Schriesheim im Bild 2023

16.01.2022

Parteien organisieren Menschenkette am Montag

Vertreter von Grüner Liste, CDU, SPD, Freien Wählern, FDP und Bürgergemeinschaft "wollen zeigen, dass es auch anders geht".

Von Max Rieser

Schriesheim. Solidarität war das Stichwort des Abends, als sich Vertreter von Grüner Liste, CDU, SPD, Freien Wählern, FDP und Bürgergemeinschaft am Donnerstag zusammensetzten. Es war spürbar, dass der Grund allen am Herzen lag. Die "Spaziergänge" von Impfgegnern, Maßnahmenkritikern und Corona-Leugnern, die seit drei Wochen auch in der Weinstadt stattfinden, bereiteten den Anwesenden Magenschmerzen.

Für Fadime Tuncer (Grüne Liste) und Ulrike von Eicke (FDP) war schon in der vergangenen Woche klar gewesen, dass man für einen anderen Umgang mit der Situation mobilmachen müsste. Also meldeten die beiden für Montag, 17. Januar, 18 Uhr, zeitgleich zur Veranstaltung der Impfgegner eine "Menschenkette" unter dem Motto "Uffbasse! Schriesheim ist solidarisch mit Abstand und Maske" an, die, wie schon am vergangenen Montag vor dem alten Rathaus in der Heidelberger Straße starten soll.

Nach einer Bekanntgabe im Mitteilungsblatt hätten sich sofort alle anderen "demokratischen Gruppen", wie Tuncer es ausdrückte, angeschlossen. Die "Menschenkette" soll vom Alten Rathaus durch die Kirch-, über die Friedrich- in die Bismarckstraße und entlang der Talstraße zurück zur Heidelberger Straße führen. Je nach Andrang könnte man dann noch weitere Straßen bespielen. Die Form der "Menschenkette" – Teilnehmer halten sich an Schals oder Seilen aneinander fest – habe man gewählt, um keine Ansammlungen entstehen zu lassen und die Abstände wahren zu können. Ansprachen wird es deshalb auch keine geben.

Einige Dinge seien ihnen bei der Planung besonders wichtig, so von Eicke: "Wir wollen zeigen, dass es auch anders geht, also soll alles angemeldet, mit Abstand und Maske und in Abstimmung mit Verwaltung und Ordnungsamt stattfinden." Zum anderen – und das betonten alle – gehe es nicht darum: "Wir gegen die." Es solle niemand ausgegrenzt werden, und man bleibe gesprächsbereit. "Wir wollen keine Spaltung", sagte Christiane Haase (CDU). Vielmehr wolle man sich mit denen solidarisieren, die aktuell die Leidtragenden der hohen Infektionszahlen seien wie "Mitarbeiter von Krankenhäusern, Pflegekräfte, Verwaltungsmitarbeiter und Einsatzkräfte, die gerade versuchen, die Pandemie zu bekämpfen", sagte Haase weiter. Auch Bernd Hegmann (Freie Wähler) erklärte: "Es geht um die Solidargemeinschaft, und das ist der größere Teil der Bevölkerung."

Das fand auch Axel Breinlinger (SPD): "Es ist eine kleine Gruppe von vier bis zehn Prozent, die gezielt versucht, eine Spaltung herbeizuführen." Natürlich habe es Fehler bei den politischen Entscheidungen gegeben, und man habe sich "mal geärgert". Das sei aber bei einer nie da gewesenen Situation normal, und man habe Fehleinschätzungen immer schnell "korrigiert". Das Bündnis will zeigen, dass der vermeintliche Ruf nach Freiheit der Impfgegner nur Freiheit für eine kleine Gruppe bedeute. Da die Demonstranten, die an den "Spaziergängen" teilnehmen, sich nicht an Abstandsregeln und Maskenpflicht halten würden und darüber hinaus wahrscheinlich größtenteils ungeimpft seien, stellten diese Veranstaltungen eine Gefahr für alle anderen dar und zögen die Pandemie in die Länge.

Für sie als Lehrerin und Mutter seien die Veranstaltungen ein "Schlag ins Gesicht", fand Nathalie Schuhmacher-Grauer, Bezirksvorsitzende der Liberalen Frauen. Ihre Schüler hätten Angst vor einem neuerlichen Lockdown, und die Demonstrationen der Corona-Leugner würden genau da hinführen: "Alle sind am Ende, und dann kommt so eine zusätzliche Belastung, das ist nicht fair."

Liselore Breitenreicher (Bürgergemeinschaft) sagte, sie finde es "völlig daneben", dass Eltern ihre Kinder mit auf die Impfgegner-Demos nehmen und sie so in Gefahr bringen würden. Man habe kein Problem mit anderen Meinungen, aber die Art und Weise, die einen "trotzigen und pubertären Anschein" hätte und nur darauf abziele, Ordnungskräfte zu provozieren, könne sie nicht nachvollziehen, so Schuhmacher-Grauer. Ein weiterer Aspekt war allen wichtig: ein Werben für die Demokratie. Dass in Chatgruppen des Messengerdienstes "Telegram" im Geheimen zu Montagstreffen aufgerufen werde und die Veranstaltungen nicht angemeldet seien, zeige den antidemokratischen Charakter: "Die Organisatoren kommen aus dem rechten Spektrum, und wer da mitläuft, muss sich darüber im Klaren sein, dass er von rechten Gruppen instrumentalisiert wird", so Tuncer.

Breinlinger untermauerte Tuncers Aussage: "Die Frustration über die noch immer andauernde Pandemie wird hier gezielt ausgenutzt, um eine bestimmte Agenda zu verbreiten." Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass der Ausdruck "Spaziergang" den Veranstaltungen nicht gerecht werde, vielmehr seien es unangemeldete Demonstrationen.

Einigkeit herrschte auch darüber, dass man es bei einem Treffen belasse, um den "Spaziergängern" keine unnötige Aufmerksamkeit zu bescheren. Trotzdem wollen alle Flagge zeigen, um ein schnelles Ende der Pandemie voranzubringen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung