Schriesheim im Bild 2023

08.11.2004

"Harald Weiss ist ein Wink des Herrgotts"

Schriesheimer Winzergenossenschaft feierte mit einem Festessen im "Hirsch" ihren Ehrenpreis - Riehl zur Rebflurbereinigung

 


Wenn das kein Grund zum feiern ist, der Winzergenossenschafts-Vorstand (v.l.) Winfried Krämer, Karl-Heinz Spieß, Friedrich Ewald, Harald Weiss und Peter Haas stößt mit dem Breisacher Kellermeister Georg Kaufmann auf den Ehrenpreis bei der Badischen Gebietsweinprämierung an. Rechts die neuen Premium-Marken aus Schriesheim. Fotos: Dorn

Schriesheim. (ron) Mehr Grund zum Feiern hatten Schriesheims Winzer noch nie. Bei einem Festessen im "Goldenen Hirsch" stieß die Vorstandschaft der Winzergenossenschaft am Samstag auf die Erfolge bei der Gebietsweinprämierung an.

Als Ehrengäste dabei: Georg Kaufmann, der als Kellermeister im Badischen Winzerkeller Breisach für den Ausbau der Schriesheimer Weine zuständig ist. Und Schriesheims Bürgermeister Peter Riehl, der sich selbst ganz bescheiden als "Weinfreund" bezeichnet, "der aber nicht die letzte Ahnung hat". Am Samstag lernte der Rathauschef und Besitzer eines (verpachteten) Silvaner-Weinbergs aber viel dazu.

Harald Weiss hatte zu einem köstlichen "Ehrenpreis-Menü" des "Hirsch"-Küchenchefs Manfred Führer die besten Tropfen aus dem Keller geholt, die er im Moment zu bieten hat. Alle diese 2003er Weine haben auch zum Ehrenpreis beigetragen: zur Vorspeise (Vitello tonnato) und zum gebratenen Zander gab es die Goldmedaillen-Weine Grauer Burgunder Kabinett trocken und Weißer Burgunder Spätlese trocken. Und dann das jüngste Kind der Genossen, ein Musterzögling: der neue Chardonnay. Mit einer leichten Vanille und Röstnote ist der Wein sehr stoffig aus dem Barrique-Fass gelaufen, im Abgang hinterlässt er einen leicht cremigen Geschmack am Gaumen, schmeckt er lange nach, erinnert ein bisschen an reife Früchte - ein Meisterstück! Doch warnte Weiss vor früher Euphorie: Für ihn ist der Chardonnay noch ein Experiment und er versicherte: "Das wird nur ganz gezielt gepflanzt und nur auf 1-A-Anlagen."

Zwischen den Gängen gab es das verdiente Lob. Bürgermeister Riehl wird ja schnell "göttlich", wenn er über Wein redet. Auch diesmal. "Das wir unseren Herrn Weiss in Schriesheim haben, ist ein Wink des Herrgotts", findet der Rathauschef, der sich noch gut daran erinnert, wie alles gelaufen ist: beim Hausers-Schorsch am Stammtisch war vor jetzt zehn Jahren ein mit Hauser befreundeter Winzer vom Kaiserstuhl zu Gast. "Ich habe gerade den richtigen Mann für Euch", hatte der Winzerkollege versprochen. Und so kam die Rede auf den Önologen, der gerade aus Südafrika nach Deutschland zurückgekehrt war - mit weltweiten Erfahrungen. Riehl erinnerte sich dann an "die Wende genau zum richtigen Punkt" Weiss habe die Kraft gehabt, am Anfang unangenehme Dinge zu tun. Und durch "Mut, Ziele und neue Wege" habe er sich jetzt diesen Erfolg verdient. Ähnliches betonte auch Friedrich Ewald, der Vorstandsvorsitzende der Winzergenossenschaft, der Weiss eine "nicht zu unterschätzende Vorarbeit" bescheinigte. Allerdings schrieb Ewald auch dem Badischen Winzerkeller in Breisach einen Anteil am Erfolg zu. "Ein Zusammenspiel aller Kräfte" hat Ewald beobachtet.

Zum Hirschrückensteak entkorkte Weiss dann die besten Roten: Den St. Laurent aus dem Barrique-Fass, dann zwei Spätburgunder aus dem Holzfass, einer davon kam mit dem Rekord-Mostgewicht von 115 Grad Öchsle ins Fass. Aromen von reifen Waldbeeren und dunkelroten Kirschen bringen die Weine mit. Die Auslese und der Chardonnay sind übrigens in neue Flaschen mit neuen schlichten Etiketten abgefüllt worden, die Weiss aus gegebenem Anlass vorstellte. "Unsere Premiumklasse", warb er. Ewald warf übrigens ein: "Unser Rotweinsortenspiegel ist jetzt ausgereizt." Auch die gewünschte Fläche sei mit jetzt 40 Prozent erreicht - kein Nachholbedarf mehr.

Stattdessen grundsätzlich an Ertragsfläche: Riehl nutzte die Gelegenheit und sprach das Theme Rebflurbereinigung an. "Heute nennen wir uns wieder mit Stolz Weinstadt, das bleiben wir aber nur, wenn die Rebflurbereinigung kommt, sonst werden wir irgendwann Unkrautstadt genannt." Grausige Vorstellung. Da helfen Schriesheims Restsüßen zum Dessert vor schlechten Träumen: Zum Walnussparfait gab's Weißherbst und Gewürztraminer Auslese.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung