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11.11.2004

Koreaner in der Kurpfalzschule

Realschulleiter Hans-Jürgen Krieger hatte Gäste aus Asien und informierte über das Deutsche Schulsystem.

Schriesheims Realschulrektor Hans-Jürgen Krieger erläuterte gestern koreanischen Gästen das Schulsystem. Foto: Dorn

Schriesheim. (anzi) Gestern Vormittag fuhr ein Reisebus mit achtzehn koreanischen Landsmännern in der Schriesheimer Kurpfalzschule vor. Die Herren, die allesamt Lehrer oder Schulaufsichtsbeamte in Korea sind und der legal seit 1999 existierenden Lehrergewerkschaft angehören (illegal gab es sie schon zehn Jahre zuvor), wollten sich einen Eindruck vom deutschen Schulsystem machen und einiges über die Gewerkschaft in Deutschland erfahren.

Wer hätte das den Koreanern besser näher bringen können als Realschulleiter Hans-Jürgen Krieger als aktiver Gewerkschafter. Krieger ist Personalratsvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

So wurden die koreanischen Gäste zunächst mit drei Liedern von der Klasse 6b musikalisch begrüßt. Dann machte sich Krieger daran, das baden-württembergische Schulsystem zu erläutern - mit Hilfe einer Übersetzerin. Die Lehrer und Schulaufsichtsbeamte aus Korea erfuhren, dass die Schüler sich nach vier Jahren Grundschule auf die drei weiterführenden Schulen verteilen. "Das ist ein großer Schnitt", betonte Krieger. Die Koreaner fragten sich, ob es nicht problematisch sei, wenn ein Kind "nur" auf die Hauptschule ginge, ob sich die Eltern dann keine Sorgen machen würden und ob das für die Kinder keine seelischen Folgen hätte. "In Korea würden sich die Eltern schämen, würde ihr Kind nicht auf das Gymnasium gehen", meinten sie.

Dazu muss man wissen, dass das Schulsystem in Korea sechs Jahre eine Art Grundschule vorsieht und dann nur noch eine weiterführende Schule hat, die natürlich alle anstreben. Die Kinder bekommen häufig privaten Zusatzunterricht am Nachmittag, damit sie eine Chance haben, weiterzukommen. Schulleiter Krieger machte klar, dass es in Deutschland auch gute Förderungen für Hauptschüler gebe. Auch das Miteinander von Schülern verschiedener Schularten sei zumindest in Schriesheim harmonisch. "Die Schüler treffen sich auf dem Pausenhof oder gehen gemeinsam in Vereine", unterlegte Krieger. Ob es denn eine Art Begabtenschule in Deutschland gebe, wollten die koreanischen Gäste weiter wissen, wer bestimme, auf welche weiterführende Schule der Schüler komme und noch einiges mehr, wurde erfragt und auch ausführlich beantwortet.

In Korea gibt es derzeit die Auseinandersetzung über das so genannte National Education Information System (Neis), ein neues Datensystem, das landesweit eingeführt werden soll und das den Behörden den direkten elektronischen Zugriff auf sämtliche Schulakten sowie Schüler- und Lehrerdaten ermögliche. Doch die Lehrergewerkschaft ist gegen "Neis".

"Natürlich gibt es bei uns auch unterschiedliche Auffassungen", so der Schulleiter. "So will die Regierung, dass der Wechsel auf die weiterführenden Schulen erst nach dem zwölften Lebensjahr vollzogen wird". Am Ende sahen die koreanischen Lehrer durchaus einige Ansätze beim Deutschen Schulsystem, die sie für gut empfanden. Dass jedoch die Aufteilung der Schüler in Haupt-, Realschüler und Gymnasiasten schon mit zehn Jahren stattfindet, empfanden sie als zu früh.

Die koreanischen Gäste, die zehn Tage in Europa unterwegs sind, werden während ihres Aufenthalts noch einige weitere Schulsysteme kennen lernen. So waren sie bereits in Frankreich und Belgien, fuhren gestern noch weiter in die Schweiz und werden zudem über das italienische Schulsystem Erfahrungen sammeln. Aus Deutschland wird ihnen das Schriesheimer Kurpfalz-Schulzentrum besonders in Erinnerung bleiben.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung