zu tun hatten. Nicht nur weil die Täterbeschreibungen zu unterschiedlich waren, sondern auch weil die Tatausführung im Vergleich zum Post-Überfall geradezu dilettantisch und die Beute viel geringer war.

Der Täter, ein in Schriesheim wohnender 19-jähriger Italiener, wurde bereits im Juli gefasst, im Moment läuft noch der Prozess vor dem Landgericht in Mannheim. In der nächsten Woche soll das Urteil verkündet werden.

Die Sendung ergab bislang keine heiße Spur: Es seien etwa 40 Hinweise eingegangen, aber keine mit Bezug zum mutmaßlichen Täter, sagte eine Polizeisprecherin am Donnerstag in Mannheim. Sie beträfen das Fluchtfahrzeug und die Kartons, die der Mann bei sich getragen habe.

Der Unbekannte hatte im Mai dieses Jahres die Angestellte einer Postfiliale überwältigt und sich von ihr Bargeld in Höhe von mehreren Zehntausend Euro aushändigen lassen. Anschließend fesselte er die Frau und floh mit einem Komplizen oder einer Komplizin in einem Kleintransporter.

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Foto: Dorn

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung