Schriesheim im Bild 2023

01.03.2022

Panoramastraße Schriesheim: Der eine darf bauen, der andere nicht?

Panoramastraße Schriesheim: Der eine darf bauen, der andere nicht?

Die Arbeiten in der Panoramastraße 14 haben bereits begonnen. Hier will der Bauherr, Klement-Architekten aus Mannheim, die alte Villa umbauen und einen zweigeschossigen Neubau errichten. Foto: Dorn
Beim Neubauvorhaben in der Panoramastraße 14 sieht sich Architekt Karl Baumert ungleich behandelt. Ist der Garten dort Teil des Denkmals?

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Darf der eine etwas, was dem anderen verwehrt ist? Zumindest empfindet das Karl Baumert so. Der Architekt wohnt in der Panoramastraße 12 und trug sich mit dem Gedanken, ein Häuschen samt Grundstück in derselben Straße, Hausnummer 14, zu kaufen. Dabei handelt es sich um eine Villa, die 1927 gebaut wurde, mit einem großen Gartengrundstück. An der Klingel steht noch der alte Besitzer, Heller, der Erbe zögerte lange, so sagt Baumert, das Anwesen zu verkaufen, sodass es mehrere Jahre leer stand. Baumert wollte den Altbau sanieren (in den sollte seine Tochter einziehen) und nebendran ein weiteres Haus errichten (das wollte er dann verkaufen), also stellte er im Juni 2019 eine Bauvoranfrage: Das Grundstück solle geteilt werden, und auf der einen Hälfte der Neubau errichtet werden.

Eigentlich nichts Ungewöhnliches, denn im Moment ist das große Zauberwort "Innenraumverdichtung". Das bedeutet nichts anderes als das Schließen von Baulücken und eine bessere Ausnutzung von Grundstücken für neue Wohngebäude – auch mit dem Ziel, möglichst wenig neues Bauland erschließen zu müssen. Prinzipiell wird das von der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik gewünscht und unterstützt, und so stimmte der Ausschuss für Technik und Umwelt der Bauvoranfrage zu.

Allerdings scheiterte das Vorhaben dann beim Landesamt für Denkmalpflege: "Das Wohnhaus Panoramastraße 14 gehört zum Typus der ,Landhäuser’, die – als Nachfahren des Bautyps ,Villa’ vor den Toren der Städte gelegen – einen umgebenden Garten voraussetzen. Dabei ist es für die Zugehörigkeit zur denkmalwerten Sachgesamtheit nicht zwingend notwendig, dass die Gartenflächen eine gartenkünstlerische Gestaltung aufweisen", schrieb die Behörde im Oktober 2019. Mit anderen Worten: Villa und Garten gehören zusammen.

Und so wurde Baumerts Antrag schließlich im März 2020 vom Baurechtsamt des Kreises abgelehnt: "Aus denkmalrechtlichen Gründen gibt es Bedenken gegen die Bebauung des Grundstücks, da das bestehende Wohnhaus mit Garten als Sachgesamtheit zum denkmalgeschützten Bestand gehört." Das mag in Schriesheim eher eine Seltenheit sein, aber in Heidelberg gab es in den letzten 15 Jahren ähnliche Konflikte um Gärten – vor allem in der Weststadt und in Neuenheim –, die Neubauten im Zuge eines überhitzten Wohnungsmarktes zum Opfer fallen sollten. Erst später reagierte die dortige Stadtverwaltung nach Anwohnerprotesten mit einer speziellen Schutzsatzung für die Gärten.

Zurück nach Schriesheim: Baumert akzeptierte den Ablehnungsbescheid – und kaufte das Grundstück nicht. Doch dann tat sich wieder etwas: Im August 2021 stellte das Mannheimer Architekturbüro Klement einen Antrag auf den Umbau der Villa (samt dem Einbau von Dachgauben), was dann auch genehmigt wurde. In diesem Januar schließlich beantragte Klement genau das, was Baumert im Sinn gehabt hatte: eine Teilung des Grundstücks und Errichtung eines Neubaus. Dem stimmte am 24. Januar schließlich der Ausschuss für Technik und Umwelt (ATU) zu – und zwar recht euphorisch: "Wenn sich alles immer so harmonisch einfügen würde, hätten wir es leicht im ATU", sagte Christian Wolf (Grüne Liste); auch Sebastian Cuny (SPD) fand: "Das ist eines der leichtesten Innenraumverdichtungsprojekte, über die wir hier zu entscheiden hatten."

Aber wie konnte das sein, fragte sich Baumert: War auf einmal der Garten nicht mehr Teil des Gesamtdenkmals? Hatte er bei seinem Bauantrag etwas falsch gemacht? Oder war das Architekturbüro Klement einfach nur raffinierter? Schließlich hatte Baumert ja bei seiner Bauvoranfrage gleich zugegeben, neben die Villa einen Neubau zu stellen. Klement hingegen stellten erst einen Antrag auf Sanierung des Altbaus und dann fünf Monate später einen auf Errichtung eines Neubaus – vielleicht, so mutmaßt Baumert, eine Art "Salamitaktik. Zumal, so Baumert, seine Pläne durchaus bescheidener waren als die von Klement-Architekten: "Sie greifen massiv in die Villa ein", sagt Baumert, er wollte nur das Gebäude an sich renovieren. Den Neubau hätte er als Einfamilienhaus geplant, nun wird daraus ein Zweifamilienhaus – mit entsprechenden Stellplätzen (vier statt zwei). Und er hatte auch schon an der Neugestaltung des Gartens – beispielsweise mit Hecken und einem Heckenbogen (wie vom Landesamt für Denkmalpflege gewünscht) – gearbeitet. Deswegen fordert Baumert: "Ich will gleichbehandelt werden und eine ordentliche Begründung haben. War ich am Ende zu ehrlich?"

Antwort auf diese Fragen wird er so schnell nicht bekommen. Denn Holger Ueberrein vom Kreis-Baurechtsamt sagt auf RNZ-Anfrage: "Bei der Behandlung der Bauvoranfrage wurde nur die Einzelfragestellung geklärt" – also ob Baumert das Grundstück teilen dürfe. Und das wurde abschlägig beschieden, weil es die Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege gab. Seiner Behörde liege aber bisher nur der Antrag auf Sanierung der Villa seitens von Klement-Architekten vor – und dafür gab es grünes Licht von den Denkmalschützern. Über den Neubau sei "noch nicht entschieden", so Ueberrein, das sei Sache des Landesamts: "Wir müssen uns an die fachliche Stellungnahme von dort halten." Dieses sei maßgeblich – und nicht allein der jüngste ATU-Beschluss, der durchaus revidiert werden könnte.

Stellt sich also die Frage, ob das Landesamt für Denkmalpflege auf einmal seine Meinung geändert hat und nun den Garten nicht mehr als schützenswertes Denkmal sieht. Eine Anfrage der RNZ lief ins Leere: Dazu könne das Amt aus Gründen des Datenschutzes keine Auskunft geben: "Ohne Einwilligung des Eigentümers oder einem überwiegenden öffentlichen Interesse, das nach Abwägung und vorheriger Anhörung des Eigentümers für eine Auskunft spräche, können wir zu einem konkreten Objekt leider keine Auskunft erteilen. Wir bitten um Verständnis, dass uns hier die Hände gebunden sind." Und so bleibt die Frage weiter ungeklärt, warum Baumert vor drei Jahren etwas verwehrt wurde, was nun aber möglich sein soll.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung