Schriesheim im Bild 2023

09.11.2004

Der "Hirsch" macht einen Sprung

Von Roland Kern

Schriesheim. In Schriesheims Spitzenküchen dreht sich das Personalkarussell. Susanne und Jürgen Schneider vom Sterne-Restaurant "Strahlenberger Hof" übernehmen im nächsten Frühjahr auch den "Goldenen Hirsch" in der Heidelberger Straße, den Manfred Führer und Christiane Lischka verlassen. Die Schneiders planen ein spannendes neues Konzept.

Für Susanne Schneider kam die Nachricht vom Freiwerden des "Hirschs" in den letzten Tagen genau richtig. Denn die Servicechefin des "Strahlenberger Hofs" nahm in diesen Tagen als erste Wein-Expertin im Rhein-Neckar-Kreis das begehrte und rare "WSET Diploma in Wines and Spirits" entgegen, ein international gültiges Weinakademiker-Diplom. Damit gehört sie zu den führenden Weinkennerinnen in Deutschland (s. "Freizeit" in dieser Woche).

Als das Angebot des Mannheimer Kunst-Unternehmers und Altstadtinvestors Peter Bausback in der letzten Woche eintraf, sich auch um den "Hirsch" zu kümmern, sprühte die unternehmungslustige Frau schon vor Ideen. Bausback hat beide historische Schriesheimer Gasthäuser vor Jahren aufwändig saniert und mit einem Händchen für gutes Personal in den 90er Jahren zu Spitzenrestaurants der ganzen Region gemacht. Vor sieben Jahren kamen der ehemalige Sterne-Koch Manfred Führer mit seiner Partnerin Christiane Lischka aus dem Sauerland an die Bergstraße. Ein Jahr später dessen ebenso sternengekrönter Kollege Jürgen Schneider, der zuletzt in Mecklenburg-Vorpommern Station gemacht hatte, mit seiner Frau Susanne.

Beide Küchenmeister sprachen ihre Ausrichtung ab, um sich nicht allzu große Konkurrenz zu machen. Führer blieb bei frischer Regionalküche ohne Schnörkel bei erstaunlicher Qualität. Und Schneider legte so richtig los - und ein Jahr später glänzte der Strahlenberger Hof unter einem Michelin-Stern. Das tut er übrigens bis heute noch: als einziger im ganzen Rhein-Neckar-Kreis.

Der "Strahlenberger Hof" bleibt aber die Nummer eins

Christiane Lischka und Manfred Führer werden als die Gastronomen in der Stadt geschätzt bleiben, die den "Hirsch" aus einem Schattendasein geholt haben. "Uns zieht es einfach weiter, in unserer Branche muss man auch mal wieder etwas Neues machen", erklärte Lischka gestern die Gründe für den Wegzug. Sie wünscht ihren Nachfolgern alles Gute: "Der Hirsch steht super da." In den letzten Jahren war das Gasthaus stets mit einem BIB-Gourmand des "Michelin" und 15 Mützen im "Gault Millau" ausgezeichnet worden. Also Schriesheims zweites Haus am Platze.

Jetzt ergibt sich für Susanne Schneider eine weitere Möglichkeit, ihr immenses Weinwissen im "eigenen Laden" einzubringen. Das Sterne-Paar übernimmt ab 1. April nächsten Jahres zum "Strahlenberger Hof" noch den "Goldenen Hirsch" dazu. Das bestätigten alle Beteiligten gestern auf RNZ-Anfrage. "Das gibt eine Abrundung und Ergänzung des Angebotes in der Stadt", verspricht die frisch gebackene Weinakademikerin. Der "Hirsch" soll eine rustikale und gemütliche Weinstube werden, Vorbilder dazu gibt es im Rheingau, an der Mosel oder auch im Elasss. Der Untertitel steht auch schon fest: "Die Weinwirtschaft". Die Küche wird - wie gehabt - bodenständig, frisch und regional. Offenbar ist es Schneiders auch gelungen, einen ehemaligen Sommelier aus dem Strahlenberger Hof als künftigen Wirt und Betreiner zu gewinnen. Denn die Chefs selbst bleiben im "Strahlenberger Hof". Die Familie Schneider ist in den letzten Jahren in der Weinstadt heimisch geworden, Susanne Schneiders Vater Günter Thoma ist als pensionierter Beamter hier sogar zum passionierten Hobby-Winzer geworden.

Vor allem wird das neue Gasthaus eines: vinophil, also ein Paradies für Weinfreunde - und davon soll es ja an der Bergstraße einige geben. Nur deutsche Weine werden auf der Karte stehen, aus allen deutschen Anbaugebieten sollen sie stammen - besonders sollen die jetzt gerade so hoch dekorierten Weine der Schriesheimer Winzergenossenschaft präsentiert werden. Schließlich ist der "Hirsch" ja historisch gesehen das Stammhaus der Winzergenossenschaft. Einmal in der Woche soll es sogar einen Weinwirtschaft mit interessanten Gästen und Vorträgen geben.

Und: der große "Hirsch-Saal" im Obergeschoss des Gasthauses wird auch wieder eröffnet. Zunächst wird er mit Parkettboden und anderer Einrichtung verschönert. "Damit die Schriesheimer ordentlich feiern können", verspricht Susanne Schneider. Sie denkt sogar an kulturelle Veranstaltungen, Konzerte, Lesungen, aber auch große Vorträge und Gesellschaften.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung