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26.11.2004

"Das ist ein Meilenstein für die Jugendpolitik"

Gemeinderat bekennt sich zur kommunalen Jugendarbeit - Freie Wähler plädieren für eine Sozialarbeiter-Vollzeitstelle zum 1. Januar 2006

Von Lutz Engert

Schriesheim. Lange mussten sich die Zuhörer gedulden. Erst als letzten Punkt hatte Bürgermeister Peter Riehl das Thema "Offene Jugendarbeit" auf die Tagesordnung gesetzt. Doch wer genügend Sitzfleisch mitgebracht hatte, konnte am Mittwochabend einige Überraschungen miterleben. Zwar schmetterte die Gemeinderatsmehrheit einen Antrag der Grünen Liste und Jugendgemeinderates auf sofortige Neubesetzung der Sozialarbeiterstelle ab, bekannte sich aber in seltener Einigkeit und quer durch alle Fraktionen zur offenen Jugendarbeit.

Ganz im Sinne von Riehl, der dieses Bekenntnis von den Ratsmitgliedern ausdrücklich angemahnt hatte. "Der Gemeinderat muss sich klar werden, was er will und Farbe bekennen", betonte der Verwaltungschef. Nach dem Motto: Ganz oder gar nicht. Riehl schlug dem Gremium vor, eine Kommission aus Gemeinderat, JutS, Push-Verein und Jugendgemeinderat zu bilden, die die Grundlagen der kommunalen Jugendarbeit festlegen soll. Einschließlich einer genauen Stellenbeschreibung.

Johannes Scharr appellierte an seine Gemeinderatskollegen, die Sozialarbeiterstelle sofort neu zu besetzen. "Der Bedarf ist gegeben", stellte der grüne Jungpolitiker fest. Scharr forderte die Jugendarbeit "endlich auf ein tragbares Fundament zu stellen." Mit einer halben Stelle biete sich dafür eine gute Chance. Unterstützung erhielten die Grünen durch den Sprecher des Jugend-Gemeinderates Jakob Hörisch. Er forderte den Gemeinderat auf, "die Kontinuität der Arbeit von Kathrin Michelmann zu wahren und keine Lücke zu reißen."

"Ein guter Abend für die Jugend"

A propos Kathrin Michelmann: Deren schonungsloser Bericht vor wenigen Wochen hat Wirkung gezeigt. Für die CDU-Fraktion sprach Claudia Philipp-Schwöbel der scheidenden Sozialarbeiterin ein Lob aus: "Wir erkennen ihre Bemühungen an", zollte sie ihr Respekt. Allerdings habe das Event-Management ihre Arbeit erschwert, erläuterte die CDU-Politikerin. Vor der Neubesetzung der Stelle müsste ein detailliertes Aufgabenprofil erstellt werden. Philipp-Schwöbel nahm die Entlastung des Haushalts, die durch die Nichtbesetzung der Stelle entsteht, "erleichtert zur Kenntnis". Für die Schriesheimer Christdemokraten bekannte sie sich ausdrücklich zur kommunalen Jugendarbeit.

Friedrich Ewald (Freie Wähler) betonte in seiner Stellungnahme die Priorität der Fertigstellung des Jugendhauses auf dem Busch-Gelände. Für den Bau sei etwa ein Zuschuss von 50000 Euro erforderlich. (Bürgermeister und CDU-Fraktion veranschlagten etwa 30000 Euro). Ewald ließ dann die Katze aus dem Sack: "Wir können uns einer Vollzeitstelle nicht mehr verschließen", bekannte der Fraktionschef überraschend. Zum 1. Januar 2006 könnte eine Stelle dann besetzt werden. Ewald regte auch an, einen Betreiberverein für das Jugendhaus zu gründen und damit die Verantwortung auf drei Schultern zu verteilen. Damit sollten die Stadt als Grundstückseigentümer, der Jugendgemeinderat und die bereits existierenden Jugendvereine in ein Boot geholt werden. Seine Fraktion werde sich bis Ende März "weitere Gedanken" machen, sagte Ewald. Er signalisierte seine Bereitschaft, in der von Riehl geforderten Kommission mitzuarbeiten. Für die Sozialdemokraten lehnte Sebastian Cuny den Antrag der Grünen Liste ab.

Er mahnte zunächst ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept für die kommunale Jugendarbeit an. Ein "einfaches Weiter so" dürfe es nicht geben. Zunächst gelte es die notwendigen räumlichen Voraussetzungen und politische Unterstützung für die kommunale Jugendarbeit zu schaffen. Cuny stellte klar, dass für die SPD wegen des Arbeitsumfangs des Sozialarbeiters aber nur eine "Vollzeitstelle in Frage kommt". Spätestens zum 1. September 2005 soll es soweit sein.

FDP-Stadträtin Birgit Arnold brachte die Diskussion auf den Punkt: "Das ist ein guter Abend für die Jugendarbeit in Schriesheim." Zwar lehnte auch sie den Antrag der Grünen Liste ab, doch sah sie die kommunale Jugendarbeit "endlich auf eine breite Basis gestellt".

Gisela Reinhard (Grüne Liste) lobte abschließend das direkte Bekenntnis der anderen Fraktionen zur kommunalen Jugendarbeit als "Meilenstein". Die Koppelung der Jugendsozialarbeiterstelle an das Bauvorhaben auf dem Busch-Gelände lehnte Reinhard allerdings ab. Sie appellierte eindringlich an ihre Kollegen, kein "zeitliches Vakuum" entstehen zu lassen. Trotz Aufforderung der anderen Fraktionen hielten die Grünen ihren Antrag aufrecht, erhielten aber keine Mehrheit.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung